Krefeld, Theater Krefeld - Mönchengladbach, My fair Lady - Musical mit antiken Wurzeln, IOCO Kritik, 28.01.2016
Theater Krefeld Mönchengladbach
My Fair Lady: Musical mit antiken Wurzeln
In Buch 10 seiner Metamorphosen beschreibt der altrömische Dichter Ovid (43 vChr - 17 nChr) den Bildhauer Pygmalion, der sich die Frau seiner Wünsche und Träume aus Elfenbein schuf. Venus, die römische Göttin der Liebe, hauchte diesem Wunschgebilde Leben ein und verhilft Pygmalion so zu irdischem Eheglück. Literatur-Nobelpreisträger George Bernard Shaw (1856 - 1950) übernahm das Sujet und schuf 1913 daraus die neuzeitliche Komödie Pygmalion. Professor Higgins, ein schrulliger, angesehener Sprachprofessor, möchte darin das einfache Blumenmädchen Eliza nach seinen Vorstellungen zur Dame formen, sie Sprache, Sitten, Anstand der feinen Leute lehren.
1956 formte Frederick Loewe aus Pygmalion das Musical My fair Lady. In New York wurde es damals mit Julie Andrews und Rex Harrison zum Welterfolg. Unzählige Inszenierungen folgten. My fair Lady ist auch heute noch populär, doch setzt es inzwischen leicht nostalgische, antiquarische Züge an. Der dominante Sprachbezug wirkt gelegentlich überholt. My fair Lady jung und frisch auf die Bühne zu bringen ist so die Aufgabe heutiger Regisseure. Roland Hüve schafft im Theater Krefeld eine klassisch persiflierende Inszenierung in deutscher Sprache. Eine Drehbühne (Bühne und Kostüme Okarina Peter, Timo Dentler) wird zum treibenden Element von Handlung wie der wunderliche Beziehung zwischen Higgins und Eliza macht. Eine Trennwand halbiert die aufwendig genutzte Drehbühne, gelungene Tanzeinlagen begleiten die Solisten, eine übergroße Spieluhr kündigt karikierend die kommende Handlung. Mit verballhornenden altenglischen Kostümen und vielseitiger, wenn auch zuweilen wenig enger Personenführung (Ulrike Aistleitner) ist My fair Lady im Theater Krefeld eine mitnehmend unterhaltsame Inszenierung.
Das große Ensemble des Theater Krefeld ist bestens disponiert und erprobt: Susanne Seefing wandelt sich als Eliza Doolittle makellos vom einfachen Marktmädchen und treffend berlinerischer Gossensprache („es grient so grien“) zur gepflegten Gesellschaftsdame, bei der es nur noch „grünt, so grün“. Markus Heinrich, der verschrobene Professor Higgins, welcher Menschen über deren Sprache definiert, vollführt die „Umwidmung“ von Eliza vom Blumenmädchen zur Gesellschaftsdame voll spürbar hohler Egozentrik. So kommt es zum Ende wie es kommen muss: Eine selbstbewusst gewordene Eliza wirft ihre Pantoffel nach einem verunsicherten Higgins, verlässt ihn, um sich zum Ende, gleichberechtigt, mit ihm wieder zu versöhnen. Thomas Peter ist der zurückgenommene Oberst Pickering und Wettpartner von Higgins, während Hayk Deinyan als Alfred Doolittle, Elizas Vater, seine Partie des Trunkenboldes mit krachendem Humor und viel Beifall darstellt. Andreas Fellner und die Niederrheinischen Sinfoniker zeigten: Wir können Musical ! Sind spritzig!
Die Lied-Klassiker „Ich hätt getanzt heut Nacht“, „Bring mich pünktlich zum Altar“ oder „War dat nich wunderscheen“, "Es grünt so grün”, “Ich hätt‘ getanzt heut‘ Nacht” summen noch heute im Ohr. Das Publikum im ausverkauften Theater Krefeld klatschte begeistert.
IOCO / Viktor Jarosch / 28.01.2016
Weitere Vorstellungen von My fair Lady im Theater Krefeld: 4.2.2016; 13.2.2016; 27.2.2016; 4.3.2016; 23.3.2016; 3.4.2016; 21.4.2016.
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