Linz, Landestheater Linz, Wie im Himmel - Musical, IOCO Kritik, 27.09.2021
Wie im Himmel – über die Suche nach dem "richtigen Ton"
Kay Pollak, Carin Pollak, Frederik Kempe
von Marcus Haimerl
Mit der deutschsprachigen Erstaufführung eines Musicals nach dem schwedischen Film Wie im Himmel (Original: Så som i himmelen) startete das Landestheater Linz in die aktuelle Spielzeit.
Die Uraufführung fand am 13. September 2018 im Oscarsteatern in Stockholm statt und wurde ebenso zu einem Erfolg wie die filmische Vorlage aus dem Jahr 2004, die bei der Oscarverleihung 2005 als bester fremdsprachiger Film nominiert war.
Regisseur Kay Pollak adaptierte den Film als Schauspiel mit Musik, welches u.a. 2013 im Wiener Theater an der Josefstadt aufgeführt wurde. Was liegt also näher als aus einem Stoff über die Kraft der Musik und der Suche nach dem eigenen Ton auch ein Musical zu machen.
Das Buch zum Musical stammt von Kay Pollak und Carin Pollak, die Musik von Frederik Kempe. Von dem für die Filmmusik verantwortlichen Stefan Nilsson wurde nur Gabriellas Song übernommen, ein Lied, das sich nahtlos in die emotionale Handlung über die Liebe und Schwächen von Menschen in einem nordschwedischen Dorf einfügt.
Musikalisch bewegt sich Frederik Kempe zwischen typischen Musicalnummern, Tangorhythmen und ein das Musical durchziehendes Motiv, das an das
Die Handlung dreht sich um den schwedischen Stardirigenten Daniel Daréus, der mit Mitte dreißig während eines Konzertes einen Herzinfarkt erleidet und in den Ort seiner Kindheit, das Dorf Ljusåker, zurückkehrt. Nach einer Probe des Kirchenchores bittet Daniel Pfarrer Stig
,ihm die vakante Kantorenstelle zu überlassen, mit der auch die Leitung des Kirchenchores verbunden ist. Die Chormitglieder haben anfänglich Schwierigkeiten mit den unkonventionellen Methoden Daniels, die vor allem beim Pfarrer auf wenig Verständnis stoßen. Als schließlich auch der geistig behinderte Tore in den Chor aufgenommen wird, finden allmählich alle ihren einzigartigen Ton. Auch die Einzelschicksale der Mitglieder des Laienchors fordern Daniel. Immer wieder wird Gabriella von ihrem brutalen Ehemann Conny gewaltsam aus den Chorproben geholt. Der Besitzer des Dorfladens Arne macht sich so lange über den dicken Holmfrid lustig („Der Speck bewegt sich“), bis dieser schließlich tobt. In dieser Situation beginnt Gabriella zögerlich das Lied zu singen, das Daniel für sie komponiert hat (Gabriellas Lied). Das Frühjahrskonzert wird für sie und den Chor zum Triumph.
Arne verkündet nach dem Konzert, er habe den Chor zu einem Chorwettbewerb in Wien angemeldet. Gabriella kommt, erneut von ihrem Ehemann verprügelt, zum Fest und besteht darauf, dass weiter gefeiert wird. Siv, die zuvor den Chor geleitet hatte, berichtet Pfarrer Stig von „Sodom und Gomorrha“ im Gemeindehaus.
Als seine Frau Inger nach Hause kommt, beschuldigt er sie der Sünde. Sie konfrontiert ihn mit erotischen Heften, die Stig schon lange vor ihr versteckt. Trotz der gemeinsamen Liebesnacht steht die Ehe der beiden auf der Kippe. Im Schulhaus, in dem sich Daniel Daréus eingemietet hat, zeigt Lena, ebenfalls im Chor, ihm einen Engel, den ihr Großvater an eine Wand gemalt hat. Jeder Mensch habe Engelsflügel und Daniel müsse keine Angst haben: „Es gibt keinen Tod.“
In der Kirche verkündet Stig die Entlassung Daniels, doch stellt sich ihm der ganze Chor entgegen. Auch Conny scheitert am gesanglichen Wall des Chores, als er Gabriella die Reise nach Wien verbieten will. Conny schlägt jedoch Daniel zusammen, als dieser sich auch noch als ehemaliger Schulkamerad zu erkennen gibt. Gabriella zeigt endlich ihren Mann bei der Polizei an und der Chor reist nach Wien, wo es Daniel schließlich gelingt, Lena seine Liebe zu gestehen. Der Chor bemerkt kurz vor seinem Auftritt das Fehlen der beiden. Daniel hat jedoch einen zweiten, tödlichen Herzinfarkt erlitten. Tore beginnt auf der Bühne zu singen, alle stimmen ein. Es entsteht ein Gewebe aus Tönen – alles sind in der Musik vereint.
Regisseur Matthias Davids setzte die Handlung ebenso spannend wie kurzweilig um und konnte mit einer präzisen Personenführung punkten. Mathias Fischer-Dieskau sorgt mit drei dreh- und verschiebbaren Kulissenteil für rasante Szenenwechsel und
sorgtmit Videoeinspielungen für eine passende Stimmung.
Der gebürtige Schwede Mathias Edenborn ist ein stimmgewaltiger Daniel Daréus, der auch der Figur des Dirigenten Tiefe zu verleihen mag. Celina dos Santos überzeugt stimmlich und darstellerisch als Lena, die beinahe engelsgleich einen Ruhepol des Stücks bildet. Judith Jandl berührt in ihrer Darstellung der misshandelten Gabriella, die sich mit ihren Kindern dank des Chores und der Kraft der Musik von ihrem gewalttätigen Ehemann befreien kann. Ohne Zweifel ist das von ihr intensiv und leidenschaftlich vorgetragene Gabriellas Lied einer der Höhepunkte des Abends. Gernot Romic begeistert als Ladenbesitzer Arne und beweist bei seinem Lied Frag einfach Arne auch Humor. Besonders beeindruckend ist auch Hanna Kastner, die der bigotten Siv Profil verleiht. Intensiv und facettenreich ist Daniela Dett als Inger, der Frau des Pfarrers sowohl gesanglich als auch in der Darstellung. Karsten Kenzel als engstirniger Pfarrer Stig überzeugt nicht nur in seiner eindringlichen Interpretation, sondern kann vielmehr auch durch seine gewaltige Stimme begeistern.
Auch die kleineren, aber dennoch bedeutenden Rollen sind hervorragend besetzt., Sebastian von Malfèr als gewalttätiger Conny, Birgit Zamulo als liebenswerte, großherzige Olga auf der Suche nach einem Lebenspartner, Robert G. Neumayr als eher schüchterner Holmfrid, Lukas Sandmann als liebenswerter Tore, sowie der Rest des Ensembles: Will Mason (Erik), Nina Weiß (Amanda), Tina Schöltzke (Florence), Hannah Moana Paul (Daniels Mutter/Jannike), Joel Parnis (Arzt/Finn), Peter Andreas Landerl (Agent/Dag) sowie Gabriel Federspieler als kleiner Daniel und Stephan Deinhammer als junger Daniel, beide an der Violine.
Großartige Leistung auch seitens des Extrachors des Landestheaters Linz, sowie Juheon Han für die musikalische Leistung. Mit viel Jubel zeigte das bewegte Publikum seine Begeisterung für die Künstler, aber auch die zur Premiere angereisten Kay und Carin Pollak, sowie einen gelungen Saisonstart.
---| IOCO Kritik Landestheater Linz |---