Münster, Theater Münster, Die Liebe zu den drei Orangen - Sergej Prokofjew, IOCO Kritik, 12.05.2019
Die Liebe zu den drei Orangen - Sergej Prokofjew
- Wenn das Lachen die Melancholie vertreibt -
von Hanns Butterhof
An Münsters Großem Haus hat Regisseur Sebastian Ritschel Sergej Prokofjews Märchenoper Die Liebe zu den drei Orangen in einer knallbunten Inszenierung auf Commedia dell arte getrimmt. Die phantasievolle Bühne, die schrillen Kostüme und die vorwärtstreibende Musik des Sinfonieorchesters Münster unter Golo Berg waren die Garanten für einen großen Premierenerfolg.
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Prokofjews vieraktige Oper Die Liebe zu den Drei Orangen hat Regisseur Sebastian Ritschel aus einem Märchen-Königreich in die Jetztzeit verlegt. Der alte König Treff (Stephan Klemm) betreibt jetzt ein Spielcasino (Bühne nach Entwürfen von Pascal Seibicke), statt eines Prinzen ist nun sein Junior (Garrie Davislim) ein weltabgewandter Melancholiker, der nur an Spielautomaten daddelt. Ein Intrigantenpaar, die auf das Casino-Erbe erpichte Clarice (Chrysanthi Spitadi) und ihr blasser Helfer Leander (Gregor Dalal), wünscht den Tod des Prinzen; Leander möchte ihn durch herbeiführen, dass er den Prinz langsam mit unverdaulicher Prosa und moderner Lyrik vergiftet.
Wo der Spielteufel herrscht, sind die Hexer nicht weit. Die böse Zauberin Fata Morgana (Kristi Anna Isene) unterstützt die Intriganten, auf Seiten des Spielers steht Celio (Christoph Stegemann), ein guter Zauberer. Mit Hilfe des Spaßmachers Truffaldino (Pascal Herington) will er den Melancholiker erst zum heilsamen Lachen bringen und dann zu den drei Orangen führen. Denn Fata Morgana hat ihn verhext, diese zu lieben und ihn so um jede Chance zu bringen, jemals zu lachen. Am Ende findet der Prinz in der dritten Orange seine schon von jeher geliebte Prinzessin Ninetta (Marielle Murphy), mit der er trotz aller Widerstände und Tücken Fata Morganas, von Melancholie geheilt, lachend das Spiele-Imperium übernimmt.
Regisseur Sebastian Ritschel hat die Oper eindimensional über den Commedia dell arte-Leisten mit Slapstick-Anmutung geschlagen. Alle Figuren sind eng an der Musik geführt und dabei gleichermaßen komisch geraten, allen voran der Spaßmacher Truffaldino; Pascal Herington in hellblauem Glitzer-Anzug (Kostüme: Sebastian Ritschel) treibt mit grotesk rhythmischem Rennen über die Bühne die Handlung voran. Die Bösen sind harmlos wie die Guten, und die gut mitspielenden, eigentlich gegensätzlichen Chöre (Einstudierung: Inna Batyuk, Joseph Feigl), von denen ein Teil mehr Komödie, der andere mehr Drama fordert, sind uniform in orangefarbene Pagen-Anzüge gesteckt.
Ritschel macht aus dem Spiel ums Glück eines ums Glücksspiel. Doch ohne das Märchenumfeld kann der weltabgewandte Daddler für sich und seine entmystifizierte Geschichte kaum Teilnahme hervorrufen. Deutlich fehlt das Gefälle zwischen Ernst und Komik, Realität und Phantasie.
Anders ist das in der Musik, die Prokofjew von illustrativ bis plakativ zu den einzelnen Szenen mit einem breiten emotionalen Spektrum komponiert hat. Das Ensemble überzeugt gesanglich durchwegs, und Golo Berg lässt mit dem Sinfonieorchester Münster mitreißend jede Nuance der Bekräftigung oder Ironisierung der Bühnenhandlung aus dem Orchestergraben erklingen.
Der lange Beifall des Premierenpublikums galt allen Beteiligten, einzelne Standing Ovations galten Golo Berg mit dem Sinfonieorchester Münster und Pascal Herington.
Die Liebe zu den drei Orangen am Theater Münster; die nächsten Termine: 8.6; 27. 6.; 2.7.2019 jeweils 19.30 Uhr
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