Premiere, 1.12. 2013, Besuchte Vorstellung 21. 12. 2013
Es hat fast den Anschein, als ob Wagners große romantische Oper die Regisseure und Ausstatter reizt, das Werk wider den Strich zu bürsten. Nach dem Debakel in Düsseldorf, wo nach der Premiere das Stück (angereichert mit Nazi-Symbolen) abgesetzt werden musste, ob des wütenden Publikumsprotests, gab es nun in Dortmund eine Inszenierung, die man zwar nicht als Debakel bezeichnen kann, die aber doch am Premierenabend (1.12.2013) von einem Großteil des Publikums abgelehnt wurde. War in Düsseldorf die Ablehnung einhellig, so war man in Dortmund pari.
Dortmunds Schauspieldirektor Kay Voges nahm sich des Stückes an. Er erschlägt diese romantischste aller Wagner-Opern mit einer gewaltigen Bilderflut. Die Video-Installationen, ganz großartig entworfen von Daniel Hengst, sowie die Bühnenausstattung von Daniel Roskamp, lassen das Auge nicht zur Ruhe kommen (Kostüme: Michael Sieberrock-Serafimowitsch). Vielfach wird man abgelenkt von der Musik, die opulent aus dem Graben kommt.
Auf der Bühne erscheinen Bilder, die berühren, aber auch erschrecken. Es werden Sichtweisen aufgetan, die befremden und Handlungen, die einfach nur peinlich und abstoßend sind. Wer das Stück nicht kennt, hat Mühe, den Handlungsfaden in diesem Labyrinth wiederzufinden. Es ist müßig, die Dinge hier aufzulisten. Es würde den Rahmen sprengen.
Doch es gibt ja noch die musikalische Komponente und die ist mit wenigen Einschränkungen hervorragend ausgefallen. Allein schon wegen der großartigen musikalischen Wiedergabe muss man diesen “Tannhäuser“ besuchen.
In absolut stupender Form war das Dortmunder Philharmonische Orchester und ließ farbigste Klangintensität hören. Das Orchester war wie unter Hochspannung unter den Händen von Dortmunds neuem GMD Gabriel Feltz. Instrumentale Details, die gemeinhin häufig untergehen, behielten bei aller drängenden Energie, betontes Gewicht. Der Kontakt zur Bühne war optimal. Souverän hatte Feltz alles im Griff und ermöglichte ein nuancenreiches Musizieren ein Miteinander wie aus einem Guss.
Prächtig und klangvoll wie immer erfreute der von Granville Walker einstudierte Chor des Theaters. Gelegentliche Meinungsverschiedenheiten mit dem Graben, was das Tempo anbelangte, waren geringfügig.
Über die Sänger ist nur erfreuliches zu berichten, bis auf eine Ausnahme, und diese war gerade der Sänger der Titelpartie, Daniel Brenna. Musste er in der Premiere noch lautstarken Unmut über sich ergehen lassen, so waren es an diesem Abend nur ein paar zarte Buhs.
Brenna verfügt über einen sehr kraftvollen Tenor, den er häufig zu kraftmeierisch einsetzt. Nimmt er ihn zurück, klingt es nach weinerlichem Gesäusel. Darstellerisch wird ihm viel abverlangt, bis hin zur Akrobatik. Wann hätte je ein Sänger des Tannhäuser vor dem Sängerkrieg einen Purzelbaum schlagen müssen. Absolut positiv zu beurteilen war seine sehr gute Textverständlichkeit, für einen Amerikaner nicht unbedingt alltäglich.
Christiane Kohl war die Elisabeth, ausstaffiert wie eine Madonna, mit Strahlenkranz und blondem wallenden Haar. Sie sang mit vorzüglicher Diktion, klangvoll und mit ungefährdeten Spitzentönen. Ihr Gebet im 3. Akt war sehr berührend.
Frau Venus hatte in Hermine May eine vorzüglich singende Vertreterin. Sie hatte Sinnlichkeit in der Stimme und Ausstrahlung. Ihr Outfit leider nicht. Auch hantierte sie sehr ungeschickt in der mickerigen Wohnküche ihrer schäbigen Plattenbauwohnung, in der sich Heinrich Tannhäuser in einem Ledersessel räkelte.
Mit quellfrischem Sopran sang Anke Briegel den Hirten. Hergerichtet war sie als Satyr (oder Pan?), mit langem Schwanz, Hörnern und Hufen. Mit schlankem Bass und sehr vibratoreich sang Christian Sist den Landgrafen.
Die Palme des Abends für die gesanglich herausragende Leistung ersang sich mit betörend klingendem Bariton Gerardo Garciacano in der Rolle des Wolfram von Eschenbach. Auch gestaltete er sehr überzeugend.
Die restlichen Minnesänger, Biterolf (Morgan Moody), Walther (Lucian Krasznec), Heinrich der Schreiber (Blazej Grek) und Reinmar (Martin Js. Ohu) sangen und spielten ausgezeichnet. Witzig waren sie als Rockergruppe beim Sängerkrieg auf der Wartburg (oder war es ein Song-Contest für “Thüringen sucht den Superstar“?).
Der Beifall war freundlich nach dieser ersten Vorstellung nach der Premiere. Ein paar zaghafte Buhs bekam Daniel Brenna, der sie freundlich entgegen nahm.