Hagen, Theater Hagen, Don Quichotte von Jules Massenet, IOCO Kritik, 11.05.2014
Don Quichotte von Jules Massenet
Premiere am 26.04.2014 – Bes. Vorstellung am 11.05.2014
Jules Massenets letzte Oper Don Quichotte, 20 Werke waren vorausgegangen, wurde 1910 in Monte Carlo uraufgeführt. Das Werk erfreut sich gerade in den letzten Jahren einer großen Beliebtheit. Die Wuppertaler Bühnen brachten es erst vor einem Jahr.
Dieses Spätwerk hat nicht die Melodienseligkeit seiner Manon und nicht die Dramatik seines Werther, hat aber durchwegs eine farbige, fein gesponnene Musik, die anrührt. Das Libretto ist von Henri Cain, nach einem Schauspiel von Jacques le Lorrain, das wiederum auf Cervantes epochaler Dichtung basiert.
Der Titelheld ist in Massenets Oper ein fahrender Ritter, ein Idealist, Beschützer der Armen und Geknechteten, immer für Freiheit und Gerechtigkeit eintretend, der aber häufiger mal einen auf die Mütze bekommt. Er kämpft nicht nur gegen Windmühlenflügel, er fällt auch unter die Räuber, die seiner angebeteten Dulcinea ein Collier gestohlen hatten. Er hat es geschafft, die Räuber, die ihn töten wollten, mit seiner Gradlinigkeit und Gläubigkeit zu überzeugen. Er gibt Dulcinea das Collier zurück und bittet sie um ihre Hand. Sie lehnt ab. Die Kurtisane will frei sein, sie kann nicht nur einen Mann lieben.
Gregor Horres bringt das Stück, das hier in Hagen noch nie gespielt worden ist, mit viel Liebe zum Detail auf die Bühne. Es gelingt ihm ganz ausgezeichnet, die nicht sehr aktionsreiche Handlung plausibel zu bebildern. Er ist ein Könner und versteht sein Handwerk. Mätzchen und Verbiegungen kann man bei ihm nicht erwarten. Dass er die ganze Geschichte in die Neuzeit verlegt, gelingt ohne Brüche.
Sein Bühnenbildner Jan Bammes liefert ihm dazu eine Kulisse, die sich nicht nur fabelhaft bespielbar zeigte, sondern auch erfreute und verblüffte mit technischen Spielereien. Rosinante, des Don’s Ross ist ein Wunderwerk an mechanischer Vielfalt, ebenso der Esel von Sancho Pansa, Quichottes treuem Diener.
Auch die Kostüme, die Yvonne Forster entworfen hatte, gefielen. Sie waren verspielt, bizarr und manchmal etwas verrückt.
Herausragend und das im doppelten Sinn, war die Leistung von Hagens Bass Orlando Mason. Der Zweimetermann imponierte allein schon (wie Schaljapin bei der Uraufführung) durch seine Gestalt. Zwei Meter Mann, nicht mehr schlank, sondern schon dürr. Dazu der Hut, Langhaarperücke und ein grauer Bart. All das hatte was. Er sang ohne Fehl und Tadel, wenngleich in der Höhe gelegentlich eng. Ganz bemerkenswert war sein Spiel, das anrührte und in der Sterbeszene im Finale richtig an die Nieren ging. Eine bewundernswerte Leistung.
Der Sancho Pansa, Quichottes Diener, wurde durch Rainer Zaun zu einem ebenbürtigen Partner. Zauns Spielfreude, wie auch seine mimische Beredsamkeit, erfreute ungemein. Stimmlich konnte auch er überzeugen.
Kristine Larissa Funkhauser war eine imponierende Dulcinea, spielerisch wie auch vokal. Sie sang die Partie, wo es sein musste mit dramatischer Attacke, wusste ihr ausgeprägtes Brustregister effektvoll einzusetzen und beeindruckte mit gut placierten Spitzentönen.
Gut besetzt waren auch die kleineren Rollen. Eine Überraschung war die Dartsllung des Banditenanführers Ténébrun durch die vielseitige Mezzosopranistin Marilyn Bennett, hier in einer Sprechrolle.
Der Chor des Theaters Hagen - einstudiert von Wolfgang Müller-Salow - und das Philharmonische Orchester Hagen beteiligten sich mit opulentem, aber auch sehr differenziertem Klang. Florian Ludwig dirigierte mit Temperament, klangorganisatorischem Kalkül und mit recht zügigem Tempo. Exakt und höchst präzise war sein Kontakt zur Bühne.
Freundlicher Beifall für alle Mitwirkenden.
IOCO / UGK 11.05.2014
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