Mönchengladbach, Theater Krefeld Mönchengladbach, Don Pasquale - Gaetano Donizetti, IOCO Kritik, 02,06.2021
Theater Krefeld Mönchengladbach
Der Fliegende Holländer - Richard Wagner
Don Pasquale - Gaetano Donizetti
oder: Die Wiederauferstehung der Theater und der Corona-Geschädigten
von Viktor Jarosch
Am Donnerstag, den 27. Mai 2021, endlich, lang ersehnt, öffnete das Theater Mönchengladbach, als erstes großes Haus der Region Düsseldorf, seine Bühne für öffentliche Produktionen. Endlich, mit einer Premiere. Gaetano Donizettis gute Laune verbreitendem Klassiker, Don Pasquale, halb-szenisch inszeniert von Ansgar Weigner und der
Orchesterfassung von Avishay Shalom erlebten 190 Besucher auf der Bühne des Theater Mönchengladbach. Das Theater Krefeld, obwohl integraler Teil des Theater Krefeld Mönchengladbach folgt einige Tage später mit „halb-öffentlichen“ Produktionen.
Alle Vorstellungen beginnen um 19.30 Uhr, dauern ca. 90 Minuten und werden ohne Pausen gespielt. Wie bereits vor dem letzten Lockdown muss das Theater Mönchengladbach seine Platzkapazität stark reduzieren und konnte nur 190 Plätze pro Vorstellung anbieten. Wer einen Besuch plante, sollte wissen, dass er nur mit einem negativen Corona-Test (so-genannte „Selbsttest“ sind davon ausgeschlossen), der nicht älter als 48 Stunden seindarf, ins Theater kommen kann. Auch das unkomplizierte Testen in direkter Nachbar-schaft des Theaters ist möglich wurde angeboten.
Komik und lebensnahe Figuren, gepaart mit Donizettis kompositorischem Raffinement und ergeben eine unterhaltsame Symbiose, sie verführten in der halb-szenischen Produktion am Theater Mönchengladbach das Corona-geschundene Publikum. Die „Story“ des Don Pasqualeist zeitlos und fast so alt wie die Gattung Komödie: Alter, reicher Mann möchte junge Frau heiraten, wird dabei von seinem Umfeld genarrt und, nach sch(m)erzhaften Lektionen, schließlich zur altersgerechten Erkenntnis geführt. Der im 16. und 17. Jahrhundert beliebte Lustspielstoff des Don Paquale steht in der Tradition der Komödien von Carlo Golldoni, Molière,Ben Jonson (1572-1637), insbesondere aber der Typenkomödie der Commedia dell‘arte mit ihren typischen Figuren und Charakteren. Doch das intakte Weltbild der alten "opera buffa" galt 1843 bereits als überlebt. Donizetti komponierte seine 68ste Oper in nur zwei Wochen, und entwickelte darin die klassischen unterschiedlichen Commedia-Charaktere weiter, gab ihnen eigene psychologische Vielschichtigkeit, bereicherte es im Stile des Belcanto mit Elementen der opera seria und der Gefühlstiefe und Sensibilität der Romantik. Durch den „komischen Alten Don Pasquale“ und seiner Realitätsnähe (er ist im Grunde kein böser, nur ein alter, hilfloser Mann) und die Lebendigkeit der Handlung erhielt die schon als überholt geltende opera buffa insgesamt neues Leben.Don Pasquale wurde im Januar 1843 in Paris mit großem Erfolg uraufgeführt und belebt bis heute die Bühnen in aller Welt, wie nun im Theater Mönchengladbach.Die Handlung: Der junge Ernesto und die mittellose junge aber impulsive Witwe Norina lieben einander. Zwischen eine Ehe der beiden drängt sich jedoch Ernestos alter, reicher, geiziger und unsympathischer Erbonkel Don Pasquale, der sein Veto einlegt und sich stattdessen selbst auf Freiersfüßen begeben will. Guter Rat ist nun teuer. Dottore Malatesta, sowohl Ernestos bester Freund als auch Don Pasquales Vertrauter, schmiedet einen Plan, um den jungen Liebenden zu ihrem Eheglück sowie dem ihnen zustehenden Erbe zu verhelfen. Seine vermeintliche „Schwester“ Sofronia – in Wahrheit die verkleidete Norina – wird Don Pasquale als zickige Ehefrau untergejubelt und kann mit viel schauspielerischem Talent und der tatkräftigen Unterstützung von Ernesto und Malatesta ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.Yorgos Ziavras leitet das kleine, auf der hinteren Bühne angeordnete Orchester. Der Mangel eines Bühnenbildes und Kulissen wird durch zwei große, die Handlung begleitende, lebensfrohe Projektionen gestaltend begleitet; szenisches Arrangement Ansgar Weigner; eine Projektion im Bühnenhintergrund, welche den Bühnenraum karikierend wiedergibt; eine zweite an der Bühnenseite, welche in herrlichen Zeichnungen die Handlung beständig scherzhaft konterkariert, zum Schmunzeln anregt. Die jeweilige szenische Darstellungen des Ensemble auf der Bühne spiegelt sich so karikierend auf den Projektionen, indem dort Comic-haft die „reale“ Gedankenwelt des Don Pasquale wie der anderen Akteure gezeichnet wird (Karikaturen Peter Schmitz). Das Arrangement der so eingängigen Projektionen verbinden sich mit den vorne auf der Bühne handelnden Protagonisten zu einer Handlungs-Einheit. Salieris bekanntem Leitmotiv „Prima la musica“ folgend belohnen im Theater Mönchengladbach die schönen Stimmen des jungen Ensembles auf der Bühne, italienisch gesungen, deutsch gesprochen (so hieß es einmal, sehr deutsch :„Frauen machen sich nur so hübsch, weil die Augen der Männer besser ausgebildet sind als ihr Verstand“) den Besuch diesesDon Pasqualebei allen Beschränkungen zu einem seit Monaten vermisstem, inspirierenden Opernerlebnis, in welchem leider alle Chorszenen gestrichen waren.Don Pasquale am Theater Mönchengladbach - eine Einführung youtube Trailer des Theater Krefeld Mönchengladbach [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
In dem casual gekleideten, homogen jungen Ensemble gestaltet Hayk Deinyan (Foto oben) die Partie desDon Pasquale modern, mit seiner jederzeit sonoren, gut geführten Stimme charakterisiert er die unterschiedlichen Gemütszustände des alten Junggesellen feinnervig; nicht platt, ohne zu kalauern. Der junge Koreaner Woonggyi Lee wiederum berührt mit natürlich sicherer und romantisch tenoraler Lyrik als verliebterErnesto die Herzen der Besucher schon nach wenigen Minuten. Sophie Witte ist eine spürbar dominante, auch schauspielerisch sehr präsente Norina, alias Sofronia, welche die wunderbaren, wie auf „ihre Stimme geschriebenen Koloraturen“ durchgängig sicher meistert. Rafael Bruch passt sich, als gestaltender Dottore Malatesta, nicht als zwielichtig hinterlistiges Wesen, hervorragend in dieses szenisch moderne Arrangement am Theater Mönchengladbach ein. Robin Grünwald gestaltete die verschiedenen Partien des Notar, Diener, Faktotum glaubhaft. Der lebhafte Beifall des nur kleinen Publikums feierte selbst diese eingechränkte Aufführung des Don Paquale in doppelter Weise: als Kulturgenuß und als eine Art „Wiederaufstehung der Corona-geschädigten“! Man freut sich schon auf kommende Produktionen am Theater Krefeld Mönchengladbach.---| IOCO Kritik Theater Krefeld Mönchengladbach |---