München, Staatstheater am Gärtnerplatz, Rockmusical - Jesus Christ Superstar, IOCO Kritik, 31.07.2018
Staatstheater am Gärtnerplatz München
Jesus Christ Superstar - Andrew Lloyd Webber
Von Daniela Zimmermann
Mit nur 22 Jahren, 1970, verfasste Andrew Lloyd Webber (* 1948) seine so erfolgreiche und musikalisch mitreißende Rock- und Pop-Oper Jesus Christ Superstar. Die letzten sieben Tage im Leben von Jesus Christus umfasst die Handlung. Tim Rice schrieb die Texte. Zunächst abgelehnt. Das Leben Jesus Christus durch Rockmusik und Tanz darzustellen war 1970 ungewohnt; zunächst wenig goutiert wurde das Musical ein großer Erfolg; ist bis heute Kult.
2017 inszenierte Josef E. Köpplinger diese Rockoper für das Gärtnerplatztheater. Damals fand die Aufführung noch in der Reithalle statt und jetzt wurde sie wieder gespielt und erstmals im eigenen Haus im Gärtnerplatztheater mit natürlich anderen Möglichkeiten, vor allem auch für das Orchester unter der Leitung von Jeff Frohner. Hier konnte er es rocken lassen und die Akustik spielte mit. Aber er verstand auch zu nuancieren, bei den besonders schönen Songs, die Sänger zu unterstützen. Ob Rock, Blues oder Soul, die Musik war so mitreißend wie eh und je.
Die Bühne von Rainer Sinell war ein schlichter großer Tanzboden mit genug Platz für das große Ensemble: Tänzer, Sänger, Volk. Eine Brücke über diesen weiten, offenen Boden, gab dem Bühnenbild Struktur und Tiefe; auf der Brücke war Bewegung, sie diente als attraktives Podium für die Handlung. Dazu die Videoprojektionen, welche die ewigen Grundfragen der Menschheit zeigten: „woher kommen wir - wohin gehen wir - was suchen wir?“
Köpplinger versetzt das Musical in unsere Zeit. Die Apostel sind junge Wilde, streitsüchtig, laut, rebellisch; schwarz „Rockerhaft“ gekleidet. In Jesus Christ haben sie ihren Anführer, ihr Vorbild gefunden. Jesus genießt die Huldigung seiner Macho- Jünger und ebenso die begeisterten Hosianna Rufe des Volks; zeigt durchaus eitle Züge. Maria Magdalena (Dionne Wudu) muss sich gegen diese ungehobelten Kerle behaupten. Sie zeigt ihre unerfüllte Liebe zu Jesus.
Gärtnerplatztheater München - youtube-Trailer zu Jesus Christ Superstar Youtube Trailer des Gärtnerplatztheaters [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Die Handlung: In großem Menschengetümmel begegnen sich Jesus (Armin Kahl) und Judas (John Vooijs). Jesus will in die vom Kommerz getriebene Hektik unserer modernen Zeit eingreifen und vertreibt den Konsum; durch Tragetaschen der Damen und die steife Herren der Finanzlobby symbolisiert. Herabfallende Stoffbahnen mit Konsum – Geld Aufschriften verstärken das Bühnengeschehen.
Die Choreographin Ricarda Regina Ludigkeit unterstreicht die aufbegehrende Jugend durch Tanz, schnell, volles Tempo, harter jugendlicher Kraft. Die Jugendrevoluzzer unter sich. Judas, einer von ihnen, ist anders, nachdenklicher. Er will mehr und bedrängt Jesus zu weniger Show, weniger Oberflächlichkei, zu mehr Liebe. Doch Jesus reagiert nicht, lässt Judas allein und "verleitet" ihn dadurch zum Verrat. Judas aber wird mit seinem Verrat an Jesus nicht fertig und stirbt in rot leuchtenden Stricken.
Zum Spiel gehört Pontius Pilatus (Erwin Windegger) der vor dem intensiven Blick Jesus taumelnd zurück weicht. Herodes in Strass und Pailletten (Previn Moore), der die Begegnung mit Jesus als Showauftritt swinging, tänzelnd, beschwingt genießt. Anders der Hohe Priester Kaiphas (Levente Pall) mit ganz tiefem, sehr eindrucksvollem Bass. Ihn widern die Macho Streetfighter an. Das Establishment ist der manipulierende Gegenpol der Streetfighter; auch Jesus Christ ist ihnen ein Dorn im Auge ist. Sie wollen seinen Tod und sie bekommen ihn: Das Volk ist eben manipulierbar. Von Hosianna zu Crucify: Alles Manipulation?
Das letzte Abendmahl mit seinen Jüngern ist ein reines "Fast Food Mahl", eben zu den jungen Revoluzzern passend. Jesus bricht das Fladenbrot, dazu Wein aus der Flasche und Cola und mehr; alles fällt auf den Boden. Dazu singt Maria Magdalena herzzerreißend und wunderschön. Sie ist so perfekt in ihrer Rolle und mit ihrem Gesang, voller Kraft und Schmelz. Sie hat Ausstrahlung; es ist schön, ihr zuzuhören. Das von Kaiphas aufgebrachte, verführte Volk schlägt Jesus, setzt ihm die Dornenkrone und kreuzigt ihn.
Armin Kahl ist ein gut gewählter Jesus, in Statur, Stimme und Typ. Sein Gegenspieler John Vooijs als Judas im Kapuzen Look, der Obermacho, ist perfekter aggressiver Gegner von Jesus. Windegger als Pontius Pilatus ist in seiner Partie spielerisch und gesanglich ebenso hervorragend.
Köpplingers Inszenierung der Rockoper in München endet friedensstiftend als Parabel: Jesus und Judas erscheinen wieder - als geläuterte Wesen - aus dem Hintergrund und reichen sich zu mitreißender Schlußmusik versöhnend die Hände.
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