Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, CABARET - Musical John Kander, Fred Ebb, IOCO Kritik, 09.11.2022

Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, CABARET - Musical John Kander, Fred Ebb, IOCO Kritik, 09.11.2022
Düsseldorfer Schauspielhaus © ingenhoven architects / HGEsch
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Düsseldorfer Schauspielhaus

CABARET - Musical - Joe Masterhoff, John Kander, Fred Ebb

- über Träume und Albträume -

von Rainer Maaß

Hut ab vor André Kaczmarczyk und seinem Team. Ein Musical wie Cabaret so auf die Bühne zu bringen, dass das Publikum bereits stehend applaudiert, bevor der Vorhang vollständig gefallen ist, gelingt nicht oft. Zumal hier die Messlatte hoch liegt. Wohl keiner der Premierenbesucher kam unvoreingenommen in diese Vorstellung. Wer nicht alt genug war, um sich bereits 1972 in Lisa Minnelli als Sally Bowles zu verlieben, der hatte es sicher bei einer der vielen Wiederholungen dieses grandiosen Films von Bob Fosse aus dem Jahr 1972 getan. Und als André Kaczmarczyk in der Rolle des Conférenciers das Publikum mit dem berühmten „Willkommen, Bienvenue, Welcome...“ begrüßt, gilt der Szenen-Applaus dafür auch ein klein wenig dem wunderbaren Joel Grey, der für seine Interpretation dieser Figur den Oskar erhielt.

Worum geht es im Musical Cabaret?

Es geht es um Liebe im Berlin der dreißiger Jahre. Noch regiert die große Freiheit. Im KIT-KAT-Klub tanzen die Puppen. Man vergnügt sich hemmungslos. Alles ist erlaubt. Hier tanzt und singt Sally Bowles (Lou Strenger). Sie ist eine Attraktion für das vergnügungssüchtige Publikum. Sie genießt die Freizügigkeit und ihren Erfolg. Sie lebt ihren Traum, ohne einen Gedanken ans Morgen zu verschwenden.

Düsseldorfer Schauspielhaus / Musical CABARET hier Szenefoto und die Kit-Kat-Klub Bank © Thomas Rabsch
Düsseldorfer Schauspielhaus / Musical CABARET hier Szenefoto und die Kit-Kat-Klub Bank © Thomas Rabsch

Ihr neuer Freund Clifford Bradshaw (Belndjwa Peter) ist frisch in Berlin eingetroffen. Er sucht in der brodelnden Metropole das Thema für einen großen Roman. Sally zeigt ihm, dass es hier mehr gibt als das billige Zimmer in dem er haust. Dabei interpretiert sie die berühmten Songs wie „Cabaret“ und „Maybe this time“ mit großer Sinnes-und Spielfreude. Reichlich Szenenapplaus zeigt, dass bei ihr der Funke überspringt. Gemeinsam taucht das Paar ein in den Strudel von Jazzrhythmen, Erotik und Maßlosigkeiten jeder Art. „Bei uns sind die Grenzen aufgehoben. Bei uns herrscht Toleranz“, befiehlt der Conférencier im KIT-KAT-Klub. Doch draußen auf der Straße herrschen andere Gesetze. Hier geht es nicht bunt, schrill und schräg zu. Man ahnt, was kommen wird. Sally und Cliff ignorieren eine Zeit lang die Anzeichen. Fast sieht es so aus, die beiden könnten sogar eine Familie gründen und das Land verlassen. Doch dann ändert sich alles.

Denn parallel zur lauten, bunten Lovestory von Sally und Cliff entwickelt sich eine zweite leise Romanze. Die gestrenge, ältliche Hauswirtin Fräulein Schneider (Rosa Enskat) und der schüchterne Obsthändler Herr Schultz (Tomas Wittmann) beschließen, sich das JA-Wort zu geben. Thomas Wittmann gewinnt die Herzen als Ananas verschenkender Liebhaber. Rosa Enskat spielt ihre Fräulein Schneider mit wunderbar herbem Charme. Wie ein Ausflug in eine vergangene, heile Welt klingt es, wenn sie die zwei im Duett „Heirat“ anstimmt. Beide Darsteller zelebrieren mit Freude den Gegensatz zur grellen KIT-KAT Welt. Besonders die naive Refrain-Zeile (...und das Erdgeschoss wird zum Märchenschloss...) kontrastiert damit rührend,

Düsseldorfer Schauspielhaus / Musical CABARET © Thomas Rabsch
Düsseldorfer Schauspielhaus / Musical CABARET © Thomas Rabsch

Mit dem Heiratsplan wird der Traum zum Alptraum. Denn Herr Schultz outet sich ganz nebenbei als Jude. Zum Schrecken der Nachbarn. Jetzt sind die Nazis keine Randerscheinung mehr. Sie geben den Ton an. Selbst Fräulein Schneider will von einer Hochzeit nichts mehr wissen. Auch den Darbietungen im KIT-KAT-Klub ist die Zeitenwende anzusehen und anzuhören. Die Töne werden schriller. Die Kostüme werden vulgärer und böser. Sogar der Antisemitismus bekommt einen Platz im Programm, als der Conférencier über seine affengesichtige Freundin singt: „Wenn du sie mit meinen Augen sehen könntest, würde sie überhaupt nicht jüdisch erscheinen.“

Und wie zum Hohn verabschiedet er sein Publikum mit der rhetorischen Frage: „Wo sind jetzt Deine Probleme?“ Um sie heuchlerisch zu beantworten mit: „Verschwunden!“ Wo doch jeder weiß, dass sie im wahren Leben erst beginnen, wenn der Vorhang gefallen ist.

Der Applaus galt jedem einzelnen in diesem großen Ensemble. Natürlich insbesondere der gefühlvollen Interpretationen der berühmten Cabaret-Songs durch André Kaczmarczyk, Lou Strenger, Rosa Enskat, Thomas Wittmann.

---| IOCO Kritik Düsseldorfer Schauspielhaus |---

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Hamburg, Staatsoper, DER FREISCHÜTZ - C. M. von Weber, IOCO

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