Mit Variationen über ein Thema von Joseph Haydn B-Dur op. 56a von Johannes Brahms eröffneten die Münchner Philharmonikerund Lorin Maazel den Konzertabend. Brahms liebte das musikalische Spiel dieser Variationen. Er verehrte Joseph Haydn und dessen Klassik. Erst später stellte sich heraus, daß diese Haydn – Variationen nicht Joseph Haydn selbst sondern ein Schüler Haydns komponierte. Johannes Brahms jedoch führten diese Variationen von der Klassik zur Romantik. Mit fortschreitenden Variationen wird das Ausgangsthema weiter verfremdet, um am Schluss in aller Klarheit wieder zu erscheinen. Maazel dirigierte sehr akademisch, korrekt; zu langsam, fast uninteressiert, statt liedhaft, spielerisch, verwegen das erstklassige Orchester aus der Lethargie lockend.
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Das folgende, einzigartige Konzert für Violine, Violoncello und Orchester a-Moll Konzert 102 komponierte Johannes Brahms 1887 für seinen langjährigen Freund den Violinvirtuosen Joseph Joachim, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verband. Brahms Einmischung in Joachims Scheidung von Amalie Schneeweis, einer Opernsängerin, führte zum Bruch dieser Freundschaft. Mit diesem a-Moll Konzert gelang Brahms die Versöhnung mit Joachim. Im Gasteig musizierten Nasturica-Herschcowici (Geige), 1.Konzertmeister der Münchner Philharmoniker seit 1992, und Müller Schott (Cello). Zwei herausragende Solisten, in ihrem Erscheinungsbild komplett konträr. Der stattliche Violinist mit dem grauen Wuschelkopf und der jünglinghaft sensibel wirkende Cellist. Nasturica-Herschcowici begeisterte durch sein überaus musikalisches Spiel, indem er einerseits seiner Stradivari die sanftesten Töne entlockte und andrerseits bravourös die virtuosesten Darbietungen brachte. Der Cellist entlockte seinem Goffriller-Cello, Ex Shapiro von 1727, hingebungsvoll einfühlsame Töne sowie temperamentvolle und anspruchsvoll gespielte Passagen. Beide Solisten harmonierten sowohl im Dialog als auch im Gleichklang. Lorin Maazal führte die Münchner Philharmoniker dagegen eher verhalten, getragen und farblos. Reiche Gefühlswelt wie sensible Differenzierungskraft wurden vermisst.
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Schade, dass eine größere Anzahl von Zuschauern die Pause augenscheinlich zur Flucht vor dem dann folgenden Schlüsselwerk der Klassik, Jean SibeliusSymphonie Nr. 2 D-Dur op. 43 nutzten. Denn jetzt entfaltete Lorin Maazel seine bisher vermissten Kräfte. Die epische Breite, die scheinbare Willkür des Verlaufs der von zahllosen Dirigenten CD-produzierten 2. Symphonie, öffneten Maazel und seine Philharmonikern in sensibler Befolgung der Jean Sibelius eigenen symphonischen Form. Die Intensität seiner Musik, das Epische und das optimistisch Heroische wurde lange Zeit fälschlich mit einem politischen Hintergrund versehen. Die Finnen fürchteten 1902, dem Entstehungsjahr der Symphonie, um ihre Unabhängigkeit durch die russische Politik. Den Finnen gefiel diese D-Dur Sinfonie so sehr dass sie Sibelius schnell zu einem nationalen Helden erhoben. Aber statt politischer Sorgen ringt in Sibelius´ Komposition skandinavische Düsterheit der Natur mit mediterraner Lebensfreude, oder ewige Todesangst mit der Erlösung.
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Lorin Maazel, Alt-Maestro forderte die Münchner Philharmoniker und begeisterte die Besucher mit einem klar strukturierten, gefühlvoll rasanten aber niemals sentimentalen Dirigat. Maazel und Philharmoniker schwelgten in Expressivität und Inspiration und bewiesen so gemeinsam den Wagemut, welchen diese 2. Symphonie einfordert. Es hat sich wahrhaftig gelohnt, zu bleiben. IOCO/ Daniela Zimmermann / 17.02.2014