Essen, Philharmonie Essen, Liederabend - Christian Gerhaher, IOCO Kritik, 07.06.2015
Liederabend Christian Gerhaher – Gerold Huber 07.06.2015
Dieser Liederabend am vergangenen Sonntagnachmittag wird lange im Gedächtnis haften bleiben. Lieder von Gustav Mahler sind immer ein Leckerbissen. Zumal, wenn sie so meisterlich und berührend dargeboten werden, wie von Christian Gerhaher und seinem kongenialen Klavierpartner, Gerold Huber. Der Sänger und sein Liedbegleiter kennen sich schon aus Studienzeiten und musizieren sehr häufig zusammen. Sie sind ein eingespieltes Team, was bei diesem Konzert, wieder einmal, beglückend zum Ausdruck kam. [Von Christian Gerhaher wurden verschiedene Aufnahmen bei Sony Classical veröffentlicht]
Den Beginn des reinen Mahler-Programms machten die vier “Lieder eines fahrenden Gesellen“, ein Frühwerk (von 1883-85), zunächst für eine tiefe Stimme mit Klavierbegleitung geschrieben. Eine Fassung für Orchester kam 1896 heraus.
Christian Gerhaher und sein Begleiter Gerold Huber brachten den volksliedhaften Charakter der Lieder präzise zum Ausdruck. War das erste Lied “Wenn mein Schatz Hochzeit macht“ etwas zerdehnt, so wurden die anderen in zügigem Tempo dargeboten. Wunderbar gestaltet war der köstliche Humor des Liedes “Ging heute Morgen übers Feld“.
Aus der Volksliedersammlung “Des Knaben Wunderhorn“ von Clemens Brentano und Achim von Arnim, erschienen 1805-1808, vertonte Gustav Mahler 21 Titel. Sie entstanden in den Jahren 1888 bis 1899. Es sind wunderbare poetische Lieder, teils ernst, teils heiter, auf jeden Fall sind sie Romantik pur.
Gerhaher und Huber gaben daraus 10 Titel, die die ganze Palette der Stimmungen wiederspiegeln. Hier kam besonders die sprachliche Präsenz bestechend zum Ausdruck. Wie Gerhaher die Lieder aus dem Geist der Musik gestaltete, kann man nur meisterlich nennen. Huber ist dabei wieder ein hochsensibler Partner.
Zu den großartigsten Mahler-Gesängen zählen seine Kindertotenlieder. Es sind erschütternde Dokumente der Trauer. Mahler schuf sie auf Texte des fränkischen Dichters Friedrich Rückert, der darin die Trauer um seine zwei verstorbenen Kinder verarbeitete. Auch Mahler hatte Trauer und Leid zu verarbeiten. Die Uraufführung mit den Wiener Philharmonikern und dem Bariton Weidemann fand im Januar 1905 unter Mahlers eigener Leitung statt.
Christian Gerhahers Gestaltung der Lieder war erschütternd. Er lotete jedes Wort akribisch aus. Breit ist die Palette seiner Klangfarben. Von leise, verhalten, aufbrausend und dann wieder fahl getönt in feinstem Pianissimo und im Mezzoforte gestaltete er die Lieder.
Diese Interpretation, von Gerold Huber am Flügel hochsensibel unterstützt, war der absolute Höhepunkt dieses außergewöhnlichen Liederabends.
Das Publikum dankte mit starkem, herzlichen Beifall. Die Künstler gaben eine Zugabe, die das vorangegangene Programm wunderbar ergänzte, das Lied “Urlicht“ von 1883, das Mahler auch in seiner 2. Sinfonie verarbeitet hat.
IOCO / UGK / 07.06.2015
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