Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, IDENTITTI - von Mithu Sanyal, IOCO Kritik, 19.11.2021

Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, IDENTITTI - von Mithu Sanyal, IOCO Kritik, 19.11.2021
Düsseldorfer Schauspielhaus © ingenhoven architects / HGEsch
Düsseldorfer Schauspielhaus © ingenhoven architects / HGEsch
Düsseldorfer Schauspielhaus

IDENTITTI – von Mithu Sanyal - Uraufführung

- Wer bin ich? Was bin ich? Und warum überhaupt? -

von Rainer Maaß

„Was für eine gnadenlos witzige Identitätssuche, die nichts und niemanden schont...“, so feierte eine Kritikerin Identitti. Den ersten Roman aus der Feder der Journalistin und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal. Das erfolgreiche Buch stand auf der Shortlist der nominierten Titel für den deutschen Buchpreis 2021. Bemerkenswert, dass dieser Stoff schon im selben Jahr auf die Bühne kommt. Wie schön, dass das in Düsseldorf geschieht.  Denn verschiedene Theater hatten sich um die Uraufführung beworben.

Worum es geht:  Für die Studentin Nivedita Anand bricht  gerade eine Welt zusammen.  Ihr Idol, die  renommierte Professorin für ‚Postkoloniale TheorieSaraswati heißt in Wahrheit  Sarah Vera Tielmann. Sie hat keine indischen Wurzeln und ist  eine weiße Frau. Nivedita hat sich bei allen Debatten über Identität und Rassismus immer auf  die charismatische Saraswati berufen. Die Lüge ihrer Ikone trifft sie im Innersten. Cennit Rüya Voss lässt uns intensiv miterleben wie  sehr Nivedita leidet. Ohne Pause und voller Vitalität sucht sie nach der eigenen, nach der wahren Identität. Was bedeutet Herkunft für die eigene Identität? Darf ich meine Identität selbst bestimmen? Ist es ein Nachteil weiß zu sein? Welche Rolle spielen dabei Feminismus, Rassismus, Sex? Was zählt mehr: Assimilierung oder Stolz auf die eigenen Wurzeln?

Düsseldorfer Schauspielhaus / Identitti hier Leila Abdullah, Friederike Wagner, Cennet Rüya Voß © Sandra Then
Düsseldorfer Schauspielhaus / Identitti hier Leila Abdullah, Friederike Wagner, Cennet Rüya Voß © Sandra Then

Regisseur Kiran Joel hat das Ringen um die richtige Antwort in lustvollem Tempo inszeniert.

Ab und an garniert mit einem Augenzwinkern. So stellt er der leidenden Nivedita die Göttin Kali als Beraterin und Trösterin zur Seite. Kali sorgt für die Erdung der aufgewühlten Studentin. Das erste Solo von Serkan Kaya als Kali ganz in blauer Kluft mit vier Armen als göttliche Stimmungskanone bekommt verdienten Szenenapplaus. Immer wieder schafft  er/sie es, die Ernsthaftigkeit nicht zu ernst werden zu lassen. Für Sachlichkeit in dieser Inszenierung ist Saraswati bei ihrem Auftritt höchst selbst zuständig. Die Professorin erscheint in Gestalt von zwei gleichgekleideten Darstellerinnen (Leila Abullah / Friederike Wagner), die ihren Standpunkt teils nacheinander, teils simultan begründen. Ein Regieeinfall, der die Zwiespältigkeit  ihrer Argumentation visuell unterstreicht.

Düsseldorfer Schauspielhaus / Identitti hier Cennet Rüya Voß, Fnot Taddese, Leila Abdullah, Friederike Wagner © Sandra Then
Düsseldorfer Schauspielhaus / Identitti hier Cennet Rüya Voß, Fnot Taddese, Leila Abdullah, Friederike Wagner © Sandra Then

Kiran Joel hat es  bei seiner Inszenierung nicht bei den Möglichkeiten  der traditionellen Theater-Totale belassen. Die Video-Kamera spielte immer mit. Nahaufnahmen schaffen es,  wichtige Szenen noch intensiver zu erleben. Diese Technik verleiht der Inszenierung eine Modernität, die dem Stück gut tut. Wer allerdings erwartet hätte, nach zwei  kurzweiligen Theater-Stunden mit einer patenten Antwort nach Hause zu gehen, könnte enttäuscht sein.

Vielleicht reicht ja die Erkenntnis, dass in unserer Multi-Kulti Gesellschaft die Frage der Identität immer mehr zur Alltagsfrage wird.

Die vielen jungen Zuschauer haben das sicher so verstanden. Der lange und herzliche Beifall deutet darauf hin

Identitti am Düsseldorfer Schauspielhaus; die weiteren Termine 21.11.; 1.12.; 18.12.; 25.12.2021; 8.1.2022

---| IOCO Kritik Düsseldorfer Schauspielhaus |---

Read more

Hamburg, Staatsoper, DER FREISCHÜTZ - C. M. von Weber, IOCO

Hamburg, Staatsoper, DER FREISCHÜTZ - C. M. von Weber, IOCO

17. 11.  Premiere   Als zweite Premiere der Spielzeit 2024-25 stand an der Hamburgischen Staatsoper Carl Maria von Webers „Freischütz“ auf dem Programm, diese romantische deutsche Oper, welche Natürliches mit Übernatürlichem verbindet und welche so einige Opern-Hits aus dem Wunschkonzert beinhaltet. Die Erwartungen waren hoch, doch nach der sensationellen Saison-Eröffnungspremiere „Trionfi“

By Wolfgang Schmitt