Genf, La Cité bleue Genève, L`ORFEO - Claudio Monteverdi, IOCO
LA CITÉ BLEUE, Genf: Am 9. März 2024 wurde mit dem vielleicht größten Meisterwerk der abendländischen Musik-Geschichte: L’Orfeo von Claudio Monteverdi (1567-1643) und mit dem einmaligen Libretto von Alessandro Striggio (1540-1592) eröffnet.
KONZERT: Claudio Monteverdi: L’ORFEO, SV 318 (1607), Favola in musica in einem Prolog und fünf Akten, Libretto von Alessandro Striggio.
von Peter Michael Peters
Am 9. März 2024 wurde mit dem vielleicht größten Meisterwerk der abendländischen Musik-Geschichte: L’Orfeo von Claudio Monteverdi (1567-1643) und mit dem einmaligen Libretto von Alessandro Striggio (1540-1592) eröffnet. Ohne weiter in Details zu gehen, die gesamte sängerische Darbietung war wirklich hervorragend! Außerdem wurde eine Art halbszenische Inszenierung mit schauspielerischen und sogar tänzerischen Einsätzen überzeugend ausgeführt. Das Barock-Ensemble Cappella Mediterranea und desgleichen auch der Choeur de Chambre de Namur waren einfach großartig. Jeder Musiker war im Grunde ein Solist! Der argentinische-schweizerische Dirigent Leonardo García Alarcón hatte im Großen und Ganzen seine Musiker gut im Griff, trotz allem fehlte uns mehr oder weniger der Monteverdi-Touch…, der Monteverdi-Geist…! Auch waren wir nicht sehr überzeugt von dem sogenannten genialen und einmaligen elektronischen Akustik-System des neu-renovierten Saal. Das berühmte Monteverdi-Eco braucht unserer Meinung keine großartige elektronischen Hilfen, denn allein die unvergängliche Musik ist die Wahrheit.
BESETZUNG: Valerio Contaldo, Tenor: Orfeo * Mariana Flores, Sopran: Euridice / La Musica * Giuseppina Bridelli, Mezzo-Sopran: La messaggiera * Andreas Wolf, Bass: Plutone * Anna Reinhold, Mezzo-Sopran: Proserpina / Speranza * Salvo Vitale, Bass: Caronte * Fabien Hyon, Tenor: Pastore / Spirito / Eco * Alessandro Giangrande, Tenor: Pastore / Apollo * Matteo Bellotto, Bass: Pastore * Leandro Marziotte, Countertenor: Pastore * Philippe Favette, Bass-Bariton: Spirito * Estelle Lefort, Sopran: Ninfa.
ORFEO ERÖFFNET MIT PAUKEN & TROMPETEN DIE AKUSTISCHEN WUNDER IN „LA CITÉ BLEUE GENÈVE“…
O tu ch’innanzi morte a queste rive
Temerario ten vieni, arresta i passi;
Solcar quest’onde ad uom mortal non dessi,
Né può co’morti albergo aver chi vive.
Che? Vuoi forse, nemico al mio Signore,
Cerbero trar da le tartaree porte?
O rapir brami sua cara consorte,
D’impudico desire acceso il core?
Pon freno al folle ardir, ch’entr’al mio legno
Non accorrò più mai corporea salma
Sì degli antichi oltraggi ancor ne l’alma
Serbo acerba memoria e giusto sdegno.
(Szene des Caronte / 3. Akt L‘Orfeo)
In Genf öffnet La Cité Bleue Genève nach zweijähriger Arbeit ihre Türen wieder…
Renoviert und mit einem in der Schweiz einzigartigen Akustik-System (sic) ausgestattet, ist der Genfer Saal La Cité Bleue Genève bereit, sein Publikum zu empfangen. Als Auftakt zur Eröffnungs-Saison, die Konzerte, Bildungs-Projekte und Kreationen bietet, findet am 10. März 2024 ein Tag der offenen Tür statt. Wie wir schon bemerkten: Am 9. März 2024 wurde in einer Konzert-Version L’Orfeo von Monteverdi gegeben. In Genf wird der Veranstaltungs-Saal La Cité Bleue Genevè nach mehr als zweijähriger Renovierungsarbeit seine Türen wieder öffnen. Am 10. März 2024 kann die Öffentlichkeit den brandneuen Saal mit dreihundert Sitzplätzen entdecken. Der gesamte Innenraum wurde neu organisiert, von der Bühne bis zum Parkett, vom Balkon bis zu den Logen, ohne dabei die technischen Installationen zu vergessen. Für Künstler ist im Untergeschoss ein Proberaum sowie ein Ruhebereich vorgesehen.
Ein amerikanisches elektroakustisches System ermöglicht die Anpassung der Akustik an die besonderen Bedürfnisse jedes Künstlers und jeder Aufführung. La Cité Bleue Genève ist der erste Saal in der Schweiz, der damit ausgestattet wurde (sic).
Unter der Leitung von Leonardo García Alarcón, Generaldirektor und künstlerischer Leiter, wurde der Raum als polymorphes Kultur-Projekt konzipiert. Die Eröffnungs-Saison 2024 bietet Konzerte unterschiedlichster Stilrichtungen, Musik-Theater, Opern, Bildungs-Projekte und Kreation, die Musik, Tanz und andere Kunst-Arten verbindet.
Ein kulturelles Begegnungs-Zentrum…
Seit seiner Ernennung zum Leiter dieses Kulturhauses hat der in Genf ansässige argentinisch-schweizerische Dirigent, Cembalist und Komponist die Räumlichkeiten regelmäßig besucht. „Es war ein langgehegter Traum, von dem ich nicht glaubte, dass ich ihn vor meiner Pensionierung verwirklichen könnte. Und heute mit 47 Jahren bin ich mit diesem absolut außergewöhnlichen Theater verbunden, mit all der Erinnerung an das, was das Theater zu bieten hat. Mit meiner Erfahrung war es eine nicht so große bedeutende Entscheidung künstlerischer Leiter zu werden.“ La Cité Bleue Genève ist ein Ort im Herzen der Universitätsstadt Genf, ein zentraler Ort, dessen Kulturmix das künstlerische Programm prägt.
„Vielfalt muss in der Auswahl unserer Produktionen vermittelt und umgesetzt werden können. Es wird ein Ort, an dem Künstler sich treffen, träumen und vor allem ein Labor der Emotionen provozieren können. Ich versuche, diese Interaktion anzuzünden, weil ich denke dass ein Ort wie dieser, ein kulturelles Begegnungs-Zentrum, in Genf fehlte“, erklärte Alarcón, der La Cité Bleue Genève zu einem Ort für alle Zielgruppen machen möchte, an dem die Kreativität „gedeihen“ kann.
Der in der Universitätsstadt gelegene Saal mit 300 Sitzplätzen wurde komplett renoviert! Das künstlerische Projekt von Alarcón zielt darauf ab, den Platz von La Cité Bleue Genève im Zentrum des Genfer und europäischen Kulturlebens durch ein anspruchsvolles und vielseitiges Programm zu bekräftigen, das allen Zuschauern und allen Generationen offen steht. Kreativität und Multi-Disziplinarität sind die Schlüssel-Wörter! La Cité Bleue Genève ist sowohl ein Ort des Lebens als auch ein künstlerisches Labor und profitiert von den neuesten technologischen Erkenntnissen, die die Qualität der dem Publikum gebotenen Musikerlebnisse weiter optimieren.
Höhepunkte der Wiedereröffnung…
- 09. März 2024: Alarcón wird Monteverdis L‘Orfeo für das Eröffnungs-Konzert in einer Konzert-Version dirigieren. (siehe oben!).
- 10. März 2024: Tag der offenen Tür…
Mit 3 Führungen um 10:30, 14:00 und 17:00 Uhr – La Cité Bleue Genève öffnet offiziell seine Türen und alle seine Räume für die Öffentlichkeit mit Führungen: Vom Orchester-Graben bis zu den Künstler-Garderoben, die von Alarcón vorgeschlagene Route, kündigt auch mehrere Überraschungs-Künstler an! Der Schlüssel liegt auch in der musikalischen Entdeckung des Theaters, seines elektroakustischen Systems Constellation (sic!).
Programm der 1. Führung um 10:30 Uhr:
Nach der gestrigen von uns besuchten L’Orfeo-Aufführung, beteiligten wir uns an der 1. Führung! Gegen alle Erwartungen waren wir überaus begeistert:
1 ) Die erste Überraschung wurde uns außerhalb von La Cité Bleue Genève geboten. Die akrobatische französische Tänzerin Rebekka Gather und die italienische Cellistin und Sängerin Mara Miribung interpretierten eine äußerst halsbrecherische Inspirationen über des Thema Eurydike: Einen vertikalen Tanz an der grauen Beton-Mauer mit dem Titel Vola Euridice! Diese abstrakte und verrückte musikalische Kreation wurde höchstwahrscheinlich von der Cellistin erdacht, die mit ihrer attraktiven Stimme gewissermaßen mit Tönen von Monteverdi bis zum Jazz den Abstieg von Eurydike in die Unterwelt begleitete. Beide Künstlerinnen waren überaus inspiriert: Die eine mit gefährlichen Tanzschritten… die andere mit Mund- und Zungen-Verrenkungen für die monströsen Schreie der wilden Furien in der Unterwelt.
2 ) In der Rezeption im Erdgeschoss erwartete uns die wunderbare französische Mezzo-Sopranistin Anna Reinhold und die außergewöhnliche französische Gambistin und auch Komponistin Margaux Blanchard mit französischen Hof-Arien und Liedern: Margaux Blanchard (*1985): Vol de nuit * Sebastian Le Camus (1610-1677) Laissez durer la nuit * Maurice Ravel (1875-1937): Trois beaux oiseaux du paradis * Jean-Baptist de Bousset (1662-1725): Pourquoy doux rossignol. Die Sängerin hat eine einmalige Technik in der Interpretation, in der Diktion und in der atmosphärischen Stimmbildung. Im Zuhören hängt man ihr praktisch an den Lippen, die mit einer derartigen Wollust souverän die Worte und Töne formen. Das ist eine selten erreichte Kunst der Interpretation! Es war wohl an diesem Morgen der Höhepunkt aller Darbietungen…
3 ) Wir erreichten das Studio Bleu, ein kleiner Proberaum für die jeweils anwesenden Künstler. Hier erwartet uns eine andere seltene musikalische Kostbarkeit: Der überaus talentierte uruguayische Countertenor Leandro Marziotte präsentierte mit dem argentinischen Cembalisten Ariel Rychter und dem kubanischen Gambisten Ronald Martin Alonso Auszüge aus ihrer letzten CD Las Musas de América: Piececitos de niño (1) * Yo en el fondo del mar (2) * Yo no tengo soledad (1) nach einem Gedicht Gabriela Mistral (1889-1957) (1) und Alfonsina Storni (1892-1938) (2). Der Sänger, der sich zusätzlich mit der Gitarre begleitete, sagte dass die beiden Poetinnen sehr engagierte sozial-politische Gedichte geschrieben haben. Somit haben die Musiker für diese sensiblen und traurigen Gedichte eine feinnervige fast moderne Musik erdacht, die zwischen der frühbarocken südamerikanischen und der populären Musik angesiedelt ist. Dieses kleine Konzert war eine intime musikalische Reise in die Sphären der politischen Klassen-Kämpfe der Unterdrückten in Südamerika.
4 ) Im Künstler-Entspannungs-Bereich empfing uns der italienische Tenor Valerio Contaldo mit seiner Gitarre und übergab dem Publikum ein kleines duftiges kosmopolitisches Sträußchen mit Liedern: John Dowland (1563-1626): Come Again * Mauro Giuliani (1781-1829): Quando sarà quel di * Franz Schubert (1797-1828): Ständchen * John William Duarte (1919-2004): Omar’s Lament. Man muss sagen, dass alle diese kleinen Konzerte meisterhaft interpretiert wurden und auch die Stimmen waren „natürlich“ im Gegensatz zum gestrigen Abend in der L’Orfeo-Aufführung! Denn auch unser Tenor, der gestern den Orfeo gesungen hatte: Klang gestern Abend ein wenig fabriziert und künstlich! Nicht natürlich!
5 ) Im Saal wohnten wir dann einem Konzert bei von etwa 50 Minuten mit dem gesamten Ensemble Cappella Mediterranea und allen Sängern unter der Leitung von Leonardo Garcia Alarcón. Es war eine Art Potpourri aus mehreren Jahrhunderten und auch erneut mit einem Auszug aus L’Orfeo von Monteverdi. Diesmal im Gegensatz zu gestern Abend saßen wir heute im Parkett und übersahen jetzt zumindest die gesamte Szene, was auf dem Balkon nicht möglich war. Allerdings die Abstände der Sitzplätze sind mehr als problematisch: Warum wird ein funkelnagelneuer Saal mit derart engen Sitzmöglichkeiten konzipiert? Wir nehmen wohl an, das ein moderner Architekt die neue Generation der „Riesen“ mit einbezieht? Aber nein! Im Palais Garnier, einem Theater im italienischen Stil des 19. Jahrhundert, sitzt man im Parkett auf jeden Fall bequemer!
Das Programm: Anonym (zwischen 1620 und 1631): Hanacpachap cussicuinin * Gaspar Fernández (1566-1629): A Belén * Astor Piazzolla (1921-1992): Oblivion mit dem französischen Bandoneonist William Sabatier, dem französisch-schweizerischen Pianisten Cédric Pescia und dem Quartett Terpsycordes als Gäste. * Monteverdi: Auszüge aus L’Orfeo, Vi ricorda boschi ombrosi, Vieni Imeneo, Lasciate i monti et moresca. * Giovanni Battista Riccio (um 1580-1621): Canzon’a doi soprani in echo proposta * Giacomo Puccini (1858-1924): Crisantemi * Frédéric Chopin (1810-1849): Nocturne * Michelangelo Falvetti (1642-1693): Ecco l’Iride paciera * Anibal Troilo (1914-1975) und Monteverdi: Sinfonia d’Ulisse et quejas de bandoneón * Robert Lucas Pearsall (1795-1856): Lay a garland.
So endete ein fast gelungener traumhafter musikalischer Morgen-Spaziergang mit vielen neuen Über-Raschungen, neuen Entdeckungen und alten Gewohnheiten. La Cité Bleue Genève zeigt eine besondere große Offenheit zu allen möglichen Stilformen und Musik-Richtungen. Es lebe der Crossover… (PMP/15.03.2024)
Die erste Saison 2024 wartet auf mit vielen musikalischen und dramatischen Ereignissen u. a.:
Ma Colombine / Ein Spektakle mit Omar Porras.
La nuit bleue / Eine Klavier-Nacht mit Nelson Goerner.
Amour à mort / Musikalische Kreation nach La Jerusalem delivrée von Torquato Tasso.
Chasing Rainbows / Mit Lea Desandre, Mezzo-Sopran & dem Ensemble Jupiter.
Ernest & Victoria / Eine Kreation von La Cité Bleue Genève.
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Nähere Auskunft und Kartenverkauf:
La Cité Bleue Genève - Avenue de Miremont 46 - 1206 Genève, Suisse
Lacitebleue.ch info@lacitebleue.ch TEL: +41 (0)22 552 43 13