Mainz, Staatstheater Mainz, A Midsummer Night´s Dream, IOCO Kritik, 03.06.2017
A Midsummer Night’s Dream von Benjamin Britten
Kommende Termine: 22.10.2017, 6.11.2017, 9.11.2017, 27.11.2017
Von Ljerka Oreskovic Herrmann
Im Kleinen Haus des Staatstheaters Mainz gab man zum Abschluss der (Opern)Saison Benjamin Brittens A Midsummer Night’s Dream – passend zur Jahreszeit, aber auch zu einer durchaus ambitionierten Spielzeit. Shakespeares fünfaktige Komödie ist in der musikalischen Fassung von Britten selbst auf drei reduziert worden, was der Handlung keineswegs schadete. Es ist der Vorabend der Hochzeit des athenischen Herzogs Theseus mit der Amazonenkönigin Hippolyta, die ebenso wie wir Zuschauer Platz nehmen – allerdings auf der Bühne und an einem Tisch, dass das zukünftige Tête-à-Tête der beiden vorweg nimmt. Verschieb- und aufklappbare Paravents weiten schnell die Bühne, als das Elfenkönigspaar, Oberon und Tytania, ihren Streit austragen, der bekanntermaßen zu vielen Verwicklungen führen wird. Puck, Oberons Gehilfe, und einzige Sprechrolle im Stück, hat daran gehörigen Anteil.
Überhaupt ist die Ausstattung – Sabine Kohlstedt – sehr wandlungsreich und phantasievoll, wie auch die gesamte Produktion von einer Liebe zum Detail lebt. Über allem wacht der Mond, eine große hell erleuchtete Scheibe, die sich bei den Handwerkerszenen in eine Baumscheibe mit Jahresringen wandelt und damit geschickt darauf anspielt, dass all das nicht zum ersten Mal geschieht. Die Verwicklungen der Liebe erlebt jede Generation von neuem. Die Paravents werden zum Wald, in dem sich die Paare Hermia und Lysander sowie Helena und Demetrius verirren. Aber nicht nur sie, auch Tytania wird in den Liebeswirrwarr hinein gezogen, denn Puck wird sie – wie die beiden Paaren auf Anweisung Oberons – im Schlaf mit Blütenstaub bestäuben und damit die Gefühlswallungen kräftig aufwirbeln. Er verwechselt zwar die Liebenden, aber bei der Elfenkönigin macht er es richtig, denn sie verliebt sich in das erste Geschöpf, das sie am Morgen erblickt: in den Eselskopf, den Puck Bottom angezaubert hat. Bottom gehört zu den Handwerkern, die ebenfalls im Elfenwald unterwegs sind, um das Theaterstück Pyramus und Thisbe für die Hochzeitsfeier einzustudieren. Als sie ihren verzauberten Bottom erblicken, ergreifen diese aber die Flucht. Im dritten Akt löst sich das Ganze auf, die wahren Paare finden zueinander und auch Bottom ist von seinem Eselskopf und Tytania von ihrer „Eselei“ befreit.
Insbesondere die Ausgestaltung der Handwerksszene im dritten Akt ist hervorragend gelungen und sorgt für viele Lacher. Geschickt werden hier die Paravents zu einer kleinen Bühne (auf der Bühne) mit Vorhängen von den „singenden Handwerkern“ zusammenmontiert. Theseus und Hippolyta sowie die endlich zueinander gefundenen Paare Hermia und Lysander bzw. Helena und Demetrius sind die Zuschauer dieser wunderbaren „Aufführung“ der Handwerker, die sowohl ihrem Namen als auch der gesamten Inszenierung alle Ehren machen. Alle Mitwirkenden sind exzellent besetzt und spielen mit viel Verve und Freude.
Oberon von Alin Deleanu ist ein Elfenkönig, der sich nicht gern in die Karten schauen lässt und die Zügel in der Hand haben will, wendig im Spiel wie Gesang. Wunderbare Höhen hat Tytania von Marie-Christine Haase, die nicht nur vokal eine ebenbürtige Partnerin ist. Auch die beiden Paare mit Steven Ebel als Lysander, Brett Carter als Demetrius und die beiden Damen Louise Fenbury als Hermia und Dorin Rahardja sind klug besetzt und bilden in jeder Hinsicht „schöne“ und elegant gekleidete Paare.
Und nun zu den „echten“ Helden des Abends: den Handwerkern. Sie sind herausragende und wunderbare Verkörperungen ebendieser, ihrer Fähigkeiten und vermeintlichen Attituden. Je nach Handwerk tragen sie einen grauen Arbeitsanzug, eine türkise Trainingshose und blaue Jacke oder einfach nur Jeans und Hemd. Der „zierlichste“ wird natürlich die Frauenrolle im Stück übernehmen müssen: Johannes Mayer (Blasebalgflicker Flute), was er genauso überzeugend meistert wie seine Kollegen: Derrick Ballard (mit sehr plastischen Eselskopf als Weber Bottom), Stephan Bootz (Zimmermann Quince), Georg Lickleder (Schreiner Snug), Scott Ingham (Spengler Snout) und Kyung Jae Moon (Schneider Starveling). Das Königspaar, für das der herrliche Spaß erfunden wurde, wird würdig von Ks. Hans-Otto Weiß und Catherine Garrido gegeben.
And last, but not least: Puck und die Elfen. Antonia Labs mit sehr guter englischer Diktion ist kein verschmitzter Kobold, der sich nur „königlich“ amüsiert, da er Verwirrung stiften darf, sondern auch jemand, der gerne kleine Bosheiten ausklügelt; die Schauspielerin war zudem für die Choreographie des Stückes mitverantwortlich. Die Elfen werden von Mitgliedern des Mainzer Domchors sowie des Mädchenchors am Dom und St. Quintin dargestellt und bilden in ihren liebevollen Kostümen einen ebenso wichtigen Bestandteil der Inszenierung.
Für das stimmungsvolle Licht zeichnete Sebastian Ahrens, für Video Philipp Haupt verantwortlich. Die Leitung des Mainzer Domchors und Mädchenchors am Dom und St. Quintin oblag Karsten Storck. Bei Hermann Bäumer, Generalmusikdirektor in Mainz, lag die musikalische Leitung ebenso in sicheren Händen. Brittens Musik, die für die verschiedenen Welten – den Zauberwald oder die derbere (menschliche) Handwerksszenerie – den passenden Rahmen bietet, bereitete dem Orchester offensichtlich viel Spaß und trug entscheidend zum erfolgreichen Abend bei. Niklaus Helbling ist eine temporeiche und spritzige Interpretation des Stoffes gelungen, die weniger auf Doppelbödigkeit und dunkle Seiten der Liebe setzt, als auf eine unterhaltsame und „familienfreundliche“ Inszenierung. Der große Applaus war dafür die entsprechende Belohnung, und man kann nur hoffen, dass tatsächlich viele Familien, aber nicht nur sie, den Weg in das Mainzer Theater finden werden.
A Midsummer Night’s Dream - Kommende Termine: 22.10.2017, 6.11.2017, 9.11.2017, 27.11.2017
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