Lilienfeld, Stiftsbasilika, Fidelio - Ludwig van Beethoven, IOCO Kritik, 28.07.2021
Fidelio - Ludwig van Beethoven
- Freiheitsklänge erfüllen die Stiftsbasilika Lilienfeld -von
Marcus HaimerlZur Eröffnung der 40. Sommerakademie 28Lilienfeld wurde Ludwig van Beethovens Oper Fidelio in der Stiftsbasilika Lilienfeld halbszenisch aufgeführt. Nach zweimaliger Corona-bedingter Verschiebung konnte doch noch der 250. Geburtstag des Komponisten in Lilienfeld nachgefeiert werden.
Das Zisterzienserstift Lilienfeld, zwischen St. Pölten und dem Wallfahrtsort Mariazell gelegen, geht auf eine Stiftung von Herzog Leopold VI. (1176-1230) aus der Familie der Babenberger zurück. Sie ist heute die größte erhaltene zisterziensische Klosteranlage in Mitteleuropa und beherbergt eine kostbare Kreuzesreliquie.
Die zwischen 1202 und 1263 errichtete romanisch-gotische Kirche gehört mit ihren 83 Metern Länge zu den größten Kirchen Niederösterreichs, die Innenausstattung stammt aus der Barockzeit. Das Stift liegt an der Via Sacra, dem traditionellen Wallfahrerweg zwischen Wien und Mariazell, weshalb das Hauptschiff als heilige Straße gestaltet ist, welche Richtung Hochaltar mehr und mehr an Goldglanz zunimmt.
Im beeindruckenden Bereich dieses Hochaltars wurde die einzige, jedoch zwei Mal überarbeitete Oper Beethovens in Szene gesetzt. Man entschied sich für die 1814 am Kärtnertortheater uraufgeführte Drittfassung und behielt auch die auf angenehme Länge gekürzten Originaldialoge bei. Die Regie dieser halbszenischen Inszenierung von Beethovens Oper über Freiheit und Gattenliebe, welche auch mit wenigen Requisiten auskam, wurde von den Künstlern selbst erarbeitet. Die Gesamtleitung lag in den Händen der überaus bewährten Dir. Prof. Mag. Dr. h.c. Karen De Pastel. Die unter anderem mit dem Ehrenzeichen in Gold der Stadt Lilienfeld (2019) und dem Ehrenkreuz in Gold vom Stift Lilienfeld (1999) ausgezeichnete Organistin, Komponistin und Geigerin arbeitet seit 2001 mit dem KünstlerOrchester Wien / Lilienfeld und dirigierte neben Kompositionen verschiedenster Epochen fast alle großen Beethoven-Werke in Lilienfeld und Wien.
In der Partie des Fidelio, beziehungsweise Leonore brillierte Magdalena Renwart-Kahry, die eben diese Partie bereits im Rahmen ihres Engagements an der Opera di Firenze mit Zubin Mehta erarbeiten konnte und verkörperte diese Partie sowohl in der Premierenserie im Stadttheater Baden als auch in der Oper Burg Gars. Magdalena Renwart-Kahry verfügt über einen schönen, intensiven Sopran mit kraftvoller Höhe und gestaltete die kämpferische, liebende Ehefrau zutiefst berührend. Ihre Arie Abscheulicher, wo eilst Du hin zählte ohne Zweifel zu den Höhepunkten des Abends.
Der slowenische Tenor David Jagodic sang ihren Gatten Florestan mit der Strahlkraft seines klaren, jugendlichen Tenors und meisterte seine Arie Gott! Welch Dunkel hier! mit Leichtigkeit und harmonierte auch wunderbar mit seiner Leonore Magdalena Renwart-Kahry im Duett O namenlose Freude.
Als ihren Gegenspieler, den Gefängnisgouverneur Don Pizarro erlebte man den charismatischen Bassbariton Florian Pejrimovsky, den das Wiener Publikum bereits in Rollen wie Giorgio Germont, dem Rigoletto oder Scarpia in Puccinis Tosca kennengelernt hat. Die Partie des Don Pizarro gestaltete Florian Pejrimovsky nicht nur in seiner Darstellung abgrundtief böse, vielmehr konnte er auch mit seinem dunklen Bassbariton stimmlich überzeugen.
Auch der österreichische Bass Josef Ruppert konnte das Publikum als Rocco beeindrucken. Mit seiner unglaublich tiefen, kräftigen und vollen Bassstimme gestaltete er die Partie des zwischen Pflicht und Mitgefühl zerrissenen Kerkermeisters. Als seine Tochter Marzelline überzeugte die polnische Sopranistin Izabela Kopec. Mit Leichtigkeit erstrahlte ihr heller Sopran, aber auch darstellerisch wußte sie zu begeistern und verstand mit ihrer Mimik und einer wohldosierten Portion Humor dieser Rolle Profil zu verleihen.
Als Jaquino hörte man den jungen koreanischen Tenor Namil Kim, der bereits den Alfredo Germont in der Krypta der Wiener Peterskirche sang.
Besonders beeindruckend ist die Leistung des Wiener Baritons Philip Landgraf als Minister Don Fernando. Mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz und seinem kräftigen, schönen Bariton wurde das Finale der Oper zu einem weiteren Glanzstück des Abends.
Als Wachsoldaten, Staatsgefangene und Volk agierte der Projektchor Wien/Lilienfeld, welcher im Finale als gemischter Chor erst richtig aufblühte. Eine bemerkenswerte Leistung auch von Alexander Blechinger (Erster Gefangener) und Josef Krenmair (Zweiter Gefangener).
Professor Werner Hackl leitete das KünstlerOrchester Wien/Lilienfeld, welches unter seinem dynamischen Dirigat zu Höchstform auflief. Bedauerlicherweise machte es die Akustik der Kirche den Sängern nicht leicht, gegen das Orchester anzusingen. Schon nach dem Ende der Oper zeigte sich das anwesende Publikum in der ausverkauften Kirche von dem Abend zu Recht begeistert. Als Zugabe wurde das Publikum nicht nur mit der Ode an die Freude aus Beethovens 9. Sinfonie verwöhnt, sondern erhielt auch die Möglichkeit mitzusingen, was jedoch wahrscheinlich teils aus Ehrfurcht vor der zuvor dargebotenen Sangeskunst teils sicherlich auch aus dem Wunsch, diesen besonderen, emotionalen Ausklang des Abends voll genießen zu können, kaum angenommen wurde.
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