Osnabrück, Theater am Domhof, SONNE -LUFT- ASCHE - E. Jelinek, IOCO

Im Theater am Domhof  wurden Elfriede Jelineks zu einem Theaterabend zusammengefassten Stücke „Sonne“, „Luft“ und „Asche“ vom Premierenpublikum ausgiebig bejubelt. Die Trilogie ist Jelineks Abgesang auf die Menschheit und das Leben, selbst die Sonne blickt auf ihr Verglühen zu Asche voraus.

Osnabrück, Theater am Domhof,  SONNE -LUFT- ASCHE - E. Jelinek, IOCO
Theater am Domhof, Osnabrück, Foto-marius-maasewerd

Trilogie der Hoffnungslosigkeit:Sonne/Luft/Asche“ im Theater am Domhof ist ein fatalistisches Rührstück der eigenen Art

Von Hanns Butterhof

Im Theater am Domhof  wurden Elfriede Jelineks zu einem Theaterabend zusammengefasste Stücke „Sonne“, „Luft“ und „Asche“ vom Premierenpublikum ausgiebig bejubelt. Die Trilogie ist Jelineks Abgesang auf die Menschheit und das Leben, selbst die Sonne blickt auf ihr Verglühen zu Asche voraus.

Sonne / Luft / Asche · Interview mit Regisseur Christian Schlüter youtube Theater Osnabrück

Wie bei Jelinek üblich gibt es keine klaren Figuren oder nachvollziehbare Handlungsbögen. Es ist die Regie, die Passagen aus der mäandrierenden Textfläche einzelnen Schauspielern zuordnet und so versucht, dem Ganzen den Anschein eines Theaterstücks zu geben. Regisseur Christian Schlüter hat den einzelnen Stücken deutlich unterschiedene Stimmungen zugeordnet, und Margit Flagner hat dazu drei passende Bühnenräume entworfen.

In „Sonne“ beherrscht eine an ein Iglu erinnernde goldene Halbkugel die Bühne: die Sonne. Ihr geben Nientje C. Schwabe, Monika Vivell und Stefan Haschke Figur und Stimme. Anfangs tragen sie barocke Goldkostüme und riesige Lockenperücken, später legen Vivell und Hasche diese ab und kommen heutig daher. Von oben aus dem Iglu räsoniert Nientje C. Schwabe über die Zeit, Gott und die Welt, vor allem darüber, dass die dummen Menschen noch nicht kapiert haben, dass sie alle verbrennen wird, wie sie auch selber zu Asche verglühen wird. Haschke legt sich noch als Zeuge der menschlichen Dummheit unter eine grelle Höhensonne, die im Iglu-Inneren angebracht ist. Schließlich leuchtet sie direkt ins Publikum, so dass es sich gemeint fühlen kann.

SONNE LUFT ASCHE - Die Sonne sind v.li. Stefan Haschke, Nientje C. Schwabe und Monika Vivell c Joseph Ruben

Für „Luft“ ist die Bühne zu einer Art grauem Fitness-Raum mit vielen mittelhohen weißen Stelen umgestaltet. Drei Männer in kurzen Sporthosen, Raphael Akeel, Amaru Albancando und Michi Wischniowski, beginnen ein Lauftraining, bei dem sie über die Luft als solche reden wie auch über die Luft, die immer schlechter und auch irgendwie weniger wird, so dass man sich sorgen müsse, dass sie einem nicht von anderen weggeatmet wird. Überraschend spät rückt die hintere Wand langsam nach vorne und nimmt den Dreien Raum und Luft weg. Die Stelen werden ungeordnet in die Vorderbühne versperrmüllt.

Ihnen geht die Puste aus. v.li.: Amaru Albancando, Michi Wischniowski und Raphael Akeel @ Joseph Ruben

Vor diesen kaputten Zeugnissen einer schrottigen Kultur geht es schließlich in „Asche“ um das persönliche Lebensende. Ronald Funke blickt auf ein Leben zum Tode hin zurück, ausweglos, hoffnungslos, und überraschend fatalistisch.

Als Publikum folgt man dem Bühnengeschehen mit gespannter Aufmerksamkeit. Die fehlende Handlung wirft die Zuhörer auf den gesprochenen Text zurück. Das schlingernde Assoziationsungetüm der Literaturnobelpreis-Trägerin bildet in seiner sprachlichen Fragmentierung zwar zerstörte Kommunikation ab, reicht aber nicht die Hand zu neuer Kommunikation. Jelinek rührt Individuum und Gesellschaft, Natur und Kultur und manches andere so irgendwie, mitunter auch lustig und ohne Scheu vor Kalauern zusammen, wie es auch  in der Wirklichkeit zusammenhängt. Doch daraus erwächst keine Erkenntnis, sondern, wenn  überhaupt, nur irgendwie, ein Gefühl des Angerührtseins.  „Sonne/Luft/Asche“ ist ein Rührstück ganz eigener Art.

Das Ensemble ist voller Spielfreude und tut sein Bestes, um den Text mit Leben zu erfüllen, und erhielt den verdienten Beifall des Publikums. Es konnte aber nicht überzeugend deutlich machen, dass diese drei Stücke wirklich auf die Theaterbühne gehören, nicht zuletzt deshalb, weil sie weder Widerspruch provozieren noch erschüttern.