München, Theater am Gärtnerplatz, Ballett - La Strada - Marco Goecke, IOCO Kritik, 25.09.2018
Staatstheater am Gärtnerplatz München
La Strada - Ballett von Marco Goecke
Von Daniela Zimmermann
Das Gärtnerplatztheater bringt La Strada als Ballett-Uraufführung nach dem berühmten Film von Frederico Fellini aus 1954 und der von Trompetenlyrik zirkushaft dominierten, sinfonischen Filmmusik von Níno Rota. La Strada wurde von Marco Goecke, dem langjährigem Stuttgarter Haus-Choreograph neu geschaffen. Goecke wird 2019 neuer Ballettdirektor der Staatsoper Hannover; er folgte dem Ruf seiner ehemaligen Stuttgarter Kollegin, der Amerikanerin Laura Berman (57), welche 2019 zur neuen Intendantin der Staatsoper Hannover bestellt wurde.
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La Strada, eine Dreiecksgeschichte. Zampano ist ein grobschlächtiger Markt - Darsteller, welcher dort eine um seine Brust befestigte Kette sprengt. Die einfältige Gelsomina ist dabei eine unterwürfige Helferin. Doch dann lernt Gelsomina im Zirkus den humorvoll clownesken Seiltänzer Matto (Javier Ubell) kennen; die von Unterdrückung geprägte Beziehung von Gesomina und Zampano ist aus der schwachen Balance geworfen. Das Treiben von Gelsomina und Matto in der bunten Zirkuswelt, in welche sie immer wieder eintauchen und für sich sind berührt. Schön anzusehen, die von Gelsomina sanft und schüchtern verkörperten Emotionen. Auch die präzise und eindrucksvolle Leistung des Ensembles, die quirligen Bewegungen , das schnelle Tempo der Schritte, die akrobatischen Einlagen, die Hektik der Armbewegungen und das alles 80 Minuten lang ohne Pause, war bewundernswert. Das Bewegungsrepertoire war etwas begrenzt und gab oft der oft doch einfachen Handlung nur wenig Ausdruck. Getrieben von Hass und Eifersucht wird Matto von Zampano erschlagen; Gelsomine tanzt in ihren Tod; Zampano, nun allein, ergraut und schwach bricht schluchzend zusammen: bisherige Mannesbrutalität endet, wie im wahren Leben, einmal mehr in fadem Selbstmitleid.
La Strada ist Ein Männerstück über Kraft, Gewalt oder die Unfähigkeit, Gefühlen nach zu gehen. Brutale, raue Kerle lassen tanzend die Muskeln spielen, allen voran Zampano, der muskelbepackte Kettenbrecher, getanzt von dem türkischen Ausnahmetänzer Özkan Ayik. Eine schon optisch gute Besetzung, Ayik besitzt Muckis und Sixpack. Gelsomina (Veronika Segovia) wird seine Assistentin bei Auftritten, begleitet ihn auf den Märkten, wird rücksichtslos, grob als eine Sklavin behandelt. Zampano gibt sich nach außen wie innen stahlhart, unfähig Gefühle zu zeigen oder zu erhoffen, und doch: ein Mann, welcher in seiner hohlen Kraftmeierei wieder Ratlosigkeit erzeugt.
Marco Goecke ist bekannt für das Düstere, Dunkle seiner Choreographien. Am Gärtnerplatztheater choreographiert Goecke die Unfähigkeit zu Lieben und das absolute Böse. Manches wirkt zu dunkel, zu schlecht beleuchtet; doch, La Strada behandelt das Böse, das Unfassbare, in menschlicher Empfindung das Zwielichtig, das Düstere, das Dunkle. Schwarz ist denn auch die beherrschende Farbe der Tanzenden und des Ensembles des Gärtnerplatztheaters. Nur in der Zirkusmanege gibt es etwas Gold. Eine moderne, niemals kitschige Interpretation.
Die gekürzte Ballettsuite der berühmten Filmmusik Nino Rotas begleitet die Handlung sanft. Marco Goecke stellt die Handlung in den Mittelpunk und die Musik fließt mit. Die oft abstrakten choreographischen Figuren empfehlen es, die Handlung, den Film La Strada zu kennen.
Das Bühnenbild, mehrheitlich in grau-schwarz von Michaela Springer ist karg. Die ländlichen Ähren unterstreichen das armselige Umfeld. Eine Riesen-Kette, die aus dem Bühnenhimmel auf die Bühne kracht, ist symbolträchtig für die Dominanz von Gewalt und kündigt letztlich den Tod. Michael Brandstätter dirigierte kraftvoll und ausdrucksstark die dramatische Hollywood Musik der 50iger Jahre.
La Strada am Theater am Gärtnerplatz: weitere Vorstellung 6.10.2018
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