Dortmund, Opernhaus Dortmund, DIE WALKÜRE - Richard Wagner, IOCO

Dortmund, Opernhaus Dortmund, DIE WALKÜRE  - Richard Wagner, IOCO
Opernhaus Dortmund © Oper Dortmund

Die Oper Dortmund feiert in dieser Saison ihren großen Wagner-Kosmos. Der gesamte Ring des Nibelungen, also alle 4 Opern, werden zusammenhängend aufgeführt. Ein seltenes Ereignis für jedes städtische Opernhaus.

Um dieser großen Herausforderung gerecht zu werden, wurde in den letzten Jahren jeweils ein Abend der Tetralogie als Premiere herausgebracht. In dieser Saison geschieht folgendes:

  • Das Rheingold, die Walküre, der Siegfried haben ihre Wiederaufnahme.
  • Die Premiere der Götterdämmerung, die den Ring vollständig macht, steht im Mai diesen Jahres noch bevor.
1. Akt, Siegmund und Sieglinde (c) Thomas Jauk

Heute erleben wir die Wiederaufnahme Walküre von 2022. Natürlich soll dies zusammen mit den anderen beiden Wiederaufnahmen Appetit auf die bevorstehenden Gesamtaufführungen des Ring im Mai und Juni machen.

Der Regieansatz von Peter Konwitschny ist kein Ausflug in eine heroische Götterwelt. Die Handlung findet vielmehr wie folgt statt:

  • Als Walhall wird ein mondänes, großzügiges Penthouse mit überaus bequemen Sofas und einer Getränkebar gezeigt, an der sich Wotan gerne bedient.
  • Hundings Halle besteht aus einem Apartment mit einfacher Küchenzeile und einem Fernseher.

Die Walküren kommen nicht im kriegerischen Outfit daher, sondern in blauen Kostümen, die für junge Schulmädchen oder Matrosen passen würden. Heroische Speere und Schwerter gibt es nur ein verkleinerte Ausführung, was wie Kinderspielzeug anmutet. Eine Ausnahme wird nur für das Schwert gemacht, das Siegmund erringt. Es zeigt beeindruckendes Großformat und ist zudem noch bühnenwirksam magisch beleuchtet.

1. Akt, Siegmund und Sieglinde (c) Thomas Jauk

Viele Details sind ausgesprochen spielerisch inszeniert:

  • Wotan und Brünnhilde spielen am Beginn des 2. Aktes selbstvergessen mit kleine Feuerwerkskörpern und Knallfröschen. Sie freuen sich völlig selbstvergessen und tollen dabei auf allen Vieren herum.
  • Mit den Spielzeugwaffen wird eher humorvoll hantiert ohne es Ernst zu meinen. Sie taugen mehr als Persiflage und steigern ganz offenbar die Spielfreude.
  • Brünnhilde vergreift sich sogar an Wotans Augenklappe und bindet diese um den Schaft des Spielzeug-Speers.
  • Die beiden Männer in Hundings Halle (Siegmund und Hunding) schauen nach dem Abendessen gemeinsam Fernsehen (Fußball ist es Gott sei Dank nicht) und spielen zusammen Karten.
  • Ein besonderer Clou ist vorgesehen, wenn das Schwert Nothung aus dem Stamm gezogen werden soll. Da es so hoch über den Bühne hängt, muss Wotan aus dem Bühnenhintergrund und auf leisen Sohlen erst eine Leiter herbeischleppen, auf der das Paar in Richtung Schwert klettern kann. Zusätzlich zögert Siegmund auf der Leiter so lange, bis Sieglinde dann das Schwert entschlossen ergreift und es an ihn weitergibt. Wer ist hier gerade der Held / die Heldin?
2. Akt, Wotan und Brünnhilde (c) Thomas Jauk

Das Konzept geht durchaus auf. Es zeigt die Gefühle eines modernen Staatenlenkers von heute angesichts einer unvorstellbaren Bedrohung, der er verzweifelt versucht zu entrinnen. Umgeben ist der Staatenlenker von herumstolpernden Menschen und Walküren, alle verstrickt in ihr Schicksal unter der herrschenden großen Not. Und natürlich zeigt das Konzept auch, wie die Liebe verraten wird (durchaus planvoll-genussreich von Fricka, von der Not gezwungen zweifach von Wotan) , und wie es fast völlig unmöglich wird, einfach nur zu lieben (Siegmund und Sieglinde). Insgesamt kann man sagen, der Ring wird hier nicht nur entrümpelt, er wird darüber hinaus sehr wohltuend entmythologisiert.

Die heutige Besetzung kann sich wirklich sehen lassen:

  • Wotan ist mit Tomas Konieczny glänzend besetzt. Mit sehr mächtiger Stimme, in allen Registern erstklassig, zeigt er auch ein sattes tiefes F. Man nimmt Wotan ab, wie verzweifelt er sich windet, um den Götter-GAU noch irgendwie abzuwenden. Kein noch so schäbiges, hinterlistiges Mittel will helfen. Seinen großen Monolog vor Brünnhilde zeigt er in selten gesehener, fast atemlose Intensität. Man kann bis zur letzten Zuschauerreihe mitfühlen mit dem gestrandeten Gott, dessen Welt in Scherben liegt.
  • Stéphanie Müther als Walküre zeigt völlig mühelos die schwierigen Walküren-Rufe, glänzend in der Höhe und einer angenehm warmen Mittellage.
  • Fricka (Kai Rüütel-Pajula) könnte einem Bestiarium für Ungeheuer entlaufen sein, so eiskalt rachsüchtig kommt sie daher. Sie vereint gekonnt die bewusst eingesetzten weiblichen Reize mit einer abgrundtiefen Bösartigkeit, die sie mit einem Lächeln auf den Lippen serviert. Sehenswert! So seziert eine Frau genussvoll triumphierend die Macht des Göttervaters.
  • Und natürlich, wie in jeder Walküre-Aufführung, steht die Frage im Mittelpunkt: Wie sehr können Siegmund (Victor Antipenko) und Sieglinde (Barbara Senator) das Publikum im 1. Akt mitreißen? Sie steigern sich beide enorm und nehmen schließlich eine Fahrt auf, die der Flughöhe der Wagnerschen Musik in diesem Akt gerecht wird.

Das Dortmunder Publikum ist von der heutigen Wiederaufnahme begeistert, dankt mit lang anhaltendem Applaus. Der gesamte Ring darf kommen in Dortmund.

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