Hagen, Theater Hagen, Die Blume von Hawaii - Paul Abraham, IOCO Kritik, 30.10.2020
Die Blume von Hawaii – Paul Abraham
Das Paradies am Meeresstrand – im Theater Hagen
von Viktor Jarosch
Der österreichische Regisseur Johannes Pölzgutter und sein Team zaubern im Theater Hagen Die Blume von Hawaii als eine lebendige revuebetonte Show auf die Bühne, siehe den folgenden Video. Nostalgische Gesänge, Jazz, Stepptanz und Humor (Sean Stephens, Choreographie) fesseln darin, inspirieren die Besucher ungekürzt über zwei Akte Dazu haucht Martin Gehrke (Licht) bereits zu den - mit kleinem Orchester jazzig gespielten - Klängen der Ouvertüre „Ein Paradies am Meeresstrand“ den Bühnenraum mit satten, vollen Farben, einem leuchtenden Sternenhimmel im Hintergrund nostalgisch-romantischen Südsee-Flair. Auf der Bühne künden im ersten Bild einige Tische vor einem aufwendigen Bühnenvorhang den Varieté-Charakter der Hagener Blume von Hawaii an. Kapitän Stone gibt sich im ersten Bild, bessrer Zeiten gedenkend, dem Alkohol hin; eine Varieté-Sängerin erinnert ihn wieder an das Südseeparadies. Der Vorhang zur "Bühne auf der Bühne" öffnet sich und eine vom Ensemble des Theater Hagen geformte Revue voller Klänge, Tanz und Farben nimmt ihrem lebensfrohen Lauf; in welcher farbige Lichtprojektionen mit drei prall ausgeleuchteten Palmen - Video, Foto - das Bühnenbild prägen….. Eine lebensfrohe Produktion im Theater Hagen, sie belebt, sie inspiriert in diesen schwermütigen Corona-Tagen.
Die Blume von Hawaii - als revuebetonte Show im Theater Hagen youtube Trailer Theater Hagen [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Paul Abraham (1892 – 1960) 1931 Schöpfer der Blume von Hawaii, wurde in Apatin, im damaligen Königreich Ungarn, geboren. 1927 noch Kapellmeister im Budapester Operettentheater und Dirigent kleiner Ensembles in Cafés und Jazzkeller, erwuchs er in den frühen 1930er Jahren zu einem der gefragtesten Komponisten Deutschlands. Dem in die Jahre gekommenen Genre „Operette“ gab Abraham neue Akzente; mit den Librettisten Alfred Grünwald (geflüchtet 1938) und Fritz Löhner-Breda (ermordet in Auschwitz) verbanden sie gemeinsam die gefühlsreichen Klänge der Operette mit Rhythmen, Revuen und den 1920er Jahren populären fetzigen Jazzklängen (Abraham 1928: „Die Jazzmusik .ist zur neuen symphonischen Musik geworden).. Seine Werke Viktoria und ihr Husar, Blume von Hawaii und Ball im Savoy wurden mit zahlreichen Hits zu bleibenden zu Welterfolgen; bis ihn, inmitten seiner Erfolge, 1932 die Nazis aus Berlin vertrieben. Abraham flüchtete 1939 in die USA, erkrankte dort physisch und psychisch; er starb geistig umnachtet, völlig verarmt 1960 in Hamburg. Seine Grabstätte dort drohte im Jahr 2000 eingeebnet zu werden: Eine Initiative der Hamburger Kulturbehörde und anderer Institutionen sicherten, sanierten seine Grabstätte für kommende Jahre.
Hawaii haben weder Paul Abraham noch seine Librettisten je gesehen: Die Blume von Hawaii bedient in moderner Form Publikumsträume und Stereotypen der Zeit: als fesselnder Schauplatz, in welchem das Exotische und das Erotische aufeinander treffen.Die wahre Geschichte der durch Putsch entmachteten letzten hawaiianischen Königin Liliuokalani diente der Operette nur als Schablone. Die Blume von Hawaii. Abraham wollte nicht politisch sein, sondern rhythmisch, selig, nostalgisch: In seinem Werk wächst Operetten-Prinzessin-Laya nach ihrem Sturz sozialisiert in Paris auf; Hawaii ist für sie nur noch Abenteuer. Ihre Rückkehr nach Hawaii erfolgt - operettengerecht – nicht als Laya, sondern als Sängerin Suzanne Provence, eine in Europa bekannt Sängerin. Die folgende Liebesdramaturgie ist, wie die der meisten Operetten komplex, meist wenig logisch.
Der Varieté-orientierte Charakter der Inszenierung im Theater Hagen, mit hinreißend gesungenen „Schlagern“ (My golden Baby; My little boy; Ein Paradies am Meersstrand, Ich hab ein Diwanpüppchen und mehr) verbreitet ungeteilten Frohsinn im Publikum.
Penny Sofroniadou nimmt als Rakain dieser Revue die zentrale Partie eines Conferencier ein, welcher letztlich alle Beteiligten zu ihrem Operetten-Glück führt, sie selbst wird in coolem Stars-and-Stripes-Bikini schließlich zum (Foto oben) Amercan dream-girl. Frank Wöhrmann ist dabei ihr sprachlich wie tänzerisch umtriebiger Partner Jim Boy. Sopranistin Angela Davis wiederum gestaltet die Handlung der Revue mit vielen Songs stimmlich als auch darstellerisch in der großen Doppelrolle als Prinzessin Laya und / oder Suzanne Provence. Und immer begleitet der „Mond von Hawaii“ die Handlung: in vielen Farben ausgleuchtet im Hintergrund der Bühne. Doch auch die anderen großen Partien werden aus dem Ensemble des Theaters blendend besetzt: Richard van Gemert als Prinz Lilo-Taro, Alexander von Hugo als John Buffy, Alina Grzeschik als Bessie Worthington. Mit passender Choreographie gestaltet dazu auch das Ballett des Theater Hagen mit Filipa Amorim, Noemi Emanuela Martone, Amber Neumann, Suzanne Vis den spielerischen Charakter der Produktion. Rodrigo Tomillo führt als Dirigent sein kleines Orchester in jazzigen wie nostalgischen Klängen.
Die revuebetont, über zwei Akte gespielte Blume von Hawaii im Theater Hagen ist in diesen Corona-Tagen ersehnter, wichtiger Stimmungsaufheller. Natürlich feierte das reduzierte Publikum zum Ende Regie, Bühnenbild und alle Solisten auf der Bühne. Die Pause bot erste Gelegenheit im Theaterrestaurant Inszenierung und Darsteller der Produktion mit Freunden „zu begießen“. Leider konnte man die Begeisterung nicht – Restaurant geschlossen - wie gewohnt im anschließenden Premierenplausch fortsetzen.
Die Blume von Hawaii im Theater Hagen; die weiteren Vorstellungen 21.11.; 31.12.2020 (zwei Vorstellungen); 9.1.; 20.1.; 30.01.2021
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