Linz, Landestheater Linz, Premiere LA ROSINDA von FRANCESCO CAVALLI, 16.09.2017
LA ROSINDA von FRANCESCO CAVALLI
Text von Giovanni Faustini | In italienischer Sprache mit Übertiteln Eine Produktion des Oberösterreichischen Opernstudios, Kooperation mit dem Institut für Alte Musik der Anton Bruckner Privatuniversität
Premiere Samstag, 16. September 2017, 20.00 Uhr, BlackBox Musiktheater(19.30 Uhr Einführung in der BlackBox Lounge), weitere Vorstellungstermine: 19., 21., 23., 26., 28., 30. September; 2. Oktober 2017
Der venezianische Komponist Francesco Cavalli komponierte im 17. Jahrhundert Opern, in denen große Emotionen auf derb Schwankhaftes, Liebe auf Hass, Vernunft auf Wahnsinn, Magisches auf Realistisches treffen. Somit sind seine Werke so prall wie das Leben selbst. Das kann man La Rosinda erfahren, wenn zwei verliebte Zauberinnen mit allen Mitteln um denselben Mann kämpfen. Magische Tränke, Riesen, Raserei, Hexen, Zwerge – all dies trägt mit dazu bei, dass sich die Gefühlsverwirrungen von Rosinda, Nerea und Clitofonte zum anteilnehmenden Vergnügen des Publikums immer mehr steigern.
Zum Stück LA ROSINDA
Das englische Theater hatte im Frühbarock einen William Shakespeare, die italienische Oper hatte in dieser Zeit Claudio Monteverdi und seinen Schüler und Kollegen Francesco Cavalli: Wie der große Dramatiker, so schufen auch diese beiden Komponisten Werke, in denen überbordende Emotionen auf derb Schwankhaftes, Liebe auf Hass, Vernunft auf Wahnsinn, Jung auf Alt, Magisches auf Realistisches treffen. Mit anderen Worten: Ihre Werke sind so prall wie das Leben selbst.
Das kann man auch in Cavallis La Rosinda erfahren, wenn man Zeuge wird, wie eine Königin und eine Prinzessin mit allen Mitteln um denselben Mann kämpfen. Zaubertränke, Riesen, Raserei, Hexen, Zwerge – all dies trägt mit dazu bei, dass sich die Gefühlsverwirrungen von Rosinda, Nerea und Clitofonte zum anteilnehmenden Vergnügen des Publikums immer mehr steigern. Kontrastiert werden diese Figuren, denen in ihrer Liebespein nachgerade tragische Dimensionen zukommen, durch wahrhaft drollig-komische Szenen der Diener, die mit ihren Späßen den Unterhaltungsfaktor der Oper nochmals erhöhen. Cavalli kleidet diese ebenso wilde wie anrührende Geschichte in eine bohrend-emotionale Klangsprache, die auch mit einem Abstand von über 350 Jahren noch durch ihre Frische und Direktheit für sich einnimmt.
Bei Cavallis La Rosinda gibt es mehrere Momente, bei denen die Grenzen zwischen der Virtualität der gezeigten Vorgänge und der Wirklichkeit der konkreten Aufführung ineinanderfließen. Man denke nur daran, dass bereits die noch junge Oper eine Vorliebe hatte für Geschichten, in denen Zauberinnen und Magie eine Rolle spielen. Dabei sollte man sich auch immer vor Augen führen, dass gerade im 17. Jahrhundert nicht nur die Oper ihre erste Blüte erlebte, sondern auch – zumindest nördlich der Alpen – die Hexenprozesse, was Zahl und Brutalität angingen, einem traurigen Höhepunkt zustrebten. Zauberei und Magierinnen waren also gar nicht so weit entfernt von der Realität des damaligen Publikums, wie man es aus der aufgeklärten Perspektive des 21. Jahrhunderts denken möchte. Freilich interessierte die italienische Oper des 17. Jahrhunderts weniger die in realen Prozessen unschuldig verurteilten Frauen als vielmehr sagenumwobenem fiktive Zauberinnen. Dabei waren es vor allem drei Magierinnen, die es den Librettisten und Komponisten derart angetan haben, dass sie ihnen in unzähligen Werken ihre Reverenz erwiesen. Die Rede ist dabei von der aus Homers Odyssee bekannten Zauberin Circe, von Armida, die in Torquato Tassos (1544 - 1595) berühmten Epos Il La Gerusalemme liberata (Das befreite Jerusalem) ihre magischen Künste unter Beweis stellt, und von Alcina, der Ludovico Ariosto in seinem nicht weniger gepriesenen Epos Orlando furioso (Der rasende Roland) ein literarisches Denkmal gesetzt hatte. Nerea ist zwar eine von dem Rosinda-Librettisten Giovanni Faustini erfundene Gestalt, die aber natürlich in der Tradition der drei genannten Magierinnen steht. Es war die von diesen Zauberinnen ausgehende Kraft der Verführung, der Opernhelden wie Rinaldo, Ruggero oder eben Thisandro und Clitofonte zum Opfer fallen, die die Komponisten so reizte. Denn hier bilden eben Inhalt und Form eine Einheit. Denn so wie die Zauberinnen die widerstrebenden Männer durch ihre magischen Künste und ihre Anmut verführen, so betörte auch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die neue Kunstform der Oper ihr Publikum. Und von dieser magischen Faszinationskraft hat das Musiktheater bis heute nichts eingebüßt.
Die BLACKBOX in Linz
Die BlackBox im Musiktheater ist ein Spielort, der für die Inszenierungsteams, die für diesen Raum Produktionen erarbeiten, einige Verlockungen bereithält. So ist die BlackBox eigentlich darauf ausgerichtet, dass man die Raumaufteilung, die Platzierung des Publikums oder die Anordnung von Bühne und Orchester für jede Premiere neu definiert. Allerdings ist diese Idealvorstellung im normalen Repertoirealltag des Theaters nur schwer zu realisieren, da sie die personellen Kapazitäten der Bühnentechnik übersteigt. Deshalb musste in der Vergangenheit leider darauf verzichtet werden, die BlackBox an jedem Abend neu umzubauen.
Um den Raum ab der Spielzeit 2017/2018 künstlerisch besser nutzen zu können, wird der Vorstellungsbetrieb in der BlackBox neu organisiert: Statt der bisherigen Repertoirebespielung wird in der BlackBox nun das so genannte Stagioneprinzip eingeführt. Während im Repertoiresystem über einen längeren Zeitraum unterschiedliche Stücke abwechselnd gespielt werden, präsentiert das Stagioneprinzip exklusiv ein Werk mit möglichst vielen Aufführungen in einem kurzen Zeitraum. Die Kapazitäten der BlackBox können so zum Vorteil des Publikums künstlerisch optimal genutzt werden.
ANNE MARIE DRAGOSITS - MUSIKALISCHE LEITUNG
Anne Marie Dragosits wurde 1974 in Tirol geboren, sie studierte Cembalo bei Wolfgang Glüxam an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien und bei Ton Koopman und Tini Mathot am Koninklijk Conservatorium Den Haag. Sie besuchte Generalbasskurse bei Lars Ulrik Mortensen und Jesper Christensen.
Sie tritt als Solistin und als begehrte Continuospielerin in ganz Europa auf und spielt regelmäßig mit Kammermusikformationen wie vivante, les sentimens, musica alchemica, Barocksolisten München oder l’Arcadia sowie mit Orchestern wie barucco, l’Orfeo Barockorchester, Capella Leopoldina, Marini Consort Innsbruck oder Camerata Salzburg.
Ihr Ensemble vivante gewann im Mai 2005 den ersten Preis beim J.H.Schmelzer Wettbewerb der Internationalen Barocktage Stift Melk, seitdem spielte vivante bei wichtigen europäischen Festivals wie den Resonanzen im Wiener Konzerthaus, beim Festival van Vlaanderen Brugge, der Residenzwoche München, Rheinvokal, Itinéraire baroque oder in der Villa I Tatti in Florenz. 2014 war vivante u.a. zu Gast beim Utrecht Festival oder im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, 2015 begann für das Ensemble mit einem Kapsperger-Konzert bei den Resonanzen.
Im Juni 2017 eröffnete vivante & concerto delle dame im Schloss von Gesualdo / Avellino die neue Dauerausstellung mit Nachbauten der Instrumenten von Carlo Gesualdo, Principe di Venosa – rekonstruiert nach einem im Archivio Segreto Vaticano entdeckten Inventar.
Sie unterrichtet Cembalo auf Meisterkursen wie zum Beispiel für die Trigonale / Kärnten (seit 2010), Aestas musica in Varazdin (seit 2012), am Real Conservatorio Superior de Música de Madrid (2008), dem Conservatoire National Régional in Paris (2007) und an den Musikakademien Belgrad (2009 und 2014) oder Warschau (2013). Regelmäßig korrepetiert sie bei Meisterkursen und Wettbewerben, wie bei den Festwochen der Alten Musik Innsbruck, den Internationalen Tagen für Alte Musik Weinberg, der Akademie für Alte Musik Bruneck, dem Internationalen Wettbewerb für Alte Musik in Brunnenthal oder am Mozarteum Salzburg.
Anne Marie Dragosits schloss im Dezember 2012 ihr künstlerisches Doktorat über „Giovanni Girolamo Kapsperger (ca.1581-1651): Betrachtungen zu seinem Leben und Umfeld, seiner Vokalmusik und seinem praktischen Material zum Basso continuo-Spiel“ im Rahmen des Programms docARTES in Holland / Belgien ab. Eine Revision des biographischen Teils ist in Arbeit und wird 2018 mit zusätzlichen neuen Informationen in Buchform erscheinen.
Sie spielt ein zweimanualiges frankoflämisches Cembalo nach Ruckers von Titus Crijnen, Amsterdam 2000, und ein italienisches Cembalo nach Vorbildern des frühen siebzehnten Jahrhunderts von Gianfranco Facchini, Ravenna 2007.
GREGOR HORRES - INSZENIERUNG
Der deutsche Regisseur Gregor Horres studierte zunächst Kunstgeschichte. 1991 wurde er Assistent von Karl Kneidel und Gerd Heinz am Staatstheater Darmstadt und wechselte mit diesem Team 1993 nach Freiburg, wo er begann, selbst Regie zu führen.
1998 wurde er Oberspielleiter des Theaters Bielefeld. In dieser Zeit inszenierte er unter anderem Orpheus und Eurydike (Gluck), Hänsel und Gretel (Humperdinck), Die Meistersinger von Nürnberg (Wagner), Rusalka (Dvo?ák), Carmen (Bizet) und Die Zauberflöte.
Als Gastregisseur war er bei den Freilichtspielen Tecklenburg (Benatzky: Im Weißen Rössl), an der Oper Ljubljana, Slowenien (Ullmann: Der Kaiser von Atlantis), an den Vereinigten Bühnen Mönchengladbach-Krefeld (Rihm: Oedipus) und bei den Opernfestspielen Savonlinna, Finnland (Offenbach: Les Contes d’Hoffmann).
Als freier Opernregisseur inszenierte er ab der Spielzeit 2005/2006 La Traviata (Verdi), Der Kreidekreis (Zemlinsky), Einstein (Dessau) und Un ballo in maschera (Verdi) an verschiedenen deutschen Bühnen.
In den letzten Jahren kamen dazu: Manon Lescaut (Puccini) in Regensburg, Lucia di Lammermoor (Donizetti) in Biel, Der fliegende Holländer (Wagner) und Die Frau ohne Schatten (R. Strauss) in Mannheim, Rigoletto und La Traviata (Verdi) in Hagen, Wozzeck (Berg) und Andrea Chénier (Giordano) in Innsbruck, L’italiana in Algeri (Rossini) in Dortmund, Das Gesicht im Spiegel (Jörg Widmann) an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf, Pique Dame (Tschaikowsky) in Erfurt, Tosca (Puccini) in Bremerhaven und L’Africaine (Meyerbeer) in Würzburg, Selma Jezková (Dancer in the dark - von Poul Ruders), La Bohème am Staatstheater in Schwerin, Don Quichotte von Massenet und Fidelio am Stadttheater Hagen, Gegen die Wand von Ludger Vollmer an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf sowie Cimarosas Der Operndirektor in Lübeck.
2015/2016 inszeniert er Die lustigen Weiber von Windsor in Würzburg und Der Rosenkavalier in Hagen.
Seit Oktober 2008 unterrichtet er szenische Gestaltung an der Hochschule für Künste in Bremen. Ab der Spielzeit 2016/2017 ist Gregor Horres Leiter des Oberösterreichischen Opernstudios am Landestheater Linz.
JAN BAMMES - BÜHNE UND KOSTÜME
Jan Bammes wurde in Freital/Sachsen geboren und studierte in Dresden an der Hochschule für bildende Künste Bühnen- und Kostümbild bei Prof. Werz. Sein erstes Engagement hatte er an den Städtischen Bühnen Magdeburg als Bühnen- und Kostümbildner. Weitere Stationen waren u. a. Halle/Saale und Potsdam. Anschließend übernahm er die Ausstattungsleitung am Landestheater Schwaben/Memmingen. Dort gewann er den Bayerischen Förderpreis für die Ausstattung zur Produktion Amphytrion. In der Saison 1997/1998 wechselte er in derselben Position an die Städtischen Bühnen Osnabrück. Seit der Spielzeit 2007/2008 ist er Ausstattungsleiter am Theater Hagen. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem Regisseur Gregor Horres, mit der u. a. am Tiroler Landestheater Innsbruck, in Schwerin und Hagen arbeitete.
Besetzung: Nerea, Königin von Corcira, Geliebte des Clitofonte - Fenja Lukas, Rosinda, Prinzessin von Corinto, geliebt von Thisandro und verliebt in Clitofonte - Julia Grüter; Clitofonte, Fürst von Creta, entflammt für Rosinda - Xiaoke Hu; Rudione,Rosindas Knappe Rastislav Lalinsky; Thisandro, Fürst von Argo, verratener Liebhaber Rosindas - Justus Seeger, Plutone Nikolai Galkin, Proserpina Ilia Staple; Vafrillo, Page der Nerea Onur Abaci; Cillena Aurilla, Zofe der Nerea Isabell Czarnecki; Meandro, Magier, Nereas Erzieher Nikolai Galkin; Ein Instrumentalensemble Boyana Mayhalovska* (Barockvioline), Nina Pohn* (Barockvioline), Eva Mizerova* (Blockflöte), ........
Musikalische Leitung Anne Marie Dragosits, Inszenierung Gregor Horres, Bühne und Kostüme Jan Bammes, Dramaturgie Christoph Blitt. PMLThLi