München, Theater am Gärtnerplatz, King Arthur von Henri Purcell, IOCO Kritik, 26.12.2016
Staatstheater am Gärtnerplatz München
King Arthur von Henri Purcell in der Reithalle
Verrohte Krieger durch Frieden heilen
Von Daniela Zimmermann
Wieder ein großer Premierenerfolg des Gärtnerplatztheaters. Intendant Josef Köpplinger hat nicht selbst inszeniert, aber mit Torsten Fischer einen Theaterprofi zur Inszenierung des King Arthur von Henry Purcell (1659 - 1695) nach München geholt. Die Produktion wurde in der technisch eingeschränkten Ersatzspielstätte Reithalle aufgeführt, riß das Publikum aber trotzdem mit. NB: Die Hauptspielstätte am Gärtnerplatz sollte zunächst 2015 wiedereröffnet werden. Leise, verschämt wird nun 2017 als mögliches neues Datum der Wiedereröffnung genannt.
Henry Purcell komponierte King Arthur 1691, nach einem Libretto des Dramatikers John Dryden als Semi-Opera. Gemeinsam setzten Purcell und Dryden für Musiktheater der damaligen Zeit neue Maßstäbe: Gesang, Schauspiel, Orchester und Tanz eines Stückes wurden erstmals als Einheit komponiert, eingebettet in eine Handlung.
Henry Purcell, größter englischer Komponist des Barocks, war bereits zu Lebzeiten sehr berühmt. Viele seiner Werke wurden seit seinem Tod in den bedeutenden Musikwerk Orpheus Britannicus gewürdigt.
In der Reithalle ist das Orchester und Dirigent Marco Comin unterhalb des Bühnenbildes versteckt. Das Bühnenbild ist eine riesige Schräge, sich nach hinten in die Höhe erhebend, das Orchester bedeckend. Lautsprecher tragen die Klänge des Orchesters in den Zuschauerraum. sie klingen leicht, präzise, wunderschön. Comin ergänzt das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz mit einem Bläsertrio um so dem barocken Glanz der Komposition Purcells noch mehr Substanz zu geben. Hoch oben auf der Bühne, auf dieser Schräge webt und schwirrt alles durcheinander; mit großer Aktivität; Tänzer, Chor, Schauspieler, Sänger kann man nicht recht unterscheiden. Gesprochen wird in Deutsch; Torsten Fischer hat die Texte aus den englischen Vorlagen entwickelt; gesungen wird in Englisch.
Der wunderbare Abend in der Reithalle fordert das gesamten Gärtnerplatz Ensembles stimmlich wie darstellerisch. Die Choreographie der Tänzer entwickelte Ballettdirektor Karl Alfred Schreiner. Aus der Vereinigung der Tänzer mit Chor und Sängern entwickelt sich die Handlung der Oper eindrucksvoll.
Es wird heftig gekämpft in King Arthur; Krieg, Mord und Totschlag wüten in Britannien. Mittelpunkt ist die blinde Prinzessin Emmeline (Judith Rosmair), ein zartes Wesen, elfengleich, die sich trotz des Massenauflaufs um sie herum, Gehör verschaffen muss. Rosmair spielt ihre Partie großartig. 2 Könige begehren sie King Arthur, der sagenumwobene, eindrucksvoll verkörpert von Simon Zigah, und sein kühler wie roher Gegner der Sachsenkönig Oswald, Markus Gertken. Eine Nichtigkeit und ein solch brutaler Krieg. Die Vorstellung, dass ein 300 Jahre alte Barockoper noch eine solche Aktualität vermittelt ist berückend.
Die schräge Bühne, der runde Mond im Hintergrund geben der Handlung optische Dramatik. Zerrrissene Kartons manifestieren Zerstörung; Tüllkleider werden Frauen vom Leib gerissen. Moral und Amoral kennen kein Krieg; Hagel, in Form zahlreicher schwarzer Säcke, gefüllt mit weißen Plastikbällen auf die Bühne geschüttet begraben alles Leben. Eiszeit, denn nur große Naturereignisse können menschliches Handeln stoppen. Aber Leben geht immer weiter, dekorativ vorgeführt, indem das Ensemble in glitzernden Kleidern wieder aufersteht und den Bezug zur heutigen Konsumgesellschaft demonstriert. Das Töten ist kein Weg für eine friedliche Zukunft realisiert auch letztlich King Arthur.
Der Zauberer Merlin, der Frostgeist (Tobias Greenhalgh) sowie die Geister, die Sirenen und die Nymphen runden eine harmonische Ensembleleistung wie eine beeindruckende Produktion von King Arthur ab, welche vom Publikum mit großem Beifall gefeiert wurde. Leider ist King Arthur in der Spielzeit 2016/17 nicht mehr auf dem Spielplan des Gärtnerplatztheaters.
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