München, Gärtnerplatztheater, MATA HARI - Musical von Marc Schubring, IOCO Kritik, 28.03.2023
Staatstheater am Gärtnerplatz München
MATA HARI - Uraufführung - Musical Marc Schubring, Kevin Schroeder
- die zwei Leben der "Griet" Zelle MacLeod alias Mata Hari -
von Daniela Zimmermann
Mata Hari, das am Gärtnerplatztheater uraufgeführte Musical, erzählt den Aufstieg der selbstbewusst extravaganten Persönlichkeit Margaretha Geertruida „Griet“ Zelle, Ehefrau von Rudolph »Johnny« MacLeod, in der Pariser Tanzwelt als Mata Hari zur umworbenen Diva. Mata Hari ließ die elegant exotisch tanzend ihre Hüllen fallen, und wurde 1917, mitten im 1. Weltkrieg in einem aufsehenerregendem aber juristisch fragwürdigen Schauprozess, der auch Einblicke in ihre Affären aufdeckte, als vermeintliche Doppel-Spionin zum Tode verurteilt wurde. Mata Hari starb 1917 mit 41 Jahren in Vincennes durch ein französisches Erschießungskommando.
Der preisgekrönte Komponist Marc Schubring und der Liedtexter Kevin Schroeder erarbeiteten das Musical als Auftragswerk für das Gärtnerplatztheater. Sie stellen dabei den Mythos Mata Hari, das “Pop-Event“ der damaligen Zeit dar und stellen daneben aber auch als „Book-Musical“, die „wahre, reale Frau Zelle Macleod“, die hinter der Kultfigur Mata Hari steht, darzustellen.
Trailer - MATA HARI youtube Gärtnerplatztheater [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Der Focus des Musicals liegt nicht allein auf der Kultfigur Mata Hari, ihrer Rolle als Spionin und ihren berühmten Liebschaften, sondern auf dem Alltag der jung verheirateten Margarethe Geertruida, „Griet“ (Florine Schnitzel) mit ihrem Gatten Rudolph »Johnny« MacLeod (Armin Kahl) im Einsatz auf Java. Dazu zählt leider auch häusliche Gewalt, konservativste Gesellschaftsdamen und Babyprobleme. Das Stück versucht, das innerste Leid der Margarethe als Antrieb für ihren Freiheitsdrang herauszuarbeiten. Die Macher des Musicals konzentrieren sich daneben auf die psychologischen Erfahrungen in Mata Haris Leben, nicht aber auf den politischen und historischen Kontext, indem sie agierte.
Das Stück pendelt zwischen den verschiedenen Lebensperioden vom Mata Hari: ihrer kompliziert und schwierigen Ehe mit "Johnny" und den dazugehörigen Problemen und ihr Aufstieg zum umworbenen Popstar Mata Hari. So unterschiedlich ist auch die Musik. Mata Hari wird musikalisch präsentiert mit Pop und Rockelementen, die in die Inszenierung hineingepackt werden. Ann Sophie Dürmeyer, Foto unten, spielt Mata Hari, den Popstar: Eine gute Darstellerin, bringt sie doch glitzernden Glamour in die Show, mit einer beeindruckenden, powervollen Stimme und starker tänzerischer Performance. Mit starken Songs und sprachlich interpretiert sie das Geschehen auf der Bühne. Trotzdem wirkt das Ergebnis nicht immer stimmig. Auch die Pop-Tracks von Starproduzent Kraans de Lutin, der mit Elektro-Beats den Songs dem Musical den letzten Schliff gab, schaffen es nicht, eine durchgehend stimmige und ansprechende Musik zu kreieren. Auch war alles zu laut und die Texte unmöglich zu verstehen: Schade.
Hervorragend jedoch war die gesamte Besetzung des Musicals: Florine Schnitzel glänzt als junge charmante Margaretha mit nuancierten, Darstellungen, die, die emotionale Tiefe und Verletzlichkeit der Figur einfängt. Besonders zum Ende ihrer Ehe, in den dramatischen Szenen, ist sie großartig. Auch Armin Kahl als Ehemann Rudolf "Johnny" MacLeod bemüht sich bestens, seiner Rolle Kraft und Ausdruck zu verleihen. Dagmar Hellberg als Frau van Rheede, eine der Gesellschaftsdamen, ist ebenfalls beeindruckend.
Regie Isabella Gregor: Sie lässt das Stück mit dem finalen Pistolenschuss starten - Mata Hari in leuchtend grünen Hotpants und auffallendem Federschmuck sackt zusammen. Entblättern muss sich bei ihr keine der Damen. Jede spielt ihren Part; erst zum Schluss des Musicals stehen sich "der Mensch" Margaretha und "der Popstar" Mata Hari gegenüber. Ein kurzer Blickfang und dann vereinigen sich ihre Stimmen zu einem hinreißenden Finale.
Die Kostüme von Alfred Mayerhofer sind auffallend schön, vielseitig, phantasievoll und abwechslungsreich effektvoll. Karl Fehringer und Judith Leikauf haben ein abstraktes Bühnenbild geschaffen, das sich leicht mit wenigen Änderungen den jeweiligen Lebenssituationen der Mata Hari anpasst. Ein imaginäres Treppenhaus, das selbst zum Schiff nach Java werden kann. Das Ganze wird mit raffinierten Videobildern unterstützt. Mittels Videoübertragungen sagen auch die Zeugen aus, die dann das Todesurteil mit verantworten. Die Popszenen werden von Michael Heidinger ins richtige Licht gesetzt. Kräftige Strahler in leuchten Farben erhellen die Bühne.
Interessant, bereichernd und dynamisch die Choreographie von Adam Cooper. Er lässt sogar die Göttinnen tanzen. Andreas Partillas Leitung führt das Orchester bravourös durch den Abend.
Das Musical Mata Hari hat brillante, mitreißende Facetten, es leidet dabei ein wenig durch seine komplexe Aussagen, einem nur schwer zu folgendem Handlungslauf. Dem Publikum hat Mata Hari gut gefallen. Der Applaus war enthusiastisch.