Die Münchner Neuinszenierung von Jonny spielt auf(24. März 2022), ein musikalisches Zeitdokument, des österreichischen Komponisten, Ernst Krenek, erinnert auch an deren Erstaufführung 1928 im gleichen Theater. Damals waren die Nazi in München sehr aktiv, das “Ariertum“ en Vogue. Da passten ein schwarzer Jonny(blackfaced) und ein jüdischer Musikmanager nicht ins Konzept, dieser von den Nazi aggressiv mitgestalteten Zeit. So wurden damals Münchner Jonny spielt auf Aufführungen von organisierten Störaktionen, Vandalismus und Schlägereien begleitet. Das Münchner Publikum blieb daraufhin den Aufführungen zum großen Teil fern, was dem Haus finanziell schadete.
Trailer Jonny spielt auf
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Nur ein Jahr davor, am 10. Februar 1927, wurde Jonny spielt auf in Leipzig mit grandiosem Erfolg uraufgeführt; es erlebte dort einen Sensationserfolg, wie kaum ein kein Werk vorher. Innerhalb von nur zwei Jahren wurde diese Oper in nahezu hundert Opernhäuser aufgeführ: Wien, Moskau, New York, überall spielte Jonny auf, um dann plötzlich, bedingt durch veränderte politische Umstände in Deutschland, wieder zu verschwinden. Für den erst 27 jährigen jungen Ernst Krenek nach den großen Erfolgen eine riesen Enttäuschung; er hatte die Gangsterkomödie komponiert und auch die Texte dazu verfasst. Nach der Machtübernahme der Nazis in 1933 wurde Jonny spielt auf als "entartete Musik" verboten.
Was hatte die Menschen 1928 in Leipzig, München und anderswo an Jonny spielt auf so fasziniert? Das Ende des 1. Weltkrieges hatte neue, große Lebenslust erzeugt; welche von der Sehnsucht nach dem amerikanischen Leben, voller Freiheit und Vitalität, von der neuartigen amerikanischen Musikkultur um Jazz und Pop gepaart wurde.
Heute wirkt Jonny spielt auf ein wenig wie aus der Jetztzeit gefallen. Doch erleben wir in der Inszenierung am Gärtnerplatztheater noch einmal ein wenig die damalige Zeit, die Lebenslust, die Aufbruchstimmung und können dies gut nachempfinden: Das konservative Europa gegenüber einem verlockend wirkendem Amerika mit seiner neuartigen Musik. Peter Lund ist Regisseur am Gärtnerplatztheater: ihm war es wichtig, seine jetzige Inszenierung an die damalige Produktion anzulehnen: so wollte er auch keinen schwarzen Sänger, sondern, wie damals, einen weißen Jonny, also "blackfaced". Dem heutigen Publikum war das allerdings zu rassistisch und so spielt der eigentlich „schwarze“ Jonny, jetzt mit weißem Gesicht. Jürgen Franz Kirner stimmt das Bühnenbild auf die 20er Jahre ab, kombiniert mit modernster Video-Technik. Eins mobiles Wand-System, teilt die vielschichtige Handlung auf der Bühne lebendig auf, und verleiht der Produktion so ein expressionistisches Bild der damaligen Zeit, vereint mit der mondänen Leichtlebigkeit der 20er Jahre: eine amerikanische Tanzgruppe führt das neue, befreite Lebensgefühl vor; eine Autojagd um Jonny;eine Dampflokomotive und nicht zuletzt ein riesengroßer Volksempfänger indem Jonnyaufspielt.
Jonny spielt aufist ein anspruchsvolles Werk, musikalisch als auch textlich. Im ersten Akt erlebt man schräge Kompositionen bis hin zum Atonalen. Jazzige und farbenreichere Klänge erklingen dagegen im zweiten Akt: die Ablösung der alten europäischen Musik hin zur neuen modernen Welt darstellend. Eindrucksvoll sind die monumentalen Gletscherkulissen, zu denen sich der Komponist Max (Alexandros Tsilogiannis) so hingezogen fühlt. Passend zu den goldenen 20iger Jahren, die farbenfrohen, effekt- phantasievollen Kostüme (Daria Kornysheva).Jonny ist Jazz Musiker, frech , raffiniert, überaus charmant und schlau. Ludwig Mittelhammer ist Jonny, der unverschämte, unbekümmerte Ganove aus Amerika, mit dem Ziel das alte Europa zu beerben. Mit seinem pathetisch gesungenen Swansee River, pocht er selbstbewusst auf sein Recht.
Hauptakteur in Jonny spielt auf ist jedoch Max, der Komponist, (Alexandros Tsilogiannis), der sich mit quälenden Reflektionen auseinandersetzt, die Einsamkeit der Gletscherwelt sucht, um dort dem weltlichen Chaos zu entfliehen. Nur in der Einsamkeit der Gletscherwelt, fühlt sich Max geborgen. Dort begegnet ihm durch Zufall die Sängerin Anita (Maria Celeng) lebensbejahend und offen für das Chaos jenes Lebens, vor dem sich Max so fürchtet. Auf einer Ihrer Konzertreisen trifft sie sowohl Jonnyals auch Daniello (Mathias Hausmann), den überaus eitlen, eleganten und von sich überzogenen Geigenvirtuosen, mit dem Anitaspontan Sex hat. Danielloist Besitzer jener kostbaren Amati-Geige, die Jonny ihm raubt. Mit der Amati spielt Jonnydann auch auf; in dem Volksempfänger zu hören. Alles Jagen nach nun Jonny ist vergebens. Anitaliebt Max; doch der muss wieder zum bejahenden Leben zurück finden, um sie nicht zu verlieren; was natürlich letztlich gelingt. Yvonne (Judith Spießer) ist das naive Zimmermädchen bei Anita und vorübergehender Flirt von Jonny. Das positive Ende: gemeinsam bricht man auf in die Neue Welt, in eine verheißungsvolle Zukunft, die da heißt Amerika!
Ein großes Lob gilt dem Orchester des Gärtnerplatztheaters mit seinem Dirigenten Michael Brandstätter. Mit großer Präzision spielen sie diese Vielfalt an unterschiedlichen Rhythmen, Stilen, Akkorden, Atonalen und Jazzigem. Eine blumige Vielfalt an Musik, die das Staatsorchester grandios bewältigt. Nicht zu vergessen der immer präsente und hervorragende Chor des Gärtnerplatztheaters.