Dortmund, Theater Dortmund, Premiere Rosenkavalier, IOCO Kritik, 25.01.2015
Der Rosenkavalier von Richard Strauss
Diese Rosenkavalier - Premiere am vergangenem 25.01.2015 fand vor einem fast ausverkauften Haus statt. Eine erfreuliche Tatsache, die auch belegt, wie beliebt diese Komödie für Musik in all den Jahren, nach der Uraufführung 1911 in Dresden, geworden ist. 1966 wurde damit auch das neue Große Haus der Städtischen Bühnen Dortmund eröffnet. Danach gab es noch ein- oder zwei Neuinszenierungen hier.
Die aktuelle Inszenierung stammt vom Hausherrn Jens-Daniel Herzog. Die Erwartungshaltung war groß und man kann sagen, man wurde nicht enttäuscht. Herzog gelang eine wunderbar schlüssige Sichtweise auf das Werk, mit dem geschärften Blick auf den Untertitel “Komödie für Musik“.
Abgesehen von den turbulenten Szenen, die gottlob nur ganz selten in Klamauk ausarteten, gelang Herzog eine geschärfte Sicht auf die Personen und ihre seelische Befindlichkeit. Es waren manchmal nur Momentaufnahmen, kleine Gesten, die aber überraschende Wirkungen auslösten.
Wie zum Beispiel im Monolog der Marschallin, nach der Lever-Szene. Der vergessene Aktenkoffer des Notars, mit den Unterlagen der “Morgengabe“, wurde von Leopold, dem Kammerdiener des Barons, aus dem Zimmer geholt, behutsam leise um die meditierende Fürstin Feldmarschall in ihren Betrachtungen über das Leben nicht zu stören. Überhaupt, Herzog holte diese stumme Rolle aus ihrem dumpfen Klischee heraus und gestatte ihr empfindsame Züge.
Natürlich gab es auch Sichtweisen, die zwar amüsierten, aber letztendlich entbehrlich waren, wie die Mutation Mariandls zur Peitsche schwingenden Domina, die den gebeutelten Baron Ochs an seinen Hosenträgern wie ein Hündchen hinter sich herzog.
Sehr beeindruckend geriet die Bühnenausstattung von Matthias Neidhardt. Im ersten Akt ist es klassischer Stuck, im zweiten Akt die Reste dessen, gepaart mit einem noch nicht ganz bezugsfähigen Palais Faninal (mit hypermodernem Interieur), so dass Oktavian seine Silberrose der Sophie auf dem Dach überreichen musste (auf das sie zu klettern hatten).
Sehr schön war das erste Bild mit dem üppigen goldenen Doppelbett, das allein auf der Bühne stand vor einem golden funkelnden Sternenhimmel. Erst als Oktavian seine ersten Worte an die Marschallin richtete, kamen vom Bühnenhimmel schwebend die entsprechenden Wände dazu. Bett und Sternenhimmel sah man wieder nach dem finalen Terzett. Doch diesmal teilte Sophie mit Oktavian das Bett. Das war ein schöner Einfall.
Weniger schön war das “verfluchte Extrazimmer“ in dem kaschemmenartigen Wirtshaus. Eine Absteige übelster Provenienz mit zerborstenem Dach und zertrümmerten Scheiben. Wenn es dazu gekommen wäre, hätte Baron Ochs die Jungfer Mariandl auf einer in der Ecke liegenden, durch eine Decke verhängten Matratze deflorieren müssen. Stilistische Vielfalt war angesagt bei den Kostümen, die Sibylle Gädeke entworfen hatte. Besonders gefallen konnte das Kostüm Oktavians.
Ob orchestral oder gesanglich, die musikalische Komponente war einfach großartig.
GMD Gabriel Feltz am Pult der Philharmoniker ließ die kostbare Musik funkeln wie die Sterne am Hintergrundprospekt der Bühne. Vom sehrenden Überschwang der Einleitung des ersten Aufzuges, bis zum elegischen Terzett und dem Jubel der beiden Liebenden, war alles wie aus einem Guss. Die Dortmunder Philharmoniker waren prachtvoll disponiert und ebenso in Laune.
Bei den Sängern gab es absolut nichts zu bemängeln. In der Titelpartie des Oktavian verströmte Ileana Mateescu Wohllaut, Temperament, Spielfreude und eine geradezu maskuline Ausstrahlung. Sie wurde zu Recht frenetisch gefeiert.
Für die vorgesehene Christiane Kohl, die aber wegen Erkrankung absagen musste, sang Emily Newton die Feldmarschallin. Newton war für den Premierenabend eigentlich als Leitmetzerin besetzt. Nun sang sie ein paar Wochen eher als vorgesehen ihre erste Feldmarschallin und das tat sie ausgezeichnet. Sehr berührend waren ihre Gestaltung des Verzichts auf Oktavian und ihre vokale Präsenz. Ashley Thouret gefiel als Sophie durch ihr natürliches Spiel und durch ihren feinen, lichten Sopran, der die hoch liegende Tessitura der Partie souverän bewältigte.
Eine weitere Umbesetzung gab es. Auch der für die Premiere vorgesehene Christian Sist musste wegen Erkrankung absagen. Seine Alternativ-Besetzung
Karl-Heinz Lehner sang nun die Premiere und er erbrachte eine wunderbare Leistung. Vielen Besuchern ist er noch bekannt als junger Bass in der Ära Dew, wo er einen wunderbaren Don Giovanni sang und auch in vielen französischen Opern in dieser Zeit reüssierte. An diese Leistungen konnte er nahtlos mit seinem Ochs anknüpfen, den er nicht nur makellos sang, sondern auch mit Noblesse und Eleganz, sowie ausgeprägter mimischer Vielseitigkeit spielte. Sangmin Lee war ein starkstimmiger, sonorer Faninal und machte auch eine gute Figur.
Prächtig besetzt waren alle weiteren Rollen. Das derzeitige Dortmunder Ensemble kann sich hören lassen. Stellvertretend für alle nicht genannten sei Lucian Krasznec erwähnt, der die vertrackte Arie des “Sängers“ mit vokaler Bravour schmetterte.
Das Publikum war begeistert, größtenteils. Aber es gab auch Missfallen, das sich in Buhs und Trillerpfeifen bemerkbar machte und an die Adresse des Regieteams ging.
IOCO / UGK / 25.01.2015
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