München, Bayerische Staatsoper, Opernhaus des Jahres 2014, IOCO Aktuell, 08.10.2014

München, Bayerische Staatsoper, Opernhaus des Jahres 2014, IOCO Aktuell, 08.10.2014
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Bayerische Staatsoper München

Nationaltheater München © Wilfried Hösl
Nationaltheater München © Wilfried Hösl

2014: Bayerische Staatsoper, Petrenko, Hölszky...

Die Zeitschrift Opernwelt prämiert jedes Jahr die künstlerischen Leistungen von Musiktheatern. 50 renommierte Kritiker geben der Opernwelt dazu ihr Votum. Begehrteste Auszeichnung gilt dem Titel Opernhaus des Jahres. Doch auch Opernproduktionen, Dirigenten, Nachwuchskünstlerinnen, Regisseur, Sänger/innen, Kostümbildner/innen, Uraufführung, Chöre, Wiederentdeckungen werden gewertet. Unter dem Titel Ärgernis des Jahres verleiht die Zeitschrift sogar einen Negativ-Titel. Die Auszeichnungen erzielen in der Öffentlichkeit durchaus große Wahrnehmung.

Bewertung von Kunst ist ein undankbares Unterfangen. Denn künstlerisches Schaffen, im Spannungsfeld von Tradition, sozialem Erbe, Innovation und konkreter Umsetzung, lässt sich nicht objektiv bewerten. Doch Steuerzahler spülen jedes Jahr viele Milliarden Euros in das Füllhorn Kunst der Musiktheater, nur etwa 20% der Kosten der Theater werden über Eintrittspreise eingespielt. Mit einem diffusen „kulturpolitischen Auftrag“ begründen Städte, Kommunen und Länder diese hohen Ausgaben nur dünn. So verdient der Versuch der Opernwelt, das reichhaltige künstlerische Schaffen im deutschen Sprachraum durch wie immer zustande gekommene Titel zu popularisieren, Lob und Anerkennung.

Uwe Eric Laufenberg, Premiere Titus in Köln © IOCO
Uwe Eric Laufenberg, Premiere Titus in Köln © IOCO

2012 wurde der Titel Opernhaus des Jahres der Oper Köln verliehen. Intendant Laufenberg hatte dort inmitten lautstark ausgetragener Etat- und Sanierungsstreitigkeiten eine neue, populäre Opernkultur geschaffen und die Zuschauerzahlen in die Höhe katapultiert. Doch ab 2014 ist Uwe-Eric Laufenberg Intendant am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Etatquerelen wogen in der Stadt Köln schwerer als künstlerische Spitzenleistungen; Laufenbergs Vertrag wurde per August 2012 vorzeitig gekündigt (IOCO berichtete).

Komische Oper Berlin / vlnr Kosky, Moser, Hánási © IOCO
Komische Oper Berlin / vlnr Kosky, Moser, Hánási © IOCO

Die Komische Oper Berlin wurde 2013  Opernhaus des Jahres. Nach Jahren  stagnierend niedriger   Besucherzahlen unter Intendant Andreas Homoki, hatte sich die Komische Oper mit ihrem neuen Intendanten Barrie Kosky vom lähmenden Mehltau ausgedienter Felsenstein-Hörigkeit befreit. Hohe Auslastung und international verkaufte Inszenierungen sind seit 2013 wieder ein  Wahrzeichen der Komischen Oper Berlin.

2014 wirkt die Titel-Vergabe der Opernwelt wenig innovativ. Die größte, reichste und schönste deutsche Oper, die Bayerische Staatsoper, räumte 2014 ab, wurde auch Opernhaus des Jahres 2014: Exzellentes musikalisches Niveau, Breite und Qualität des Spielplanes sowie der Einsatz für markante szenische Handschriften; so die offiziell genannten Gründe für diesen Titel. Der 2013 als Nachfolger von Kent Nagano, neu bestellte  Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, Kirill Petrenko, 42, wurde zum Dirigenten des Jahres gewählt. Dem Bayerischen Staatsorchester wurde der Titel Orchester des Jahres verliehen. Michael Volle wurde für seine Titelpartie in der Münchner Produktion des Wilhelm Tell zum Sänger des Jahres gekürt. Hanna-Elisabeth Müller aus dem Münchner Opernstudio wurde zur Nachwuchskünstlerin des Jahres bestimmt. Zur Aufführung des Jahres gewählt wurde Bernd Alois Zimmermanns Oper Die Soldaten, von Andreas Kriegenburg an der Bayerischen Staatsoper inszeniert. Bei so viel München-Affinität der Kritiker blieben für 100 andere Musiktheater im deutschen Sprachraum nur noch wenige Rosinen übrig.

Nationaltheater Mannheim © Hans Jörg Michel
Nationaltheater Mannheim © Hans Jörg Michel

Das Nationaltheater Mannheim stellt den Chor des Jahres und die Uraufführung des Jahres: Adriana Hölszkys Dostojewski-Oper Böse Geister. Zum Regisseur des Jahres wählen die befragten Kritker den Italiener Romeo Castellucci für seine Produktion von Orpheus und Euridike für die Wiener Festwochen und das Théatre de la Monnaie. Sehr auffällig: Bühnenbildner des Jahres wurde der Serbe Aleksandar Denic für die Ausstattung des, vorsichtig formuliert, umstrittenen Bayreuther Ring des Nibelungen gewählt. Zur Kostümbildnerin des Jahres 2014 wurde Gesine Völlm, unter anderem für ihre Ausstattung der Meistersinger der Salzburger Festspiele. Doch auch eine Zitrone wurde verliehen: Die Semperoper in Dresden verdiente sich durch eine höchst zwielichtige Kündigung des avisierten neuen Intendanten Serge Dorny (IOCO berichtete) den Titel Ärgernis des Jahres 2014.

Theater Greifswald © Vinzent Leifer
Theater Greifswald © Vinzent Leifer

Kleine Theater, ob in Stralsund oder Greifswald, ob in Hagen oder Passau, ob in Gelsenkirchen oder Linz: Bei der Titelvergabe der Opernwelt gehen sie 2014 trotz mitreißenden Produktionen leer aus. Namhafte Kritiker suchen den Glanz der Inszenierungen großer Häuser: Ganz Bertold Brecht beurteilen auch Kritiker zuallererst jene die im Lichte stehen, die Reichen, Guten, Schönen. Die im Dunkeln sahen auch sie nicht, in 2014.

IOCO / Viktor Jarosch / 08.10.2014

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