Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, Das Tribunal - Uraufführung, IOCO Kritik, 18.01.2022
Das Tribunal - Uraufführung
Erste Produktion des Stadtkollektivs - Nachfolger der Bürgerbühne
Tod den Dinosauriern!
von Rainer Maaß
Ich bin ein Dinosaurier! Sie vielleicht auch! Hier wird durchgespielt, was uns im Jahr 2050 blüht. Möglicherweise. Alle die dann noch leben, müssen sich für Überschwemmungen, Wetterextreme und Naturkatastrophen verantworten. Nicht nur die großen Umweltsünder. Auch wir kleinen Dinosaurier, die sich kaum bewusst sind, dass ihr Zweitwagen, ihre Flugreise oder ihr Fleischkonsum ebenfalls dazu beigetragen haben, den Planeten zugrunde zu richten. Alle müssen vor Das Tribunal. Ein Tribunal aus 12 zufällig ausgewählten, teilweise minderjährigen Jugendlichen, die nach bestem Wissen und Gewissen folgenschwere Urteile fällen. Schließlich sind sie die Leidtragenden. Denn ihre Zukunft sieht düster aus.
Drei Angeklagte müssen vor dem Tribunal Rechenschaft ablegen. Einem biederen Familienvater (Alexander Steindorf), der sich für einen normalen Menschen hält, wird seine Familien-Größe zum Verhängnis. „Wer braucht drei Kinder? Die verbrauchen doch viel zu viel CO2 .“ Der 2. Angeklagte (Markus Danzeisen) arbeitet als Schriftsteller, lebt vegetarisch und ist kinderlos. Er hofft auf Milde, weil er glaubt, mit seiner Kunst etwas für die Menschheit getan zu haben. Vergebens. Er wird als Heuchler verspottet und gnadenlos verurteilt.
Es ist nicht so, dass die Urteile von vorneherein feststehen. Das jugendliche Tribunal dargestellt von zwölf jungen Düsseldorfer*innen (Ayla Tatu Burnaz, Pia Dix, Despina Economou, Robert Meyer García, Leander Hesse, Greta Kolb, Len Königs, Humam Mohamad, Ji-Hun Park, Maja Pindek Rabrenovic, Sirha Schroeder-Finckh, Charlotte Wirth) ringt um Gerechtigkeit.
Es wird vielstimmig argumentiert, gebrüllt oder zu Besonnenheit aufgerufen. Persönliche Schicksale und Gefühle werden eindrucksvoll und berührend dargestellt. Aber am Ende senken sich die Daumen.
Bei der dritten Angeklagten (Anya Fischer) müsste das Urteil eigentlich am leichtesten zu finden sein. Als Chefin eines Ölkonzerns bekennt sie sich schuldig: „Ich bitte nicht um mein Leben. Ich melde mich freiwillig zu Hinrichtung.“ Dennoch wird bei ihr am längsten diskutiert. Bis klar wird, dass die Zeit für Worte abgelaufen ist. Jede Form von Gnade ist ausgeschlossen! Dinosaurier müssen ausgelöscht werden! Wer für die alte Ordnung steht, muss weg!
Nach dem Vollzug der Urteile bekommt der Zuschauer einen Vorgeschmack auf die neue Ordnung. Die Mitglieder des Tribunals formieren sich wie Marionetten und absolvieren eine einstudierte Yogaübung. Ein Hauch von Nordkorea weht durch das Theater.
Die Uraufführung von Das Tribunal wurde mit viel Beifall gefeiert. Das junge Team war großartig. Ein gelungener Einstand für das Stadtkollektiv. Nicht nur für junge Leute, auch für Dinosaurier lohnt sich der Besuch
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Das Tribunal - von Dawn King, Regie Adrian Figueroa, Bühne Irina Schicketanz, Dramaturgie Katarina Rösch
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