Colmar, FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR 2024, IOCO

Das Festival International de Colmar 2024 mit dem vor zwei Jahren ernannten französischen Chefdirigenten Alain Altinoglu von der Opéra de Bruxelles La Monnaie als neuen künstlerischen Direktor. Die Einwohner von Colmar ..... wir erlebten mitreissende Konzerte .... mehr ....

Colmar, FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR 2024, IOCO
Théâtre Municipal de Colmar @Wikimedia commons

EIN MUSIKALISCHER FESTIVAL-AUSKLANG DER SUPERLATIVE…

 von Peter Michael Peters

Wir waren zum reichhaltigen Festival International de Colmar 2024 eingeladen, das vor zwei Jahren mit großem Erfolg den französischen Chefdirigenten Alain Altinoglu von der Opéra de Bruxelles La Monnaie als neuen künstlerischen Direktor ernannt hatte. Die Einwohner von Colmar, Musikliebhaber und natürlich auch durchreisende Touristen jeden Alters und mit unterschiedlichem Hintergrund konnten ein überaus breites Programm genießen. Das Progrann ist darauf ausgelegt, die Geschmäcker eines breiten Publikums zu vereinen, aber auch die großen Ansprüche der leidenschaftlichsten Musikliebhaber zu befriedigen. Drei symbolträchtige Orte in der Stadt Colmar waren Schauplatz dieses Programms, das jeweils einem bestimmten Konzerttyp gewidmet war und zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt stattfanden: Um 12.30 Uhr im Koïfhus für Solo- oder Kammermusik-Konzerte für die jungen Talente, um 18.00 Uhr im Théâtre Municipal für Kammermusik-Konzerte mit bekannten Interpreten und um 20.30 Uhr in der Église Saint-Matthieu für die großen Symphonie-Konzerte am Abend. Mit vier Konzerten in zwei Tagen hatten wir ein übervolles und reiches Programm mit vielen extraordinären Künstlern und auch mit äußerst interessanten und seltenes Werken.

THÉÂTRE MUNICIPAL DE COLMAR - Programm

- 12. Juli 2024 - Pierre Génisson, Klarinette, Frank Braley, Klavier -

Robert Schumann (1810-1856): Fantasiestücke für Klarinette und Klavier, Op. 73 (1849)

Johannes Brahms (1833-1897): Sonate für Klarinette und Klavier, N°1 in f-Moll, Op. 120 (1894)

 Claude Debussy (1862-1918): Rhapsodie für Klarinette in B-Dur (1910)

 George Gershwin (1898-1937): Rhapsody in Blue, arrangiert für Klarinette und Klavier (1924)

Zwischen romantischen und jazzigen Rhapsodien…

Mit seinen Fantasiestücken bietet Schumann der Klarinette wundervolle Soli und begründet damit endgültig die Emanzipation des Instruments, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts oft auf das Orchester beschränkt war. Am Ende seines Lebens entdeckte Brahms, sein ehemaliger Schützling, den Zauber dieses Instruments mit seinen außergewöhnlichen Klängen wieder und schuf mit seinen beiden Sonaten des Opus 120 ein Diptychon, das sich schnell zu einem der schönsten Meisterwerke im Repertoire des Instruments etablierte. Auf der anderen Seite des Rheins komponierte Debussy für einen Klarinetten-Wettbewerb des Conservatoire de Paris seine Rhapsodie, aber was für eine sensuelle und emotionelle Verführung für eine derartige kurze Gelegenheitsarbeit. Was Gershwin betrifft, der gerne Jazz-Einflüsse in seine Kompositionen mischte, wissen wir auch welchen Platz die Klarinette in seiner brillanten Rhapsody in Blue einnimmt. Wir freuen uns daher, diese Musikseite in einer Transkription für Klarinette und Klavier wieder zu finden! Der Dialog zwischen Génissons virtuoser Klarinette und Braleys äußerst poetischem Klavier verspricht uns eine Stunde von purer Magie!

FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR: Théâtre Municipal - Pierre Génisson, Klarinette - Frank Braley, Klavier @ FIC / Bertrand Schmitt

Die beiden Ausnahmekünstler bieten uns ihre wunderbare Komplizenschaft mit einer faszinierenden Osmose an. Die Subtilität und Poesie des Spiels des Pianisten trifft ideal auf die Finesse und das geheimnisvolle Spiel des Klarinettisten. Bei Schumanns Fantasiestücken und Brahms Sonate waren wir fast sprachlos von ihrer Fähigkeit, fast verstörende Klänge zu erzeugen, da der Diskurs so originell, tief durchdacht und überhaupt nicht akademisch war. Debussy Rhapsodie war ein großartiger Moment von sublimer Erfindung und genialem Ausdruck. Was Gershwins Rhapsody in einem Arrangement für Klarinette und Klavier betrifft, so konnten wir die Kombination aus instrumentalem Jubel der beiden Interpreten in vollen Zügen genießen. Eine Reihe von Kletzmer-Musik als Zugabe rundete dieses hochkarätige Konzert mit einem der bekanntesten Stücke dieses Repertoires ab: Sholem Alekhem zeigte, wie vertraut Génisson mit diesem Repertoire ist und gab der Klarinette, dem „Flaggschiff“-Instrument der Kletzmer-Musik, alle nur erdenklichen Möglichkeiten um in dieser so beliebten und überfarbigen Musik-Welt: So reich und überwältigend zu spielen!

Samstag, 13. Juli 2024 - Programm

Sarah & Deborah Nemtanu, Violinen

Jean-Marie Leclair (1697-1764): Sonate N° 2 für 2 Violinen in A-Dur, Op. 3, N° 2 (1728)

Giovanni Battista Viotti (1755-1824): Duo für 2 Violinen in D-, Op. 29, N° 1 (1790)

 Armin Kaufmann (1902-1980) / Béla Bartók (1881-1945): Acht Duos (1950) / 44 Duos (1931) (Auszüge)

 Alexei Igudesman (*1973): Klezmer-Duos (arr. von A. Igudesman)

Die Violine vom Barock bis zum Klezmer…

Wenn wir wissen, dass Leclair als Tänzer begann, sind wir nicht mehr überrascht über den überaus tanzbaren Charaktere all seiner Musik. Als genialer Geiger ebnete er den Weg für alle kommenden großen Virtuosen und sein Einfluss reichte weit über die Grenzen von Frankreich hinaus: Viotti nutzte sein Erbe, um seine Meisterwerke zu schaffen und die moderne Geigentechnik zu entwickeln… Den Schwestern Nemtanu lag am Herzen uns einige der aufregendsten Kompositionen vorzustellen. Kaufmann, ein Musiker aus der Bukowina und gewissermaßen ein Wunder-Geiger, der wie Bartók vor ihm, sich von der populären Musik seines Landes inspirieren zu lassen.

Wenn Bartók zweifellos nicht mehr unbedingt in der Öffentlichkeit präsentiert werden muss, gilt dies jedoch nicht für Kaufmann, der dennoch viele Gemeinsamkeiten mit seinem älteren Kollegen hatte. Wie auch er interessierte er sich schon sehr früh für die populäre Musik seines Landes und integrierte sie dann in seine eigenen Werke ein. Die Acht Duos, zu deren Entdeckung Sarah und Deborah uns hier einladen, zeugen von dieser Anziehungskraft auf die Musik seiner heimatlichen Wurzeln. Dies ist auch der Grund, der sie dazu ermutigte, mit dieser für uns unbekannten Musik einige der berühmten 44 Duos von Bartók zu vermischen, die uns so auf ein Reise durch die Klanglandschaft des Balkans mitnehmen…

FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR : Théâtre Municipal - Sarah und Deborah Nemtanu, Violinen @ FIC - Bertrand Schmitt

Die Klezmer-Musik ist eine Instrumental-Tradition der aschkenasischen Juden aus Mittel- und Osteuropa, die in ihrer Inspiration und den daraus entstehenden Emotionen oft sehr ähnlich sind. Sie entwickelte sich ab dem 15. Jahrhundert und ihre Ursprünge gehen auf mittelalterliche slawische Musik-Traditionen und natürlich auch auf die sentimentale Musik der wandernden Zigeuner zurück. Das Wort Klezmer setzt sich aus den hebräischen Wörtern „kley“ (Instrument) und „zemer“ (Lied, Melodie) zusammen. Die Klezmorim waren hauptsächlich umherziehende Musiker, die an den Migrations-Bewegungen der Juden aus Europa teilnahmen und  von der Musik der Länder, die sie durchquerten genährt wurden. So finden wir den Einfluss von Musik aus Mitteleuropa, Osteuropa, dem Balkan und von den Zigeunern wie schon gesagt, ja sogar auch türkische Musik! Die uns hier angebotenen Musik-Seiten stammen aus einer zusammengestellten Sammlung, die von dem russisch-deutschen Komponisten und Violinisten Igudesman arrangiert wurden. Es ermöglicht uns, die Quintessenz dieser Musik zu finden, in der die jüdische und slawische Seele eine wunderbare Osmose eingeht.  

Die beiden sehr bekannten Violinistinnen sind auch Konzertmeisterinnen an einem der großen französischen Orchester: Sarah beim Orchestre National de France und Deborah beim Orchestre de Chambre de Paris. Diese beiden jungen Künstlerinnen sind äußerst talentiert und gastieren als Solistinnen in er ganzen Welt. Aber hier bei diesem Konzert haben sie uns wohl etwas enttäuscht! Am besten sagen wir es gleich vorweg: Es waren die Auszüge aus Bartóks 44 Duos, die uns wirklich faszinierten, denn die polyphone Dichte dieser kurzen Stücke und die Intelligenz des Klangmaterials, das der Kompositeur einsetzt, passen wunderbar für unsere beiden Interpretinnen. Wir hätten uns gewünscht, dass sie bei diesem Korpus blieben und es in seiner Gesamtheit aufführten, anstatt im ersten Teil ihres Konzerts Sonaten für zwei Violinen vorzustellen, die unserer Meinung nach nicht besonders interessant waren: Leclair und Viotti! Ebenso haben sie sich eigenartige Stücke der Klezmer-Musik ausgesucht, die sie am Ende ihres Konzerts mit Talent und Jubel vorgetragen haben,  die von einem gewissen Igudesman adaptiert waren. Die uns aber sehr fragwürdig vorkam, da sie den Geist dieser Musik völlig verzerrt haben, indem sie zu etwas Ähnlichen wird wie etwa billige Unterhaltungsmusik oder schwülstige und verrauchte Varieté-Ambiente… Aber natürlich war es die gemeinsame Anwesenheit der Nemtanu-Schwestern, die mit ihrer offensichtlichen Komplizenschaft, dem gewaltigen Charme und der feurigen Brillanz, mit der sie abwechselnd diese Werke präsentierten: Das war für ein sichtlich erobertes Publikum bestimmt, all das ist natürlich ein großer Erfolg!

Église Saint-Matthieun in Colmar @ Wiki commons

ÉGLISE SAINT-MATTHIEU, Colmar - Freitag, 12. Juli 2024:

Percussions de Strasbourg - Alexandre Esperet, Minh-Tâm Nguyen, Thibaut Weber

Johann Sebastian Bach (1685-1750): Triosonaten für Orgel, N° 6, BWV 530 (1723)

 Iannis Xenakis ( 1922-2001): Okho (1989 )

 Michaël Levinas (*1949): Les Invariants: Cinq clairières (2021)

 Iannis Xenakis: Psappha (1976)

 Johann Sebastian Bach: Triosonaten für Orgel, N° 3, BWV 527 (1730)

 Iannis Xenakis: Rebonds A & B (1988)

 Toru Takemitsu (1930-1996): Rain Tree (1981)

Von Bach bis Takemitsu: Kaskadierende musikalische Emotionen…

Die Percussions de Strasbourg, ein international renommiertes Ensemble, sind es gewohnt uns zu den Klängen ihrer Instrumente zum vibrieren zu bringen. Ob es sich um eine Transkription oder um ein speziell für Schlagzeuge komponiertes Werke handelt, ihre Programme sind immer eine heilsame Reise durch die schönsten Klangwege aller Welten. Heute Abend wird diese Reise mit Bach und seinen jubelnden Triosonaten und mit dem zeitgenössischeren Universum von Xenakis oder Takemitsu, aber auch Levinas vereint, der mit seinem Konzept der Invarianten uns direkt wieder zu Bach zurück führt: Dem höchstwahrscheinlich größten und genialsten Schöpfer der sogenannten musikalischen Invarianten in unserer  reichen Musikgeschichte

Ein umwerfendes Konzert erwartete uns mit den Percussions de Strasbourg aufgrund der Vielfalt des präsentierten Repertoires und der Subtilität der drei auftretenden Schlagzeuger. Wie bei jedem Konzert dieser Art richtet sich das Interesse des Publikums, noch bevor nur ein Ton erklingt, zunächst das auf der Bühne arrangierte Instrumentarium. Wie so oft im Perkussions-Repertoire erzeugen die Begriffe Resonanz, Nachhall und natürlich vor allem der Rhythmus die Komposition, die in einem ganz spezifischen Klanguniversum verankert ist und nicht durch die Tonhöhe des Klangs bestimmt wird: Sondern besonders durch Spielmodifikationen, Materialien, matte oder glänzende Klänge und mehr.

FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR : Église Saint-Matthieu - Percussions de Strasbourg @ FIC - Bertrand Schmitt)

Alexandre Esperet, Minh-Tâm Nguyen und Thibaut Weber, Foto oben, haben sich entschieden, eine Reihe von Werken und Transkriptionen zu präsentieren, die nicht nur ihr besonderes Talent, sondern auch vor allem die Bandbreite der klanglichen Möglichkeiten der perkussiven Welt am besten hervorzuheben. Zwei Triosonaten, ursprünglich von Bach für die Orgel geschrieben, bilden gewissermaßen eine Art „verträumtes Herzstück auf einer bis heute unerreichten Wolke“, die sich zusammen mit Stücken aus dem 20. Jahrhundert langsam entwickeln. Von Xenakis und Takemitsu als ältesten bis hin zu Levinas aus der jüngeren Generation. Die Darbietung der drei Interpreten mit Bach, die mit einer äußersten ungewohnten Sanftheit spielten, fragten wir uns, ob sie einen Dämpfer an ihren Keyboards installiert haben, aber Minh-Tâm Nguyen wird uns sagen, dass dies nicht der Fall war… Wir trafen ihn am nächsten Morgen beim Frühstück! Bach, dessen Musik sich, wie wir wissen, für alle Transkriptionen eignet, findet sich hier auf magische Weise in eine Quintessenz des Kontrapunkts verwandelt, als wäre er durch den zeitlichen Filter unserer Träume gegangen. Ein außergewöhnlicher Moment!

FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR : Église Saint- Matthieu - Percussions de Strasbourg : Thibaut Weber, Minh-Tam Nguyen, Alexandre Esperet @ FIC - Bertrand Schmitt

Die drei Werke von Xenakis Okho, Psappha und Rebonds A & B sind mittlerweile große Klassiker im Repertoire der Musik für Perkussion, auch haben sie sich eindrucksvoll mit Bach und mit den anderen Komponisten des Abends sehr gut integriert. Was Takemitsu betrifft, so war er inspiriert für seine Serie Rain Tree Sketches von den Schriften über den Regenbaum des japanischen Schriftstellers Kenzaburo Ōē (1935-2023), der folgendes sagt: „Dieser Baum, dessen Blätter ein Regenreservoir bilden, der im Laufe der Zeit lange nach dem Regenguss verteilt endete“ – was aber Takemitsu als Metapher für die Erinnerungen verwendet. Die Version von Rain Tree für Schlagzeug ermöglicht uns, wie Jean-Jacques Grolleau in der Konzertpräsentation treffend schreibt: „Eine wunderbare Studie von Klängen über die Wirkung des Wassers“ zu hören. Levinas schließlich glänzt mit seiner Komposition  betitelt Les Invariants: Cinq clairières, dessen 1. und 5. Satz (Clairière) den schönen Titel  „Le Choral en larmes“ tragen. Über dieses Werk, das 2021 von den Percussions de Strasbourg uraufgeführt wurde, sagt der Komponist selbst unter anderem Folgendes: „Mit dem Aufkommen der gleichschwebenden Stimmung am Ende des Barock wurde dieses Konzept der Invariante in das musikalische Schreiben von Komponisten eingeführt, insbesondere seit Bach. […] Die eigentliche Struktur des auf invarianten basierenden Schreibens ist keine einfache Rückkehr zum Geist des Barock. Es ist eine kreative Suche nach etwas jenseits der Klangfarbe und seiner Form der musikalischen Abstraktion des von seiner allzu starken klanglichen Identität befreiten Werks ebnet. Das Schreiben einer Schlagzeug-Komposition für drei temperierte Keyboards ist ein Akt des Komponieren und eine radikale Auseinandersetzung mit diesem Konzept der Invariante“.  Eine Radikalität, die sich daher auch in den Werken Bachs wiederfindet, die an diesem Abend großartig transkribiert aufgeführt wurden.

 

Samstag, 13. Juli 2024:

Simon Trpčeski, Klavier, Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo, Kazuki Yamada, Direktion

 Johannes Brahms: Konzert für Klavier und Orchester N° 2 in B-Dur, Op. 83 (1881)

 Bedřich Smetana (1824-1884): Mein Vaterland: Die Moldau (1875), Sárka (1877)

Antonin Dvořák (1841-1904) Karneval, Ouverture, Op. 92 (1892)

FESTIVAL INTERNATIONAL DE COLMAR - Simon Trpceski, Klavier - l'Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo, Kazuki Yamada, Dirigent @ FIC- Bertrand Schmitt

Brahms Klavierkonzert N° 2 ist ein absolutes Meisterwerk des romantischen Konzertrepertoires und ein riesiges Fresko, das die Grenzen der menschlichen Seele berührt. Der Komponist lässt sich wunderbare Freiheiten, indem er das Werk in vier Sätze anstelle der kanonischen drei Sätze und entfaltet somit abwechselnd das Intime mit dem Grandiosen… Im zweiten Teil begeben wir uns an die Ufer der Donau, zu einer wunderschönen Hommage an die tschechische Musik mit zwei ihrer großen Genies: Smetana und Dvořák. Wir müssen wohl nicht mehr Die Moldau zu präsentieren, die zu einer wahren tschechischen Nationalhymne geworden ist. Während Sárka ein weiterer Teil dieses Zyklus  Mein Vaterland ist, die die Geschichte einer tschechischen Heldin erzählt, die den Tod von Königin Libuŝe rächte, indem sie sich heimlich in das feindliche Lager einschlich… Als letztes Werk wird die extravagante Karnevals-Ouverture, die der japanische Dirigent Kazuki Yamada und l‘Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo beschlossen haben, uns hier zu interpretieren.

Überreiche fünfzig Minuten zum Träumen in anderen Welten…

An diesem für uns letzten Abend war es fast eine sogenannte Sternstunde, die am musikalischen Horizont aufstieg mit der phantastischen und sensiblen Interpretation des mazedonischen Pianisten Simon Trpčeski im beeindruckenden Klavierkonzert N° 2 von Brahms. Ein derartiges elegantes und feines  Spielen hatten wir uns heute Abend doch nicht erträumt. Fast alles wurde ohne Pedale gespielt und das Klavier wurde niemals behämmert, es waren pure überreiche fünfzig Minuten zum Träumen in anderen Welten… Mit Smetanas Die Moldau hatte das Orchester die perfekte Gelegenheit, sein Publikum zu begeistern, doch die berühmten Flötensolos, die das Werk eröffnen, waren in einem so schnellen Tempo vorgetragen, dass die Poesie der Musik für diese sogenannte Flussbeschwörung etwas an Kraft verlor. Vielleicht eine Auswirkung der kirchlichen Akustik, oder auch hier eine gezielte Entscheidung: Diesem schönen Anfang in der Schwebe den Anschein einer Fanfare zu verleihen? Wir wissen es nicht! Doch Dvořák und seine Karnevals-Ouverture fanden  schließlich volle Unterstützung, bevor das Orchester und sein Dirigent noch als Zugabe einen sehr willkommenen Ungarischen Tanz von Brahms anboten: Eine wunderschöne Schlussapotheose! Das allerletzte Konzert des Festivals am 14. Juli konnten wir leider nicht mehr erleben, da wir zurück nach Paris mussten.

Trotz einiger Interpretations-Schwächen waren die zwei Tage mit den vier Konzerten ein einzigartiges Schwelgen in musikalischen Kostbarkeiten. Wir nehmen ungerne Abschied von Colmar und seinem großartigen Festival! Vielen Dank für die vielen großen Momente,  in denen wir in und mit Musik atmen konnten. (PMP/27.O7.2024)