Oldenburg, Staatstheater, CHRISTIAN FIRMBACH - eine Ära endet, IOCO Aktuell

Oldenburgisches Staatstheater: Wer den Abschiedsnachmittag und die finale Gala „Vorhang zu!“ am 22. Juni 2024 zum Ende der laufenden Saison 2023/24 und gleichermaßen zum endgültigen „Adieu!“ des langjährigen Generalintendanten Christian Firmbach erlebte, kann ermessen ......

Oldenburg, Staatstheater, CHRISTIAN FIRMBACH - eine Ära endet, IOCO Aktuell
Oldenburgisches Staatstheater - am Abend © Stephan Walzl

"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“: Zum Ende der Ära Firmbach am Oldenburgischen Staatstheater

Von Thomas Honickel

Wer den Abschiedsnachmittag und die finale Gala „Vorhang zu!“ am 22. Juni 2024 zum Ende der laufenden Saison 2023/24 und gleichermaßen zum endgültigen „Adieu!“ des langjährigen Generalintendanten Christian Firmbach erlebte, kann ermessen, was diese Dekade für das Oldenburgische Staatstheater und die Region bedeuten mag.

Grüße und Gaben

Der politische Bahnhof bei der persönlichen Ehrung war enorm: Neben Landtagspräsidentin Hanna Naber (Oldenburg), Kulturminister Falko Mohrs (Hannover) und Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sowie Freundeskreis-Vorsitzendem Reto Weiler waren fast 400 Gäste geladen, die schon im Vorfeld der sich anschließenden Gala den kreativen und charismatischen Kopf des Hauses mit Elogen bedachten, mit Geschenken überschütteten und mit anhaltendem stehendem Applaus feierten. Da gab es Schauspielerisch-Dramatisches vom Landtags-Duo Naber-Mohrs, Persönlich-Maritimes vom OB der Stadt Oldenburg und Philosophisch-Abgründiges vom Freundeskreis-Chef. Alle wussten die "Ära Firmbach" in passende und prägende Worte zu kleiden, ohne dabei allzu larmoyant oder wehmütig zu werden.

Dass der Humor in diesem Finale nicht zu kurz kam, dafür sorgte auch Firmbach selbst am Ende, als er nicht nur das riesige Team als Macher herausstellte, sondern in blumigen Worten und Anekdoten seine Dekade im Norden zusammenfasste. Da schwang nicht nur politisch-korrekte Artigkeit mit.

Vielmehr nahm man es dem Scheidenden ab, glaubwürdig die Region und ihre Menschen mit einer gewissen Wehmut zu verlassen. Natürlich fiel in dieser Stunde auch mehrfach das für den Nordwesten so epochale Ereignis der vollständigen, zyklischen Ring-Darbietung (über Coronazeiten hinweg) sowie die ausnahmslos durch Sponsoren finanzierte Realisierung des Opernballs mit sieben Auflagen. „Im Nachklang meines Berufslebens“, so Firmbach am Ende, „wird wohl dieses Jahrzehnt als mein glückvollstes in Erinnerung bleiben!“ So einen Satz sagt man nicht leichtfertig, bei aller Melancholie des Moments.

 Blicke zurück und nach vorn

Nun tauscht er Jever Pils gegen Riesling und Grünkohl gegen Spätzle, den häufig mit Shitwetter bedachten, stürmischen Norden gegen das oft sonnige Badische Land. Immerhin war die Nordsee (auch wenn, wie Firmbach humorvoll beklagte, sie nicht immer anwesend war) nur knapp 30 Minuten, und sein geliebtes (immer zugriffbereites) Zwischenahner Meer zum Segeln mit Kollegen und Freunden nur einen Wimpernschlag entfernt.

Chritian Firmbach - Abschied in Oldenburg @ Stephan Walzl

Wer hier und in der sich anschließenden Gala die minutenlangen Ovationen für den Scheidenden erlebte, wer wahrnahm, wie eng Firmbach sich in der Stadtgesellschaft verwurzeln konnte oder, um im Bild des Seglers zu bleiben, verankert war, wer die nicht gespielte Zugewandtheit der Kollektive und der Ensembles durch ihrer Spartenleiter (GMD, Ballettchef, Schauspieldirektor und viele weitere aus dem üppigen Leitungsteam) registrierte, dem mochte Firmbach fast leidtun, den Wechsel ins Badische vollzogen zu haben. Nun denn! Das Boot ist veräußert, die Koffer sind gepackt!

Wenn ihm im Südwesten auch nur ansatzweise eine solche Sympathie entgegenschlägt, wie er sie im Nordwesten durchgängig und am Ende gar frenetisch einfahren durfte, dann mag der Neustart über 500 km entfernt auch gelingen. Zu wünschen bliebe es. Und Firmbach selbst hat mit einem üppig- fulminanten ersten Saisonheft, das auf der Homepage des Badischen Staatstheaters, link HIER, in Karlsruhe schon einzusehen ist, so vorgelegt, wie man es von seinem Temperament seiner Kreativität und seinem selbstgewählten Anspruch annehmen durfte.

Nicht allein Firmbach nimmt allerhand künstlerisches Personal mit, darunter Sängerinnen von Format und Potential wie die amerikanische Sopranistin Martha Eason, die norwegische Sopranistin Ann-Beth Solvang und die angloamerikanische Mezzo-Sopranistin Melanie Lang; darüber hinaus drei koreanische Stimmen von künstlerischem Gewicht, die sich mehr als bewährt haben am Oldenburger Haus: den Tenor Beomjin Kim, den Bariton Leonardo Lee und den Bass-Bariton Kihun Yoon. Über alle sechs Künstler haben wir hier mehrfach ausführlich berichtet.

Auch im Bereich der Spartenleitungen und weiterer Positionen im mittleren Management reist Firmbach nicht mit Unbekannten in den Südwesten: Christoph von Bernuth wird Operndirektor, Stephanie Twiehaus leitende Dramaturgin, Kevin Barz Leiter des neu geschaffenen Digitaltheaters und der noch junge Giuseppe Barile Assistent von GMD Fritzsch.

Oldenburg, seine Politik, seine Köpfe und Fachleute, seine kulturaffine Bürgerschaft und auch die enorm beteiligte Jugend waren sich am Ende einig, dass jedes neue Haus von einem dermaßen gewinnenden und integrativen Menschen wie Christian Firmbach nur profitieren kann.

Stellvertretend für das nachhaltige Presse-Echo sei hier der folgende Bericht im NDR genannt: Oldenburg feiert Opernball und verabschiedet Intendanten | NDR.de - Fernsehen - Sendungen A-Z -Hallo Niedersachsen

Chritian Firmbach - Finale in Oldenburg @ Christian Köpper

Am Ende nach zwei Zugaben dann das unvermeidliche und doch so äußerst passenden Sinatra-Credo „I did it my way“, bei dem dann angesichts der überwältigenden Gefühle reihenweisen Tränen der Rührung auf beiden Seiten der Rampe flossen. Firmbachs letzte Worte an die Oldenburger darf man als freundliche Abschiedsgeste oder als visionäre Einsicht deuten: „Ich glaube, irgendwann komme ich hierhin zurück!“

Und um mit Hermann Hesse, ebenfalls aus der Zielregion im Badischen, zu der Firmbach nun aufbricht, zu schließen und gewiss in seinem Sinne: „Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“

Der Vollständigkeit halber:  Die recht nüchterne Presseerklärung des Hauses fasst noch einmal kompakt zusammen und schreibt dem Scheidenden das Folgende ins Stammbuch:

Oldenburgisches Staatstheater verabschiedet Generalintendant Christian Firmbach nach zehn Jahren

Rückblick auf eine Dekade mit baulichen Verbesserungen, künstlerischen und kulturellen Höhepunkten. Mit dem Ende der Spielzeit 2023/24 verlässt Generalintendant Christian Firmbach das Oldenburgische Staatstheater. Unter seiner Führung hat sich das Theater in baulicher, organisatorischer und künstlerischer Hinsicht weiterentwickelt. Mit dem letzten ,Vorhang zu!‘ am Samstag, 22. Juni 2024, endete nun für Firmbach wie auch für viele andere Mitarbeitende ihre Zeit am Oldenburgischen Staatstheater.

Christian Firmbach @ Stephan Wlzl

Christian Firmbachs Intendanz begann im Sommer 2014. Besonders die erste Hälfte seiner Zeit in Oldenburg war geprägt von großen Bau- und Brandschutzprojekten. Baulicher Höhepunkt dabei sicherlich die Neugestaltung der Foyers und Umbau im Großen Haus im Jahr 2018. Während der Baumaßnahmen bespielte das Staatstheater das ehemalige Gelände der Rhein Umschlag GmbH mit dem Uferpalast. Mehr als 90.000 Besucher:innen fanden binnen sechs Wochen ihren Weg zum ,Theaterhafen‘. 2016 veranstaltete das Staatstheater den ersten Oldenburger Opernball, der sich zu einem festen Bestandteil des kulturellen Kalenders der Stadt entwickelt hat und zahlreiche Gäste anzieht. Das Event wird auch von Nachfolger Georg Heckel fortgesetzt, künftig unter dem Namen ,Theaterball‘.

Doch auch künstlerisch entwickelten Christian Firmbach und sein Team das Staatstheater weiter. So gründete Firmbach die Sparte 7, die der Demokratisierung des Theaters dient und Raum für innovative und experimentelle Aufführungen bietet. Auch die BallettCompagnie Oldenburg wurde in Firmbachs Zeit stetig gestärkt.

Ein bedeutender Meilenstein im Musiktheater war 2022 die erstmalige Vollendung von Richard Wagners ‚Der Ring des Nibelungen‘ in Oldenburg. Mit der Spielzeit 2023/24 wurde mit der Orchesterakademie außerdem eine Exzellenzinitiative gegründet, die angehende Berufsmusiker:innen beim Einstieg in ihr Berufsleben begleitet.

Zur Spielzeit 2024/25 wechseln Christian Firmbach und weitere Mitarbeitende des Oldenburgischen Staatstheaters an das Badische Staatstheater in Karlsruhe. Georg Heckel, derzeit Intendant des Landestheater Detmold, tritt die Nachfolge in Oldenburg an.

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