Kiel, MAX Nachttheater, MEHNERSMOOS - das Rap Duo

Das Rap Duo Mehnersmoss und ihre Fanbasis wirken eher skurril. Nicht auf verstörende Art und Weise, sondern auf eine seltsam prollige, haudrauf Art. Hierfür verschlug es mich im Dezember  2023 nach Kiel in das MAX Nachttheater,

Kiel, MAX Nachttheater, MEHNERSMOOS - das Rap Duo
MEHNERSMOOS, das Rap-Duo @ Wikimedia commons

Das Duo MEHNERSMOOS - die Künstler Frederik Moos und Tobias Mehner - rappen in Kiel

von Falk Rasokat

Wo und wer?

Und wieder war es einmal so weit, mich in ein neues Umfeld von Musik hinein zu katapultieren. So verschlug es mich im Dezember  2023 nach Kiel in das MAX Nachttheater, welches primär nicht nur eine gute Örtlichkeit für Bandauftritte, sondern auch einen der bekanntesten Nachtclubs der Holstenstadt tom Kyle darstellt, welchem ich wohl zugegebenermaßen den einen oder anderen Tag, die ein oder andere Nacht, besonders aber den einen oder anderen Morgen und Vormittag schulde. Tatsächlich war mir die spielende Band zwar bekannt, aber auch nur von 1-2 Liedern, die ich einmal hier oder dort hörte. Auf den Auftritt aufmerksam wurde ich durch einen Kommilitonen, welcher großer Fan dieser ist. Der Name dieser Gruppe ist Mehnersmoos. Hierbei handelt es sich um ein Rap-Duo aus den Künstlern Frederik Moos und Tobias Mehner, aus deren Kombination sich der Name ergibt. Bereits 2010 veröffentlichten sie ihren ersten Song Silvester und seit etwa 2017 sind sie dank Kollaborationen mit namhaften Künstlern wie K.I.Z und den 257ern im allgemeinen Mainstream, wenn auch eher speziellen Spaß-Hip-Hop-Nische angelangt.

In erster Linie wirkt die Gruppe Mehnersmoss und ihre Fanbasis eher skurril. Nicht auf verstörende Art und Weise, sondern auf eine seltsam prollige, haudrauf Art. Wenn man sich genauer in die Musik einhört, so findet man heraus, dass die Kunstfigur genau das Gegenteil erreichen möchte.

Der Auftritt und die Fans

Beginnen wir ganz Vorne: Mein erstes kaltes 0.33er Bier (es sollte mein letztes sein) für faire 3.50€ in der Hand, beobachtete ich gespannt die Leute und das Geschehen. Man sah Vorfreude, Vorbesäufnis und primär Männergruppen, die auf kollegiale Art und Weise pöbelten. Warum ich dies hier so erzählte, wird später noch eindeutig werden. Gekleidet schien man bei Mehnersmoos komplett durcheinander, sodass vom Jogginganzug bis hin zur Kombination (Sakko, weißes Hemd, passende Hose und Schuhwerk, anständig) alles dabei war. Übrigens auch bei Frauen. Eines fiel aber direkt auf: Man hatte schon vor der Vorband eine Menge Spaß. Es lief bereits ein buntes Potpourri an Mitgröhlmusik, wobei also wirklich jeder (auch ich) auf seine Kosten kam. Bei den Anwesenden handelte es sich zumeist um junge Erwachsene, spannenderweise hauptsächlich Akademiker bzw. angehende Akademiker.

Nun stand die „Vorband“, beziehungsweise die Vorgruppe, bzw. „Vorkünstler“ Lars Kolbe auf der Bühne. Mir persönlich erschien dieser Künstler, zumindest an diesem Abend doch eher aufgezwungen und anstrengend. Dies zeigte sich auch in einigen Reaktionen der Mitanwesenden. Lars Kolbe ist bei Weitem kein unangenehmer Künstler, auch seine Rolle in der frühen Unterstützung von Mehnersmoos darf man nicht unterschätzen. Er macht Spaß, welcher allerdings mehr als gewöhnungsbedürftig ist und eventuell nicht jedem gefällt. Es gibt 1-2 Lieder, welche ich nur für die späte Spotifyplaylist am feucht-fröhlichen Abend empfehlen könnte. Mach ich hier aber nicht. Für den experimentierfreudigen IOCO-Leser, gerade zu (sehr) später Stunde, sollte dies aber als möglicher Vorschlag gelten.

Als dann aber das gewünschte Hip-Hop Duo die Bühne betrat war die Menge sofort gefesselt und in noch höherer Feierlaune als eh schon. Die spezielle Attitüde von Mehnersmoos bezüglich des Konsums von Bier, zeigte sich direkt im ersten Lied namens „BIR“, wobei es auch mir „Neuling“ gelang, in der ersten Wiederholung der Hook freudig mitsingen zu können:

MEHNERSMOOS - BIR - youtube Mehnersmoos

So stieg man direkt ein mit einem (neuen, aber knalligen) Klassiker aus dem Jahre 2022.  Ab diesem Moment war der Abend sehr angenehm. Die Stimmung war wundervoll und mitreißend. Wie Anfangs erwähnt sind die Lieder eher derb, anzüglich und definitiv nicht jugendfrei. Hierbei schafft es das Duo Mehnersmoss allerdings, den Anspruch auf einer ironischen und lustigen Ebene zu finden. Dies fängt bei den Outfits an und endet quasi gar nicht. So wird klar, dass die Texte in keinerlei Art ernstzunehmen sind. Darum geht es auch gar nicht. Es ist ähnlich wie beim z.B. in der speziellen Musikrichtung Metal (Kurzform für Heavy Metal - Musik) sehr befreiend, einfach einmal jeglichen Filter abzulegen, ausgelassen herumzutollen und hierbei eine Menge Vulgärsprache zu nutzen. Dies mag für den ein oder anderen Leser verstörend wirken, doch kann ich garantieren, dass solch eine „Schimpfwortkur“ mehr als befreiend wirken kann. Stellen sie sich vor, sie können einmal alles sagen, was Sie wollen. Hierbei müssen sie nicht darauf achten, die richtige Sprache zu verwenden oder niemanden anzugreifen. Sie können auch gerne einfach mal herausbrüllen, was für ein „geiler Typ“ oder „geile Typin“ sie eigentlich sind. Es ist völlig egal, denn alles kann raus.

Das Metal-Beispiel von eben kommt nicht von ungefähr, sondern scheint mehr als gut zu passen. So fiel mir auf, dass ein großer Anteil der anwesenden Gäste Metalkutten, T-Shirts von bekannten Metalbands und ein typisches Metalheadauftreten an den Tag legten. Ich konnte sie auf jeden Fall verstehen. Mehnersmoos ist dieser Umstand ebenso bewusst. So konnte man beispielsweise T-Shirts mit Blackmetal-typischen Mehnersmoos-Aufdrucken erwerben.

Was mich an diesem Abend besonders faszinierte war der Umgang der Zuschauer untereinander. Zumeist erlebte ich Hip-Hop Konzerte als eher anstrengend, im Sinne besser anderen aus dem Wege zu gehen, bis man seine Gruppe findet. Hier war dies nicht der Fall. Man feierte miteinander, versuchte einander zu animieren und konnte sich beizeiten sogar laut unterhalten, ohne das sich jemand darüber aufregte. Ich finde es stets wichtig, wenn Bands, Gruppen, Künstler ihre Fanbasis zu einer Gemeinschaft „erziehen“. Hier schien es definitiv gelungen zu sein. Gerade im Bereich Rock-Pop ist es wichtig, diese zu fördern und zu fordern. So schafft man einen sicheren Ort für verschiedenste Persönlichkeiten, ohne hierbei auf Unterschiede einzugehen.

Camp

Beim Begriff „Camp“ handelt es sich um einen Fachbegriff der Kunst, welcher erstmals von der Schriftstellerin Susan Sontag in ihrem Essay „Notes on Camp“ im Jahre 1964 geprägt wurde. Camp ist eine Kunstform, welche sich primär auf die Verwendung von Ironie und Übertreibung konzentriert. Ziel ist es hierbei eine bestimmte Ästhetik zu erreichen. So dienen zum Beispiel vulgäre Elemente nicht nur zur Gedankenlosigkeit, sondern erhalten durch ihre auch soziokulturelle Bedeutung eine Aufwertung. Bei Mehnersmoos findet sich sowas primär im Text wieder. Auch durch Interjektionen & z.B. Wiederholungen wird eine ironische Metaebene geschaffen.

„Schwanz wie ein Pferd, nenn mich Rossmann (Rossmann, ey)
Blaka blaka macht die Shotgun (Brrr brrr)
Unsere DMs sind voll mit Stalkern
Und sie wollen blowen, blowen, blowen wie ein Orkan (Orkan)“