Münster, OTTO MUELLER - Maler, LWL-Museum-Sonderausstellung, IOCO

LWL Münster; In einer großen Sonderausstellung aus Anlass des 150. Geburtstags von Otto Mueller (16.10. 1874 – 25.9.1930) hat das Landesmuseum Münster um die 65 Werke des expressionistischen Malers

Münster, OTTO MUELLER - Maler, LWL-Museum-Sonderausstellung, IOCO
Landesmuseum Münster mit Lichtplastik von Otto Piene © Hanns Butterhof

Otto Mueller am woken Pranger - Ausstellung im Landesmuseum Münster zum 150. Geburtstag  Muellers bewertet sein Werk neu

Von Hanns Butterhof

In einer großen Sonderausstellung aus Anlass des 150. Geburtstags von Otto Mueller (16.10. 1874 – 25.9.1930) hat das Landesmuseum Münster um die 65 Werke des expressionistischen Malers versammelt. Die Ausstellung verspricht mit fünf thematisch gegliederten Sälen einen neuen kritisch-analytischen Blick auf Muellers Werk. Seine historischen Darstellungen sollen durch moderne Interpretationen neu beleuchtet werden. Deren Ergebnis stellt Otto Mueller an einen woken Pranger.

Otto Mueller-Ausstellung - Eröffnung durch vl Museumsdirektor Hermann Arnhold, Künstlerin A. Kelly, Koratorin Pirsig-Marshall, LWL-Direktor Georg Lunemann @ Hanns Butterhof

Eine Ausstellung zu Otto Mueller ist sicher nicht einfach. Schmal ist die Palette seiner Themen, die in den Sälen zu „Mensch und Natur“,  „Sinti:zze und Rom:nja“ und, sehr knapp, Otto Mueller im Selbst- und Fremdbild schon erschöpft ist. Themen von heute behandeln die Säle zu „Muellers Frauen/Modellen“ sowie zum „Kontext Kolonialisierung“.

Breitesten Raum nimmt im Gesamtwerk Muellers das Thema Mensch und Natur ein, vor allem als weiblicher Akt in der Landschaft. Dabei zeigt Mueller in unterschiedlichen Konstellationen eine oder mehrere nackte, typisierte anonyme Figuren in Harmonie mit einer ebenso anonymisierten Landschaft. Beide, Figuren und Landschaft, beziehen sich in Linien und Formen aufeinander unter ausdrücklichem Vermeiden konkreter Bezüge. Alle Darstellung steht im Dienst einer allgemeinen Aussage über das Ideal einer Harmonie unter den Menschen und ihrem natürlichen Sein in der Welt. Der Vowurf im Katalog, so entstandene „stark stereotypisierte Darstellungen … (ließen) die kulturellen Gegebenheiten und Ungleichheitsverhältnisse unreflektiert“, ist so banal wie ästhetisch absurd.

Die Ausstellung konfrontiert mit kritischen Fragen @ Hanns Butterhof

Von der wesentlichen Bildaussage der Bilder Muellers führt die  biographische Frage nach Muellers Frauen etwas weg, so wichtig sie im Leben des Künstlers gewesen sein mögen, geschweige die nach der Identität seiner Modelle.

Wenig ergiebig ist auch die „Postkoloniale Spurensuche“, der Natasha A. Kelly einen weiteren Saal und Isabel Fischer einen Aufsatz im Katalog gewidmet haben. Während die Künstlerin und Aktivistin Kelly interaktiv zur Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus anregt, kommt Fischer zu dem vagen Schluss, die kolonialen Anklänge in Muellers Werk seien oftmals verhaltener als bei seinen Brücke-Kollegen, hätten dennoch in seinen Werken „einen Abdruck hinterlassen“.

Otto Mueller: Sitzendes Zigeunermädchen @ Hanns Butterhof

Eine entschiedene Position nimmt die Ausstellung in Bezug auf Otto Mueller und die Sinti:zze und Rom:nja ein; der Begriff  „Zigeuner“ wird als per se „rassistisch“ vermieden oder durchgestrichen, wo er nicht zu vermeiden ist, „um auf die Gewalt und Unterdrückung, die sich in diesen Worten und Werken spiegeln, hinzuweisen und sie abzulehnen". Zwar wird Mueller zugestanden, mit deren Lebensweise sein eigenes romantisches Ideal eines freien, unbürgerlichen Lebensstils verknüpft zu haben. Aber gerade dies wird ihm im Katalog angelastet: „Seine Werke zeigen ein stereotypes, romantisiertes und diskriminierendes Bild der Sinti:zze und Rom:nja, das bis heute in Europa verbreitete Vorurteile reproduziert. Besonders bezieht sich der Vorwurf auf MuellersZigeuner-Mappe“ von 1927. Ihn verschärfen die Autorinnen Valentina Bay und Anna Mirga-Kruszelnicka in ihrem Katalogbeitrag dahingehend, dass Muellers Arbeiten „zweifellos … zur Formung und Aufrechterhaltung eines zutiefst antiziganistischen Bildes der Rom:nja“ beigetragen habe. Seine Werke werden dabei undifferenziert einer „gesamteuropäischen Bild- und Wissensproduktion" zugeschlagen und davor gewarnt, „Muellers Faszination für die Rom:nja als wohlwollend anzusehen.“ Als Teil der europäischen Mehrheitsgesellschaft sei „er genau wie seine Kunst … durch den damaligen Zeitgeist beeinflusst“; leichhändig ergibt sich für die Autorinnen daraus der Schluss, dass Muellers Werke „Ausdruck eines stigmatisierenden konstruierten Fremdbilds und desselben Rassismus (bleiben), der zur Verfolgung und späteren Ermordung der Rom:nja beigetragen hat“.

Les bohèmes d'Otto Mueller youtube Grand Palais

Wenn auch Museumsdirektor Hermann Arnhold betont, dass die Ausstellung das Urteil über Muellers Werk schärfen, es keinesfalls verurteilen soll, geschieht genau dieses, vor allem im reich bebilderten Katalog. Er stellt Mueller und sein Werk sachfern an einen woken Pranger.

Die Ausstellung „Otto Mueller“ ist im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster bis zum 22.2.2025 zu sehen. Ein 225 Seiten umfassender Ausstellungskatalog „Otto Mueller“ ist im Verlag E.A. Seemann erschienen und kostet 36 €.