Münster, GOP Varieté, LA VIE - artistische Entführung in den Sommer, IOCO Kritik, 23.3.2023
LA VIE - Artistische Entführung in den Sommer
von Hanns Butterhof
Während hierzulande der Frühling noch auf sich warten lässt, hat das GOP. Varieté-Theater Münster schon den Sommer mit seiner neuen Schau La Vie begeisternd auf die Bühne gebracht. Wie auf dem besonnten Platz vor einem französischen Café stellen sich der Reihe nach tolle Artisten ein, wie man sie als Straßenkünstler kaum antrifft. Schon der erste von ihnen, der Japaner Naoto, verzaubert mit seinen Diabolo- und YoYo-Tricks das Publikum und reißt es mit seiner unglaublichen Geschwindigkeit, extremer Präzision und Variantenreichtum zu ersten Beifallsstürmen hin.
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Geschwindigkeit und Präzision zeichnet auch die Drop-Jonglage von Lukas Köster aus, bei der er bis zu sieben rote Bälle nach unten tropfen und dann nach oben springen lässt. Später wird er mit Julia Grote, die solo einen anmutigen Auftritt im Luftring hat, noch eine harmonische Partnerakrobatik voller tänzerischem Schwung hinlegen.
Mit leidenschaftlichen Schwung wirbelt Ariadna Gilabert Corominas mit ihrem Cyr, dem mannshohen Reifen, über die Bühne und versprüht mit wilder Schönheit schon die Ahnung des Sommers. Und sie zeigt auch eine ganz andere Seite ihres breiten Könnens. Am Vertikalseil führt sie fesselnd das ganze Schauspiel einer Ertrinkenden auf, die nach langem Kampf doch besiegt auf den Grund sinkt; großartig!
Ganz Heiterkeit ist dann, womit Comedian und Ballonkünstler Tobi van Deisner Lach-Stürme hervorruft. Erst zaubert er außerordentlich unterhaltsam aus vielen Ballons einen Taucher, den er nach Wünschen des Publikums mit Equipment bis hin zu Sauerstoff-Flaschen ausstattet. Nicht nur das Kind, das dieses Wunderwerk mit nach Hause nehmen durfte, hatte daran seine Freude, der ganze Saal war begeistert, vor allem auch dann, als der Künstler in einem roten Riesenballon verschwand und darin herumkasperte.
Mit reiner Akrobatik nahm dann das äthiopische Antipoden-Duo Eyerusalem & Tsion für sich ein. Nicht nur mit ihren Händen, vor allem mit ihren Füßen bringen sie, eine von den Füßen der anderen in Rückenlage hochgehalten, bis zu acht kleine Tücher gleichzeitig in Rotation, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Und ebenso selbstverständlich fuhr Serge Huercio mit seinem Rad über die Bühne, so kunstvoll, dass er an keinem Flic ohne Strafzettel vorbeikommen würde, etwa wenn er auf der Lenkstange sitzend rückwärts oder nur auf dem Hinterrad fährt.
Viel Schnelles gibt es in La Vie zu sehen, aber vielleicht gehört der Rekord doch Thomas Janke. Er jongliert mit seinen Keulen in einer so unglaublichen Geschwindigkeit, dass nur begeistertes Staunen und jede Menge enthusiastischer Beifall bleibt.
Am Ende hielt das Publikum nichts mehr auf den Sitzen, und stehend applaudierte es nicht nur allen Artisten, sondern besonders auch dem mitreißenden Musik- und Comedy-Duo Michi Marchner & Martin Lidl, die live an Gitarre und Keyboard für das sonnige Gesamtklima voll Witz und Schwung gesorgt und als ausgewiesene Bayern bestens das französische Lebensgefühl von La Vie befördert hatten.
Dieses „La Vie“ hat in seinen gut zwei Stunden Dauer alles, was eine Varieté-Schau zum Wohlfühlen braucht.
Showtime für La Vie im GOP.-Varieté-Theater Münster ist noch bis zum 30.4.2023. Karten unter Telefon: 0251 4909090 oder im Internet - link HIER - unter www.variete.de
Bilder: 1) Ensemble
2) Ariadna Gilabert Corominas
Fotos: Knut Gminder