Münster, Theater Münster, "Wie es euch gefällt" von William Shakespeare, IOCO Kritik, 30.11.2016
Im Märchenland der Liebe
Treskow vergagt Shakespeares Lustspiel „Wie es euch gefällt“
VON HANNS BUTTERHOF
Am Großen Haus des Theaters Münster hat Christian von Treskow Shakespeares Lustspiel „Wie es euch gefällt“ als großen Spaß inszeniert. Gagreich und überdreht konzentriert er sich ganz auf die verwickelten Wege der Liebe in einem Märchenland.
Vor einem schweren schwarzen Bühnenvorhang (Bühne und Kostüme: Sandra Linde/Dorien Thomsen) findet das notorisch intrigante, der Willkür der Mächtigen ausgesetzte Hofleben statt. Der böse Herzog Frederick (Gerhard Mohr) hat seinen Bruder entmachtet und verbannt. Nun verjagt er auch dessen Tochter Rosalinde (Sandra Bezier), die mit ihrer Freundin, Fredericks Tochter Celia (Ulrike Knobloch) und dem Hofnarren Probstein (Jonas Riemer) hinter den schwarzen Vorhang in den Ardenner Wald flieht. Dorthin rettet sich auch Orlando (Daniel Rothaug) vor den Nachstellungen seines finsteren Bruders Oliver (Christian Bo Salle). Der hatte schon versucht, ihn durch den Ringer Charles (Garry Fischmann) im Kampf umbringen zu lassen.
Wenn sich dann der schwarze Vorhang hebt, zeigt sich der Ardenner Wald als ein riesiger Apfel, der durch Wände von der modernen Welt abgeschlossen ist; ein Strommast ragt als Zeichen der Realität über die Rückwand.
In dieser Exklave der Verführung und Liebe hat der verbannte Exherzog (ebenfalls Gerhard Mohr) mit langem weißen Haar, offenem Hemd und Leopardenmantel eine Art Hippiegemeinschaft mit dem Sänger Amiens (Ilja Harjes) und dem melancholischen Narren Jaques (Christoph Rinke) um sich versammelt. Dort finden auch Rosalinde und Orlando zusammen. Sie hatten sich schon bei Orlandos turnerisch beachtlichem Slapstick-Kampf mit dem Killer ineinander verliebt. Nun verlieben sie sich erneut ineinander, nur dass Rosalinde als Mann verkleidet ist und so die sexuelle Orientierung Orlandos bis an die Schmerzgrenze ausreizt. Am Ende der verwickelten Wege der Liebe zu ihrem vorbestimmten Ziel stehen märchengemäß vier Hochzeiten, die Abdankung des bösen Herzogs und die Rückkehr seines Hippie-Bruders an die Macht.
Schade, dass sich von Treskow nicht für den politischen Hintergrund der Ardennen-Utopie interessiert und sie zum Eskapismus abflacht. Der seinem gesellschaftskritischen Widerlager beraubte, auf Gags gebürstete Text (Übersetzung: Jürgen Gosch und Angela Schanelec) und die vielen kurios choreographierten Bewegungen des spielfreudigen Ensembles treiben dem Stück die Poesie aus. Sie vermögen so auf Dauer ebenso wenig zu fesseln wie der immergleiche Tonfall beim Ausreizen von Wortwitzen bis zum Kalauer oder Ilja Harjes’ rockiger Gesang zur E-Gitarre.
Nach gut zweieinhalb Stunden ausgiebiger Jubel à là Voice of Germany für alle Beteiligten.
Theater Münster, Wie es euch gefällt von William Shakespeare, Die nächsten Vorstellungen: 7.12., 8., 9. 12. 2016, 18.1.2017 jeweils 19.30 Uhr, am 15.1.2017 um 15.00 Uhr
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