Berlin, Deutsche Oper Berlin, TOSCA von Giacomo Puccini, 15./18.01.2015

Berlin, Deutsche Oper Berlin,  TOSCA von Giacomo Puccini, 15./18.01.2015
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Deutsche Oper Berlin

Deutsche Oper Berlin © Leo Seidel (Kontakt: leoseidel@googlemail.com)
Deutsche Oper Berlin © Leo Seidel (Kontakt: leoseidel@googlemail.com)

Tosca von Giacomo Puccini

Im Januar 2015 leiht Publikumsliebling Anja Harteros dem Stern am römischen Opernhimmel, der Primadonna assoluta Floria Tosca, Stimme und Gestalt: Zwischen rauschenden Festen und unberührt von politischen Kämpfen und Revolutionen in ganz Europa lebt diese den Traum vom Künstlerleben. Doch ihre Liebe zum Kirchenmaler Mario Cavaradossi wirft Tosca zwischen die Fronten von Napoleon-Treuen wie Angelotti und Cavaradossi einerseits und dem Vertreter Ferdinand IV., Baron Scarpia, andererseits. Auf dramaturgisch höchst dichte Weise verschränken sich in diesem Meisterwerk Giacomo Puccinis sowie seiner Librettisten Giuseppe Giacosa und Luigi Illica die privaten Schicksale mit dem historischen Konflikt. An der Seite von Anja Harteros singen unter musikalischer Leitung von Donald Runnicles Marcelo Álvarez als Cavaradossi und Ivan Inverardi als Scarpia.

Vostellungen am 15. und 18. Januar 2015

Musikalische Leitung Donald Runnicles, Inszenierung Boleslaw Barlog Bühne, Kostüme Filippo Sanjust, Chöre Thomas Richter, Kinderchor Christian Lindhorst

BESETZUNG:Tosca: Anja Harteros, Mario Cavaradossi: Marcelo ÁlvarezScarpia: Ivan Inverardi, Angelotti: Noel Bouley, Der Messner: Seth Carico Spoletta: Álvaro Zambrano, Sciarrone: Andrew Harris, Ein Schließer: Tobias Kehrer Chöre: Kinderchor der Deutschen Oper Berlin, Chor der Deutschen Oper Berlin Orchester: Orchester der Deutschen Oper Berlin

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Die literarische Vorlage zu Puccinis „Folteroper“ (Oskar Bie) lieferte Victorien Sardou (1831–1908) mit seinem erfolgreichen Theaterstück LA TOSCA, das 1887 in Paris mit Sarah Bernhardt in der Titelrolle uraufgeführt wurde. Nachdem Puccini 1889 das Stück auf einer Tournee in Mailand erlebt hatte, war er auf Anhieb begeistert von dem Stoff. Aber der TOSCA-Plan bleibt zunächst sechs Jahre liegen, bis Puccini, vermutlich angeregt durch eine weitere Aufführung des Sardou-Dramas in Florenz und durch Luigi Illicas Arbeit an einem TOSCA-Libretto für den Komponisten Alberto Franchetti (1860–1942), Intresse an dem Stoff findet. Nach einer „Verschwörung“ zwischen Puccini, Illica und Ricordi gelingt es dem Verleger, Franchetti zur Aufgabe seines TOSCA-Projektes zu bewegen und Puccini die Vertonungsrechte zu überlassen.

Wie in allen Opern Puccinis zeigt auch TOSCA, wie sich menschliche Aufmerksamkeit und kulinarisches Vergnügen einander bedingen können, wenn die künstlerischen Intentionen des Komponisten zum Maßstab der Interpretation werden. Der Aufschrei wie die Resignation sind die wesentlichen Bedingungen der humanen Aufmerksamkeit Puccinis: Das Mitleid, das er komponierte, begnügt sich nicht mit abstrakten Gesten, sondern zielt auf Unruhe, auf Veränderung. Aus den »kleinen Dingen«, die Puccini mit modernem Understatement als seinen Gegenstand bezeichnete, werden „große“, sofern wir das nur wollen. Der Zusammenhang zwischen Puccinis direkt und indirekt vom Geist Zolas, Hauptmanns und Gorkis beeinflusster Stoffwahl und seiner Kompositionsweise lässt darauf schließen, dass man ihm mit der Bezeichnung als Verdi-Nachfolger mit dem Etikett des Verismo versieht. Bekanntlich war er ein großer Wagner-Verehrer, aber alles andere als ein Epigone. Vielmehr schuf er eine sehr persönliche Verbindung aus einigen Errungenschaften beider. Alle gewonnenen Verfeinerungen der Harmonie und alle Differenzierungen der Instrumentation verarbeitend, erlöste er dennoch die Stimme aus der orchestralen Verflechtung und gab ihr zugleich ein weitaus gebrocheneres, klangsensibleres Accompagnato im Orchester als der radikale Lakoniker Verdi. Dafür steht auch die ästhetische Thematik der TOSCA. Der musikalische Gestus ist ebenso brutal wie zärtlich, intelligent wie sentimental, präzise wie träumerisch. Puccini möchte unbedingt Lebenswahrheit, Genauigkeit auch des musikalischen Details, soziale Aufmerksamkeit, den poetischen Klang des scheinbar Alltäglichen, das Heroische mit Kalkül, den Kontrast zwischen engagierter Leidenschaft und kühler Distanz. Der Polizeichef Scarpia, die Sängerin Floria Tosca und der Maler Cavaradossi beanspruchen Freiheit in jeder persönlichen Variante: als dynamisch-subjektiven Machtanspruch (Scarpia), als auf Veränderung zielendes rebellisches Ethos (Cavaradossi), als private, schlichte und zugleich grenzenlose Liebe (Tosca).

In einer Zeit epochaler Umwälzungen gewinnen solche Haltungen exemplarische Sinnfälligkeit. Je nachdem, wie wir uns und Puccini in dieser Zeit begreifen, bleibt TOSCA eine Schauerromanze oder gerät zum Menetekel des Themas „Freiheit“. Jedenfalls bezahlt jeder der konträren Partner diese Dreiecksgeschichte mit dem Tod. Ihr Sterben nimmt keine Erlösungsgloriole für sich in Anspruch, sondern ist bitter, entsetzlich, definitiv.

Götz Friedrichs 1987 vorgenommene Neueinstudierung von Boleslaw Barlogs geradliniger und auf szenische Konkretheit bedachter Inszenierung aus dem Jahr 1969 nimmt die Intentionen Puccinis beim Wort – die gegenseitige Bedingtheit von menschlicher Aufmerksamkeit und kulinarischem Vergnügen wird von der Musik inspiriert zum Ausgangspunkt auch der szenischen Interpretation.

Vostellungen am 15. und 18. Januar 2015

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