Bregenz, Festspielhaus, Moses in Ägypten von Gioacchino Rossini, IOCO Kritik, 29.07.2017
Der Auszug aus Ägypten - Und das Meer teilte sich...
Moses in Ägypten von Gioacchino Rossini
Von Daniela Zimmermann
1818 wurde Gioacchino Rossinis Oper Mosè in Egitto (Moses in Ägypten) im Teatro San Carlo in Neapel, dem berühmtesten Theater der Zeit, uraufgeführt; während des Fastenmonats. Da Vergnügliches in der Fastenzeit verboten war bezeichnete Rossini sein Werk als Oratorium; Stücke mit biblischem Inhalt waren erlaubt. Mosè in Egitto wurde damals nur selten aufgeführt. Die Schwierigkeiten, sieben Plagen und die Teilung des Roten Meeres auf der Bühne darzustellen, machten die Oper für Regisseure wenig attraktiv. Schon Rossini war von den Bühneneffekten der Uraufführung enttäuscht. Die Bregenzer Festspiele brachten nun in Kooperation mit der Oper Köln mit technisch filigraner Innovation besonderes auf die Bühne des Festspielhaus Bregenz.
Der Auszug der Israeliten aus Ägypten wird im 2. Buch Mose des Alten Testament der Bibel ausführlich beschrieben: Die zehn Plagen, die Teilung des Roten Meeres, durch welche den Hebräern die Flucht aus Ägypten gelingt während die folgende Flutung des Meeres den verfolgenden Ägyptern den Tod bringt. Rossinis Librettist Andrea L.Tottola hat dieses Oratorium mit einem Liebeskonflikt bereichert: Osiride, Sohn des Faraone, liebt Elcia, eine Hebräerin. So beschwört Osiride seinen Vater Faraone die Hebräer nicht fortziehen zu lassen....
Regisseurin Lotte de Beer inszeniert Rossinis Moses in Ägypten in Zusammenarbeit in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Theaterkollektiv Hotel Modern. Lotte de Beer grübelte: “Wie teile ich das Rote Meer? Wie behandle ich die Gottesvorstellung? Nehme ich sie ernst und akzeptiere die göttlichen Elemente..?“ In Zusammenarbeit Hotel Modern, bekannt durch für die Bühne gefilmte und projizierter winzige Puppen und Objekte, entwickelt Lotte de Beer ihr Szenarium: Mehrere hundert winziger Puppen werden erstellt. Die Skelette meist aus Kupferdraht, Kleidung aus Papier, Haare aus Wolle oder Federn; dazu werden Waffen, Fahrzeuge, Instrumente, Gebäude, Strassen nachgebildet; „Niemals perfekt, sondern stets in universeller Einfachheit“, so Lotte de Beer. Gemeinsam mit den Solist/innen und Chor wird dann im Festspielhaus Bregenz eine faszinierendste Geschichte des Alten Testaments nachgestellt, das damalige Schicksal Tausender plastisch sichtbar erzählt. Hunderte kleinster Puppen bewegen sich simultan auf kleinen Tischen der Bühne und groß auf die hintere Bühne projiziert; man erlebt die Plagen emotional ergreifend: Riesige Insekten, die Verdunklung, die Zerstörung der Städte durch Feuer und Blitz und, höchst spannend, die Teilung des Roten Meeres, der Exodus der Hebräer und die anschließende Flut, tödlich für die verfolgenden Ägypter.
Das Team Hotel Modern ist in das Bühnengeschehen stets aktiv einbezogen. Sänger und Sängerinnen, in auffallend schlicht gehalten Kostümen, werden auch des Öfteren zurecht gerückt oder gestellt, wie Puppen. Hotel Modern arrangiert, betrachtet und ist beständig mit der Choreographie ihrer Kunstfiguren beschäftigt. Dabei beherrscht eine riesige Kugel mit ägyptischer Wüstenlandschaft die Bühne. Gleichzeitig dient diese Kugel als Projektionsfläche für das grandiose Puppenspiel.
Die großartigen Wiener Symphoniker unter Enrique Mazzola, spielen Gioacchino Rossini wie immer wie er meist ist, direkt, fröhlich. Selbst größtes Unheil kann Rossinis immer lebensfroher Lebenseinstellung wie seinen Kompositionen nichts anhaben: Lebendig, positiv, italienisch. So ist den Moses in Ägypten nicht wirklich ein Oratorium sondern eine Semi-Oper. Leidenschaftlich lieben sich Orsiride, Sunnyboy Dladla und Elcia, Clarissa Constanzo. Dlada singt mit höhensicheren lyrischen Tenor und Clarissa Constanzo mit gefühlvoll ausdrucksstarkem Sopran, auch ihre Koloraturen sind sanft geformt. Die großen Gegenspieler sind der Faraone, Andrew Forster Williams und Moses Goran Juric, beide stark in der Darstellung und mit wunderbaren Stimmen. Moses, eine wuchtige Erscheinung mit seiner kräftigen Bassstimme mal drohend, dann wieder wütend und auch sanft, kämpft er gegen den Faraone, der sich sehr souverän gut zu behaupten weiß. Gesanglich und spielerisch sehr gut auch seine Gemahlin Amaltea, von Mandy Fredrich überzeugend dargestellt.
Lotte de Beer und HOTEL MODERN bringen in Bregenz Moses in Ägypten ungewöhnlich, weil tiefgründig und technisch höchst komplex.. Die emotional ergreifende Darstellung des Auszugs der Hebräer aus Ägypten mit zahllosen Kunstfiguren, packenden Projektionen und einem starkem Ensemble im Festspielhaus Bregenz war technisch filigran hat wohl kaum einen Besucher unberührt gelassen.
Ein Wermutstropfen: Die auffällige Produktion Moses in Ägypten ist 2017 in Bregenz nicht mehr zu sehen. Ab
13. April 2018wird diese Moses in Ägypten - Inszenierung durch die Oper Köln im StaatenHaus Köln gespielt.---| Pressemeldung Bregenzer Festspiele |---