Münster, GOP. Varieté-Theater, Song Trang – Wenn der Mond sich im Fluss ...“, IOCO Kritik, 08.02.2020
Von einem anderen Stern Sông Trang ist wunderbares Varieté ganz anders
von Hanns Butterhof
Im GOP Varieté-Theater Münster ist vieles für die aktuelle Show Sông Trang – Wenn der Mond sich im Fluss spiegelt verändert worden. Schon im Foyer werden die Besucher mit einem etwas altertümlichen, an eine Säule gelehnten Motorrad und einem vietnamesischen Gruß willkommen geheißen. Dann im Parkett sind ohne Unterlass quakende Frösche und pfeifende Vögel zu hören, so dass man sich am Ufer des Mekong fühlen kann.
Ganz anders ist dann auch die Show Sông Trang selbst, die von dem Regisseur Knut Gminder und seinen vietnamesischen Kollegen Cie Xich-Lo mit 13 Artisten der Vietnam Circus Federation entwickelt wurde. In einem kurzen Video vor dem eigentlichen Beginn fällt der Satz, der den Geist von Sông Trang zutreffend beschreibt, dass nämlich in Vietnam das individuelle Glück nichts bedeutet, wenn es nicht die Gemeinschaft einschließt. Sông Trang ist durch und durch ein glücklich machendes beschwingtes Gemeinschaftswerk.
Sông Trang – Wenn der Mond sich im Fluss spiegelt youtube Trailer des GOP Varieté-Theater [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Als der Mond über der Bühne des GOP aufgeht, sind alle Artisten auf der Bühne: mit langen, farbigen Seidentüchern, die zu leichten Wellen bewegt werden, schaffen sie ein romantisches Bild des ländlichen Vietnam, wo friedlich Frauen am Flussufer sitzen oder ausdrucksstark durch das Wasser tanzen, während die Männer fröhlich radschlagend über die Bühne turnen.
Schon mit diesem Eingangsbild wird deutlich, dass die vietnamesischen Artisten ohne besonderen technischen Aufwand arbeiten und dabei eine eigene, landestypische Atmosphäre schaffen. Das charakteristische Material, das sie dabei verwenden, ist der Bambus. Ihr Reichtum an Phantasie, was alles damit zu machen ist, scheint nahezu grenzenlos. Sie bauen flugs mit kleinen artistischen Einlagen aus Bambusstäben eine Brücke, auf der sich dann eine ganze Reihe von Szenen abspielt, eine schöne Jonglage mit den charakteristischen Spitzhüten über einen Balanceakt, bei dem auf dem Kopf des Balancierenden ein zweiter Kopfstand macht oder auf einer hohen Leiter wie anstrengungslos kraftraubende Übungen stattfinden, während die Übrigen das luftige Gestell stabil halten.
Bei allen tollen Einzelleistungen wie der spektakulären teils romantischen, teils extrem dynamischen Artistik etwa am Luftring oder am in der Höhe aufgehängten Bambusstab, immer ist die ganze Gruppe beteiligt. Man sieht, während im Vordergrund das verliebte Paar im Luftring in die Höhe steigt oder der Artist am Bambusstab gestreckt wie Batman durch die Luft saust, wie im Hintergrund die verbliebenen Männer mit ihrer Hände Kraft behutsam das Seil steuern, an dem der Luftring oder der Stab hängen, und die Artisten hinaufziehen und wieder herunterlassen. Sie haben die Anderen im Gefühl, das sie noch nicht an die computerisierte Bühnentechnik abgegeben haben.
So bleibt die ganze Show auch in der Einfachheit der Requisiten sehr bodenständig. Die Spitzhüte sind ein so selbstverständliches Spielzeug für Jonglage oder die bewegte Darstellung einer sich öffnenden Lotosblüte wie die Anglerkörbe, auf denen sich trefflich balancieren lässt. Nur eine Figur fällt aus dem idyllischen Bild, der Clown, der allein und wie ein Tourist mit dem Handy durch das pulsierende Leben um ihn her stolpert, an dem er zumeist nicht teilnimmt. Mit den Anderen kann er eine Art Fußball spielen, aber wenn er sich besonders hervortut, wenden sich seine Mitspieler ab.
Ohne Worte bringt Sông Trang über die Vielzahl bewundernswerter artistischer Höchstleistungen die Botschaft, wie wichtig das Miteinander für das Glück auch des Einzelnen ist, rührend und für das am Ende begeistert Beifall spendende Publikum wie die Nachricht von einem anderen Stern.
Showtime für Sông Trang im GOP-Varieté-Theater Münster ist bis zum 1. 3. 2020 immer Mittwoch bis Sonntag.
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