München, Staatstheater am Gärtnerplatz, Musical Cinderella von Thomas Pigor, IOCO Kritik, 23.01.2015
Staatstheater am Gärtnerplatz München
Musical CINDERELLA: Aschenputtel in Slapstick-Ambiente
1990 schuf der deutsche Kabarettist und Komponist Thomas Pigor (1956) seine Version der Cinderella: Mit Musik, Tanz, Slapstick und heiße Songs verwandelt er den betulichen Märchenklassiker Aschenputtel in das moderne Musical Cinderella.
Cinderella hat eine unendliche Märchentradition. Der Märchendichter Charles Perrault hatte schon 1697 das Märchen über Cendrillon oder der kleine gläserne Pantoffel veröffentlicht. Cendrillon wurde im englischen Sprachraum zu Cinderella. In den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm wurde Cendrillon zu Aschenputtel, in Italien zu Cenerentola. Auch Opernkomponisten entdeckten den Reiz dieses Märchens: Jean Louis Laruette schrieb 1759 die weithin unbekannt gebliebene Oper Cendrillon. Erfolgreiche Kompositionen sollten folgen: Gioacchino Rossini mit La Cenerentola (1817), Jules Massenet mit Cendrillon (1899), Serge Prokofjew mit dem Ballettklassiker Cendrillon (1944). Diesen Spuren folgte auch Thomas Pigor.
Regisseur und Intendant Josef Köpplinger ist Pigor-Cinderella-erfahren: Er inszenierte 1990 die Uraufführung in Regensburg wie danach in Klagenfurt. In der Reithalle inszenierte Köpplinger Cinderella erneut; wieder zauberhaft und niveauvoll. Pigors moderne Handlung gibt dem betagten Märchen neuen Pfiff, seine Komposition füllt die Handlung mit liebevollem Charme. Das Bühnenbild (Karl Fehringer, Judith Leikauf) besteht aus großen Büchern, deren Seiten die jeweiligen Szenen des Märchens abbilden. Es vermittelt den Eindruck, die Handlung auf der Bühne entspringe dem Buch.
Märchen sind von jeher etwas ganz Besonderes. In Thomas Pigors Cinderella soll Schluss mit dem Märchen sein. So will es der anti-royalistische Oppositionsführer, (Frank Berg). Zu viele Prinzessinnen hat der König, der klein geratene Karlheinz der Große (Stefan Bischoff) bereits verheiratet und jeder der Prinzen hat nicht nur eine Tochter bekommen, sondern auch immer gleich ein ordentliches Stück Land dazu. Schluss und nochmals Schluss damit. Jetzt muss der Sohn der Majestät, der Prinz (Lars Schmidt), ein verträumter junger, kurzsichtiger Mann, der lieber Märchen liest als an eine Braut oder ans Heiraten zu denken, eben doch heiraten. Die Opposition will das so und eine Bürgerliche soll es auch sein. Der König hat keine Wahl und deshalb lädt Seine Majestät die bürgerlichen, jungen Damen zu einem großen Ball auf sein Schloss.
Das ganze Königreich steht Kopf. Alle wollen Prinzessinnen und Königinnen werden. So auch die Töchter Emilie, Olga und Ella der Familie Zinder. Diese Familie besteht aus der bösartigen Stiefmutter (Robert Josef Bartl), den hysterisch unter einander konkurrierenden Schwestern (Susanne Selmel und Katharina Lochmann) sowie die stark kurzsichtige Ella, genannt Cinderella (Tanja Petrasek), die genau wie der Prinz überalles Märchen liebt und liest. Der Vater dieser Familie ist Oppositoneller (Jan Alexander Naujoks) des Königs.
Cinderella darf natürlich nicht auf den Ball. Dafür sorgen die hochnäsige Stiefmutter und die gierigen Schwestern. Aber da gibt es noch die beiden Tauben (Anja Clementi und Yara Blümel), die machen es möglich. Ella erscheint auf dem Ball. Der Prinz und sie, beide kurzsichtig, stolpern buchstäblich übereinander, gestehen sich ihre Liebe zu den Märchen und finden so zueinander.
Aber dann ist Mitternacht, Ella muss schnell nach Hause und so schnell, dass sie dabei ihren Schuh verliert. Der Prinz und sein hinreißendes Pferd Horst (vorn Adrien Papritz, hinten Stephanie Singer) finden an Hand des verlorenen Schuhs die richtige Braut Cinderella / Ella.
Die böse Stiefmutter, von einem Mann gespielt, gefällt besonders gut. Auch Horst, das Pferd, das so gut steppen konnte, und damit so viel Leben auf die Bühne brachte. Die Stieftöchter waren unglaublich originell: Die eine hatte immer Hunger, die andere liebte den Ausdruckstanz.
Das Musical Cinderella wie die Inszenierung in der Reithalle, Heßstraße, hat den ganz Jungen ebenso gut gefallen wie jung gebliebenen Erwachsenen. Mit viel Applaus wurde dem packend spielenden Ensemble wie dem Orchester des Gärtnerplatz Theater in der Spielstätte Reithalle gedankt.
IOCO / D. Zimmermann / 20.01.2015
Weitere Vorstellungen von Cinderella in der Reithalle, Heßstraße: 25., 30. und 31. Januar; 1., 6., 7. und 8. Februar, Vorstellungsbeginn 18.00 Uhr; 25. Jan., 1. und 8. Feb. 15.00 Uhr; Schulvorstellungen um 10.30 Uhr: 20., 21., 22., 27., 28., 29. Januar, 3., 4. und 5. Februar
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