München, Gärtnerplatztheater, LUISA MILLER - Giuseppe Verdi, IOCO Kritik, 12.05.2023
Staatstheater am Gärtnerplatz München
LUISA MILLER - Giuseppe Verdi
Ein leidenschaftliches Trauerspiel
von Daniela Zimmermann
Luisa Miller ist eine selten aufgeführte Oper von Giuseppe Verdi. Das Gärtnerplatztheater in München hat diese außergewöhnliche Oper für ihren Spielplan entdeckt und jetzt zur Premiere gebracht. Das Libretto stammt von Salvatore Cammarano. Als literarische Vorlage diente ihm das Drama Kabale und Liebe von Friedrich Schiller. Die Uraufführung fand am 8. Dezember 1849 im Teatro San Carlo in Neapel statt. Luisa Miller ist eine weniger populäre Opern Verdis, aber die Musik ist auch hier sehr ergreifend und die Handlung bewegend.
Torsten Fischer inszenierte die Handlung zeitnah aktuell: in Luisa Miller ist der Krieg ist allgegenwärtig. Zur Ouvertüre begegnen und finden sich - als kleine Kinder - Luisa und Rodolfo, mit Zylinder, zu einer lebenslangen Liebe; hier schon wird der Standesunterschied herausgestellt. Hand in Hand, traumatisiert, irren sie durch ein Schlachtfeld toter Soldaten. Dies geschieht auf einer Drehbühne mit einer Vielzahl toter Soldaten; ein erschütternder Eindruck, der durch einen großen Spiegel am Bühnenhimmel optisch verstärkt wird. Am Ende erlebt Rodolfo wie sein Vater, Graf Walter, seinen Onkel aus reiner Machtbesessenheit heimtückisch erschießt, ermordet. Beide Herren in ihren Generalsuniformen samt Auszeichnungen erinnern an althergebrachte Generäle, vor allem durch ihre rot gekennzeichneten Generalsmützen. Am Ende der Ouvertüre erheben sich alle Soldaten, um dem neuen Herrscher General Graf Walter zu dienen.
Trailer Luisa Miller - Gärtnerplatztheateryoutube Gärtnerplatztheater
[ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]Jahre später, so zeigt eine Überschrift auf der Bühne: Jahre später sind Luisa und Rudolfo noch immer in Liebe verbunden. Es soll geheiratet werden. Luisa Miller, eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen, die Rodolfo den Sohn des Grafen liebt. Erst kurz vor der angedachten Hochzeit erfährt sie von dessen Herkunft.
Das Bühnenbild, gestaltet von Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos. Helle großzügige Gittergestänge auf der Bühne, einem Gefängnis gleichend, symbolisieren die Gefangenschaft in der jeweiligen Herkunft. Keine Vermischung, jeder bleibt dort, wo er hineingeboren wurde, gefangen. Ein Chor von bürgerlichen Freunden umjubelt das glücklichen Paar, alle freuen sich auf die bevorstehende Hochzeit. Und damit sind wir bei Schiller Kabale und Liebe. Was nicht sein soll, darf nicht sein.
Rodolfos herrschsüchtiger Vater verlangt Gehorsam und Auflösung der nicht standesgemäßen Verbindung. Wurm, der Oberintrigant und Handlanger Graf Walters, voller Hass und Neid auf Rudolfo, ebenfalls verliebt in Luisa, schmiedet eine Intrige: Vorgesehen für Rodolfo ist die verwitwete, reiche Herzogin von Ostheim, Frederika, Herzogin von Ostheim. Doch letztlich siegt die Jugendliebe, die große Liebe im gemeinsamen Tod, als einziger Ausweg. Und mit stirbt auch der teuflische Intrigant Wurm, Selbstmord; nur warum, weiß man nicht.
Das Bühnenbild wird beherrscht durch Paravents, bedruckt mit einem übergroßen Frauenporträt des belgischen Künstlers Fernand Khnopff, die immer hin und her geschoben werden, aber der Dame fehlt es an Ausdruckskraft. Sie wirkt abweisend, einsam und teilnahmslos.
Die Partien erfordern eine hohe stimmliche und dramatische Leistungsfähigkeit. Luisa, gesungen von Jennifer O‘Loughlin, die Primadonna des Gärtnerplatztheaters, singt mit großer Gesangskunst die lyrischen als auch die dramatische Passagen. Es gelingt ihr, ihre Gefühle von Liebe, Angst und Verzweiflung berührend ausdrücken. Rodolfo, ihre große Liebe, Jenish Ysmanov, singt mit hohem und kraftvollen Tenorstimme, zeigt darin seine Leidenschaft und seinen Konflikt zwischen Vater und Geliebter. Inho Jeong als Graf Walter überzeugt mit tiefem autoritären Bass; stellt so seine Grausamkeit und sein schlechtes Gewissen dar. Für Inho Jeong war diese Rolle auch sein Bühnendebüt in München; Gratulation, das ist ihm hervorragend gelungen. Wurm von Timo Sirlantzis mit düsteren und schwarzen Bass dargestellt, offenbart Hinterlist und seinen Neid; er erscheint wahrlich mephistophelisch, unterstrichen durch den typischen Nazi Ledermantel. Miller, Luisas Vater, von Matija Meic dargestellt, singt ausdrucksstark mit einem warmen Bariton, der väterliche Liebe und Mut beweist. Ana Agathonos, interpretiert die Rolle der Frederica wunderbar, mit ihrer reifen und edlen Altstimme Eifersucht und Stolz vermittelnd,
Die Oper enthält so berühmte Arien wie "Quando le sere al placido" - Rodolfo, "Tu puniscimi, o Signore" - Luisa, "Sacra la scelta è d'un consorte" - Federica und "Ah! fu giusto il mio sospetto" - Miller. Nahezu jedes Ensemblemitglied erhält so einen "eigenen" Höhepunkt in einer wunderschönen Arie.
Musikalische Leitung des Staatstheater Orchesters hatte Anthony Bramall. Ihm gelang die Herausforderung zwischen den dramatischen Szenen, die Balance zwischen dem Orchester und den Sängern zu halten, wo die Musik sehr leidenschaftlich und laut wird, und den romantischen Phasen, bis zum tragischen Ende.
Das Publikum war begeistert. Stehende Ovationen. Alle Solisten, der Regisseur und alle Mitgestalter dieser Oper wurden enthusiastisch gefeiert. Ein besonders schöner Opernabend mit hervorragenden Künstlern jeglicher Art.