Klagenfurt, Stadttheater Klagenfurt, TOSCA – Giacomo Puccini, IOCO

Regisseur Immo Karaman bemüht sich, das von Puccini in Tosca herausgearbeitete Spannungsfeld zwischen Fiktion und Realität sichtbar zu machen.

Klagenfurt, Stadttheater Klagenfurt, TOSCA – Giacomo Puccini, IOCO
Stadttheater Klagenfurt © Stadttheater Klagenfurt / Helge Bauer

von Marcus Haimerl

 Giacomo Puccinis Oper Tosca gehört zu den bekanntesten und meistgespielten Werken des Verismo und zählt auch im Stadttheater Klagenfurt zu den am häufigsten aufgeführten Opern. Das Libretto basiert auf dem Drama La Tosca (1887) des Dramatikers Victorien Sardou, der dieses Werk für die Schauspielerin Sarah Bernhardt geschrieben hat. Giacomo Puccini sah das Stück 1889 in Mailand und erkannte das Potential für eine Oper. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, ehe Puccini die Rechte für die Bearbeitung von La Tosca erhielt. Der Verleger Giulio Ricordi hatte zunächst überlegt, das Stück anderen Komponisten wie Alberto Franchetti anzubieten. Dieser hatte schon begonnen an der Vertonung zu arbeiten, ehe ihn Ricordi überreden konnte, das Projekt aufzugeben. 1895 konnte Puccini schließlich die Rechte erwerben und begann mit der Arbeit an Tosca. Für das Libretto arbeitete Puccini mit seinen bewährten Librettisten Luigi Illica und Giuseppe Giacosa zusammen, die bereits das Libretto für La Bohème und später auch die Texte für Madama Butterfly schrieben. Illica übernahm die Aufgabe die Handlung des Dramas zu straffen und in die typische Opernstruktur zu überführen. Giacosa sorgte für die Ausarbeitung der poetischen Texte. Zu den größten Herausforderungen zählte es, die komplexe Handlung und die historische Tiefe des Stücks in ein operntaugliches Format zu übertragen, ohne die Dramatik und die psychologischen Feinheiten zu verlieren.  1896 begann Puccini mit der Komposition. Geprägt von Puccinis akribischer Herangehensweise, zog sich die Arbeit über mehrere Jahre hin. Als besonders wichtig erachtete Puccini, dass die Musik die dramatische Spannung des Stücks verstärkt und die Emotionen der Figuren intensiv zum Ausdruck bringt. Puccinis Kompositionsstil in Tosca ist typisch für den Verismo, zeichnet sich aber auch durch die Verwendung von Leitmotiven aus, die bestimmten Themen oder Figuren zugeordnet sind. Gleichzeitig bleibt er aber immer dem italienischen Belcanto-Stil treu, der durch beeindruckende emotional aufgeladene Arien und Duette geprägt ist. Die Handlung spielt in Rom im Jahr 1800 während der napoleonischen Kriege und der kurzlebigen römischen Republik. Diese historische Kulisse war bereits in Sardous Originalstück vorhanden und verleiht der Oper einen zusätzlichen dramatischen Hintergrund. Die Oper behandelt Themen wie politische Unterdrückung, Machtmissbrauch, Verrat und Oper, die Puccini geschickt in eine packende musikalische Erzählung eingebettet hat. Tosca spielt im Rom des Jahres 1800 und erzählt die dramatische Geschichte der Sängerin Floria Tosca, ihres Geliebten, des Malers Mario Cavaradossi, und des tyrannischen Polizeichefs Baron Scarpia. Cavaradossi hilft einem politischen Flüchtling, was ihn ins Visier Scarpias bringt. Scarpia begehrt Tosca und nutzt Cavaradossis Verhaftung, um sie zu erpressen. Tosca willigt ein, um Cavaradossi zu retten und tötet schließlich Scarpia. Ihr Plan geht jedoch nicht auf und sie stürzt sich am Ende, von Verrat und Verzweiflung getrieben, in den Tod.

Shelley Jackson (Floria Tosca) ©KhFessl

Tosca wurde am 14. Januar 1900 im Teatro Costanzi in Rom uraufgeführt. Die Premiere war ein großer Erfolg, wurde jedoch in den ersten Rezensionen, besonders wegen der intensiven, brutalen Handlung und der engen Verbindung zwischen Politik, Religion und Gewalt, kontrovers aufgenommen. Einige Kritiker empfanden das Werk als sensationell, wohingegen andere die Brutalität und den Mangel an melodischer „Schönheit“ beklagten. In Italien wurde Tosca zunächst als Verfall der Oper kritisiert, da Puccinis Werk weniger Wert auf klassische Opernformen legte und stattdessen auf emotionale Direktheit und Dramatik setzte. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Meinung jedoch drastisch und Tosca wurde immer mehr als Meisterwerk der dramatischen Oper angesehen. Auch die anfängliche Kritik, dass Puccinis Musik zu sentimental oder melodramatisch sei, ist mittlerweile weitgehend verschwunden. Besonders die Figur des Scarpia hat in der modernen Interpretation als vielschichtiger Antagonist stark an Bedeutung gewonnen, ebenso wie Tosca als eine von Puccinis stärksten und unabhängigsten weiblichen Hauptrollen.

 Tosca zwischen Fiktion und Realität