Duisburg, Deutsche Oper am Rhein, DAS RHEINGOLD - Richard Wagner, IOCO

Duisburg, Deutsche Oper am Rhein, DAS RHEINGOLD  - Richard Wagner, IOCO
Opernhaus in Duisburg, Foto: IOCO

Von Uli Rehwald und Iris Flender

Heute erleben wir in Duisburg nicht nur den ersten sonnig-warmen Frühlingstag des Jahres, sondern auch die Wiederaufnahme des Rheingold. Die Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf stammt aus dem Jahr 2017. Bis kurz vor Beginn bleibt das Publikum genussvoll in den goldenen Sonnenstrahlen stehen, die das gute Wetter auf die großen Eingangstreppe zur Oper gezaubert hat.  Aber die Oper beginnt, das Haus ist sehr gut gefüllt.

Das Rheingold ist der Vorabend der Tetralogie, die sich „Der Ring des Nibelungen“ nennt. Es ist die kürzeste Oper des Rings, und vielleicht auch die beliebteste und unterhaltsamste. Sie würde wohl viel öfter aufgeführt werden, wenn das jeweilige Opernhaus nicht jedes Mal vor der Herausforderung stünde, den gesamten Ring aufzuführen.

Rheinoper: Das Rheingold Foto: Hans Jörg Michel

Wagner selbst sagt zu seinem Stück Folgendes:

  • Es ist als eine Kritik der gesellschaftlichen Zustände gedacht (sein Zeitgenossen Karl Marx winkt von links außen).
  • Es soll die Unvereinbarkeit von Liebe und Macht dargestellt werden.  
  • Es soll als eine Begründung dafür dienen, woher alle Übel der Welt kommen.  

Wer jetzt angesichts dieser Zielrichtung ein schwieriges, vielleicht sogar schwer verdauliches Stück erwartet, wird Gott sei Dank positiv überrascht. Denn neben allen diesen großen und tiefgründigen Absichten ist es Wagner auch gelungen, eine sehr vergnüglich-unterhaltsame Oper mit ganz vielen starken Bildern und großen Theater-Effekten zu schaffen.

Ganze Bibliotheken sind gefüllt worden, über die Deutungen des Rings, über die zugrunde liegende Philosophie und komplexe, vielschichtige Deutungsversuche. Ja, es kann nur bestätigt werden, dass der Ring geradezu herausfordert, vieles herauszulesen und hinein zu interpretieren. Aber diese Oper ist auch eine Moritat von Liebe und Betrug, von schurkenhaften Helden, die jedes Märchenbuch schmücken würde. Welche phantastischen Märchen-Elemente sehen wir heute alle?

  • Eine Welt, die nur aus Riesen, Zwergen und Göttern besteht.
  • Menschen gibt es nicht, jedoch den Göttervater Wotan höchstselbst.
  • 3 hocherotische Rheintöchter, Wasserwesen aus den Tiefen des Rheins.
  • 2 abgrundtiefe, wilde Flüche des verschmähten Zwergen Alberich. Es wagt sogar, die Liebe zu verfluchen.
  • Die Unterwelt der Zwerge mit einem schaurigen Drachen
  • Einen Zauberring, der erst noch geschmiedet werden muss.
  • Lüge, Betrug, Unterdrückung, enttäuschte Liebe, gebrochene Verträge, Raub und Überlistung.
  • Und einen abschließenden Triumph, zu dem die Götter über die Regenbogen-
  • Brücke schreiten, nachdem sie alle Abenteuer überstanden haben.
Rheinoper: Das Rheingold Foto: Hans Jörg Michel

Wem diese farbenfrohen Elemente der Oper noch nicht reichen sollten, dem werden obendrein noch ein paar musikalische Zuschläge geschenkt:

  • Das berühmteste Es-Dur der Operngeschichte im Vorspiel.
  • Die Amboss-Klänge der schmiedenden Zwerge, die in der Opernwelt einzigartig sind.
  • Zum Schluss schreiten die Götter mit einem typischen Wagner-Ohrwurm zu einer Musik, die sich triumphhaft bis zu einem 3-fachen Fortissimo hinaufarbeitet, nach Walhall.

Opernherz, was willst du mehr? 

Hilfsdorf zeigt in seiner Inszenierung einen bürgerlichen Salon, in dem die Handlung stattfindet. Schon zu Beginn nimmt Loge an einem bürgerlichen Bistrotisch Platz, um den Beginn der phantastischen, prallvoll-farbenfrohe Oper einzuleiten. Eine scheinbare Idylle, in welche die böse Wirklichkeit immer wieder rabiat einbricht. So bricht z.B. auch die Lore mit dem Erzbrocken aus der Unterwelt wuchtig in den Salon und zersplittert dabei alle seitlichen Bühnen-Fassaden.

Rheinoper: Das Rheingold Foto: Hans Jörg Michel

Die 3 Rheintöchter (Lavinia Dames als Woglinde, Kimberley Boettger-Soller als Wellgunde und Maria Polanska als Floßhilde) sind eine bezaubernde Augenweide und auch sängerisch auf großer Flughöhe. Und zeigen ihre flirrend-erotischen Kostüme, wie aus einem Varieté von Toulouse-Lautrec entsprungen. Alberich hat ihrer gespielten Verführung nichts entgegenzusetzen, ihrem foppenden Spott am Ende natürlich auch nicht. Wie oft bei dieser Oper sind die 3 Rheintöchter gemeinsam die heimlichen Stars.

Alberich (David Stout) steigert sich im Verlauf des Abends immer weiter. Er stellt wunderbar das garstige, verwachsen-hässliche dar, das stümperhaft begehrende. Und am Ende auch seinen explosiven Hass. Eine gelungene Besetzung.

Oliver Zwarg zeigt einen eher machtlosen Wotan, der sich zwischendurch aber immer wieder in voller sängerischer Größe zeigen darf.  Zu Beginn wird er sogar im Rollstuhl mit einem Tuch über dem Kopf von Fricka (Anna Harvey) in langem Staubmantel und Reiseschleier auf die Bühne geschoben. Sind sie auf der Flucht? Was haben sie bei aller Bürgerlichkeit zu verbergen?

Rheinoper: Das Rheingold Foto: Hans Jörg Michel

Loge (Cornel Frey) beherrscht die Szene in der Inszenierung von Hilsdorf völlig. Er eröffnet den Abend mit Feuer auf seinen Handflächen, schiebt sogar die Vorhänge auf, ist offenbar auch der Zuhälter der Rheintöchter, lenkt intrigant die ganze Handlung. Charmant, gewitzt, gleichzeitig treu und untreu. Es kommt der Handlung sehr zugute, wie gut verständlich er sich durch den Text singt.

Gelungen grotesk kommen die beiden Riesen (Thorsten Grümbel als Fasolt, Sami Luttinen als Fafner) daher. Mit hohen Plateausohlen und Zylindern scheinen sie tatsächlich übergroß. Spielen ihre Rolle auffällig gut durch, sind sich nicht zu schade, ihre Bütterken-Dose auszupacken, während sie auf die Entscheidung der Götter warten.

Das Duisburger Publikum dankt mit anhaltendem Applaus, auch mit vereinzelten Bravorufen. 

Die weiteren Aufführungs-Termine und Tickets erhalten Sie hier.

Rheinoper: Das Rheingold Foto: Hans Jörg Michel

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