München, Theater am Gärtnerplatz, Anything Goes von Cole Porter, IOCO Kritik, 12.1.2017
Staatstheater am Gärtnerplatz München
Anything Goes von Cole Porter
Der perfekte Münchner Einstieg in das Jahr 2017
Von Daniela Zimmermann
Jeder Jahreswechsel beinhaltet etwas von einer Aufbruchstimmung und eine Schiffsfahrt symbolisiert das geradezu im besten Sinne des Wortes. 1934 war eine schwierige Zeit, die Folgen der Weltwirtschaftskrise hielt die Welt noch immer in Atem und der erfahrene Produzent Vinton Freedley wusste, dass diese Stimmung nach einem neuen unbeschwerten Aufbruch verlangte. So beauftragte er Guy Bolton und P.G. Wodehouse ein Musical voller Lebensfreude zu verfassen. Ein Musical, das auf einem großen Luxus Kreuzfahrtschiff, stattfinden sollte. Und er hatte das große Glück Cole Porter als Songschreiber für sein Musical gewinnen zu können.Kurz vor Probenbeginn kam es dann leider noch zu einem echten Schiffsunglück vor der Küste New Jerseys mit etlichen Toten und das zog wiederum eine Neufassung dieses Musicals mit sich. Diesmal waren die Autoren Howard Lindsay und Russel Crouse. Schon damals war eine Atlantiküberquerung mit einem großen Luxusschiff pures Vergnügen, wohlhabender Leute. Die Aufbruchstimmung nach Europa wurde feucht fröhlich und groß gefeiert.
Cole Porter gehörte zu den reichsten jungen Amerikanern seiner Zeit. Er stammte aus vermögendem Hause und zu seinem Lebensstil gehörte, nichts zu arbeiten. Er liebte es im Walldorf Astoria in New Yorck zu leben, Partys in Paris oder im Sommer in Antibes zu schmeißen oder in seinem Palast in Venedig. Er sprach viele Sprachen und war überall, da wo der Adel und Geldadel sich traf und wo so richtig gefeiert und gelebt wurde, zu Hause. Er liebte die Musik, vervollkommte sein Klavierspiel, eignete sich Kompositionskenntnisse an und schrieb die hinreißendste Musik seiner Zeit.
Für Cole Porter keine Arbeit, sondern reines Hobby. Er war ein wirkliches Genie und durch seine vielseitigen Auslandsreisen, den einheimischen Songschreibern weit überlegen. Seine Musik, seine Songs sprühten voller Lebenslust und Rhythmus. Alle großen Musikstile seiner Zeit wie Jazz, Popmusik oder den Sound der Big Band, sowie die Vaudeville Musik kannte und verarbeitete er bis hin zum Shanty. Kein Wunder also, dass die Uraufführung 1934 sofort ein riesiger Erfolg wurde. Seine charmant frechen Lieder I Get A Kick Out Of You oder It's De-Lovely, You're The Top, All Through The Night und Anything goes haben bis heute nichts an ihrer Popularität verloren. Wie damals verbreiten sie Lebensfreude pur. Anything goes war das erfolgreichste Musical zu seiner Zeit.
Josef E. Köpplinger startete mit diesem fröhlichen Aufbruchsstimmungs Musical seine erfolgreiche Intendanten Karriere am 28. Februar 2013 im Gärtnerplatztheater. Gespielt wurde damals im Deutschen Theater in Fröttmaning. Der Erfolg war damals groß und hat sich jetzt bei der Wiederaufnahme 2016 in der Reithalle wiederholt. Michael Brandstätter mit Kapitänsmütze dirigierte schmissig und temperamentvoll das Orchester und trug damit bestens zum Gelingen der Aufführung bei.
Eine bunt gemischte Passagierliste bestimmt das skurrile Durcheinander auf dem Luxusliner der MS American von New York nach Europa. Billy Crocker, ist der Sekretär des neureichen Elisha Whitney und bekommt noch einen wichtigen Aktienverkaufs-Auftrag, bevor dieser an Bord geht. Billy ist verliebt in Hope, die ebenfalls mit ihrer Mutter das Schiff besteigt. Im Schlepptau Lord Evangeline Harcourt, natürlich auch reich und als Verlobter von Hope. Die Hochzeit soll auf dem Schiff vollzogen werden.
Für den verliebten Billy ein no go, unverzüglich beschließt er als blinder Passagier mit zu reisen. Natürlich sind auch Gangster mit an Bord, Moonface Martin, als Priester verkleidet und sein Gangsterliebchen Erma, die aus 2 großen Überseekoffern steigen. Und Höhepunkt Reno Sweeney, als Nachtclubstar mit ihren 4 Angels. Früher als fromme Predigerin unterwegs und mittlerweile als arrivierte Nachtclubsängerin und alte Freundin von Billy für die Bordshow auf dem Boot. Sie hat auch noch ein Ticket für Billy, allerdings ausgestellt auf den Namen eines sehr gesuchten Verbrechers. Klar, dass auf diesem Luxusschiff sich so einiges abspielt und wir sind dabei, zusammen mit der gesamten, großen Schiffscrew, dem Kapitän, dem Steward und den vielen Matrosen. Da wird getanzt und gesteppt Slapstick vom Feinsten.
Star des Abends, Anna Montanero als Reno Sweeney ist ein echter Broadwaystar und bezaubert mit Ihrem Ausdruck, mit ihrer Stimme und ihren grandiosen Tanzeinlagen das Münchner Publikum. Sie ist einfach hinreizend und in all dem Durcheinander, hat sie den Überblick. Daniel Prohaska singt sich mit seiner sanften Tenorstimme in die Herzen des Publikums. Darüberhinaus ist er ein souveräner Tänzer und Schauspieler. In wie viele Rollen muss er schlüpfen, bis er endlich seine Hope in die Arme schließen darf und kann.
Hopes Mutter, Evangeline Harcourt, ist professionell amüsant und gut wie immer. Im 1. Akt kümmert sie sich ganz mütterlich materiell um Hopes Verheiratung mit dem steinreichen englischen Lord Evelyn Oakleigh, den Hannes Muik, sehr gut interpretiert. sehr aristokratisch, aber auch, typisch englisch, sehr humorvoll und witzig spritzig. Im 2. Akt kümmert sich Frau Harcourt um sich selbst, indem sie ihre alte Liebe Elisha Whitney in Person von Erwin Windegger, reich und ungebunden wiedertrifft. "Let's do it, happy End" angesagt. Erwin Windegger ist sehr geeignet für diese Rolle, erfolgreicher Geschäftsmann, aber auch den erotischen Reizen als Senior keinesfalls abgeneigt. Töchterchen Hope, weiß längst, wem ihr Herz gehört, natürlich dem charmanten und liebenswerten Billy. Katharina Lochmann, mit ihrer jugendlichen, reinen Sopranstimme sang, tanzte und spielte in dieser Wiederholungsaufführung zum ersten Mal.
Für Spaß und Verwirrung sorgten natürlich auch der Möchtegerngangster Moonface Martin, Boris Pfeiffer, und sein Liebchen Erma, Sigrid Hauser. Previn Moore gibt einen glaubwürdigen Kapitän mit seiner dunklen warmen Stimme. Rainer Sinell zauberte einen großartigen Luxusdampfer auf die Bühne und mit viel Verkehr wie auf einem großen Schiff üblich. Die Kostüme ganz passend zu der Zeit und farbenfroh. Ein besonderes Lob für die Choreographie der Ricarda Regina Ludigkeit. Sie choreographierte die mitreißenden Tanzszenen und lässt alle Mitwirkenden zwei Stunden durchsteppen. Dazu das Gärtnertheater Ballett, als Matrosen, der Chor als Passagiere, die 4 Angels, die zu Reno Sweeney gehören, lassen ebenfalls ihre hübschen Beine schwingen. Nur Benjamin Franklin, als Hund Rudi, darf die Ruhe bewahren.
Eine solch beschwingte und mitreißende Aufführung bereitet einen wahrhaftig guten Start ins Jahr 2017. Das Publikum war natürlich hoch begeistert. Wohlverdiente Bravos eines bestens unterhaltenem Publikum beschwingten am Ende die Darsteller auf der Bühne und das Orchester. DZ / 04.01.2017
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