Bayreuth, Bayreuther Festspiele, Das Festival der Geweihten: Spielplan 2014, IOCO Aktuell, 23.06.2014
Aktuell
Festival der Geweihten öffnet die Pforten Mit umstrittenem Tannhäuser, Wartburg ist Biogasanlage
Am 25. Juli eines jeden Jahres, erstmals 1876 mit Kaiser Wilhelm I., beginnt auf dem Grünen Hügel in Bayreuth der Auftrieb der Prominenz. So auch am 25. Juli 2014: Fernsehen, Klatschpressen, Blitzlichtgewitter verfolgen das halbe Bundeskabinett, Mini-Kanzler Horst Seehofer, Sänger Roberto Blanco und vielleicht sogar den Auswanderer Karl-Theodor zu Guttenberg. Hedonisten, lange Schleppen, schwarze Fräcke füllen ungebändigtes Mediengeklapper; denn Bayreuth ist mehr als ein Opernfestival. Die mystische Aura Richard Wagners füllt den Raum. Viele Besucher zelebrieren die Wagner-Festspiele als Pilger, angekommen im Festival der Geweihten.
Die Wagner-Festspiele 2014 werden zum letzten Mal gemeinsam von den Ur-Enkeln Richard Wagners, den Halbschwestern Eva Wagner-Pasquier (69) und Katharina Wagner (36) geleitet. Eva Wagner-Pasquier scheidet 2015 aus der Festspielleitung aus, versüßt mit einem Beratervertrag als sanftem Altersruhekissen. Über ihre Nachfolge ist noch nicht entschieden. Als sicher gilt dagegen, dass die eher extrovertierte Katharina Wagner (die heftigen Buhs ihrer Bayreuther Meistersinger-Inszenierung hallen immer noch) zukünftig eine zentrale Funktion in der Festspielleitung ausüben wird.
30 Vorstellungen stehen auf dem Spielplan, 58.000 Festspiel-Karten werden vergeben. In den freien Verkauf schaffen es jedoch davon nur geschätzte 50%. Die „Bayreuth-Familie“, Sponsoren, Lobbyisten, Politiker, Vereine, Spezies bedienen sich vorab, scheinbar legal. Verfehlungen bei der Kartenvergabe rügt der Bundesrechnungshof seit Jahren, „mit den Förderzielen des Bundes nicht vereinbar“. Doch desaströse Inszenierungen und schwache Sänger besorgen, was der Bundesrechnungshof nicht konnte:Bei Ebay und anderen Internet-Portalen können Normalbürger selbst zur Eröffnungs-Vorstellung am 25. Juli 2014 eine jener zuvor abgezweigten Karten, überhöht aber, noch, problemlos kaufen. Die Bayreuther Festspiele und ihr Mythos zeigen dicke Risse. Karten sind erstmals sofort verfügbar. Kanzlerin Angela Merkel kommt 2014 nicht zur Eröffnung der Festspiele.
Mit Sebastian Baumgartens geschmacklos-verrätselter Tannhäuser- Inszenierung, der Flop schlechthin zur Premiere in 2011, werden am 25. Juli 2014 die Festspiele eröffnet. Die Zustände auf der Wartburg und im Venusberg wurden in der Inszenierung durch Biogasbehälter konkretisiert. Sie sollten die rauschhaften Zustände der Beteiligten symbolisieren, wirkten aber nur künstlich angestrengt, ebenso wie eine schwangere Venus beim „Wettsingen“ auf der Wartburg, peinliche Tierkostüme und mehr. Doch Bayreuther Inszenierungen werden über die Jahre verändert, verbessert, verfeinert. So bleibt dem Besucher der 2014 Tannhäuser-Premiere die Hoffnung, einen geläuterten Baumgarten, einen glaubwürdigeren Tannhäuser zu sehen. Dirigieren wird die Eröffnungsvorstellung der GMD der Rheinoper, Axel Kober. 2013 wurde Kober für ein gradlinig elegantes Dirigat gelobt, wenn auch nicht gefeiert. Dieser Tannhäuser wird 2015 abgesetzt, doch freie Plätze schon am 25. 7. 2014 werden nicht überraschen.
Gefolgt wird Tannhäuser von einem entmythisierten Fliegenden Hollänger. Inszeniert von dem jungen, wenig bekannte Jan Philipp Gloger, 31, dessen vorherige Opern-Inszenierungen ein Figaro in Augsburg und eine Alcina in Dresden waren. Gloger brachte am 25. Juli 2012 den Fliegenden Holländer als Kapitalismusdrama: Die Protagonisten der Handlung, eigentlich Matrosen, sind in Bayreuth Manager in Maßanzügen, welche teure Designerkleider als Geschenke bringen. Das Bayreuther Programmheft jedoch preist immer noch die alte Holländer - Story an, von einem verfluchten Seemann unter blutroten Segeln wird darin erzählt. Auch Hans Neuenfels´ Lohengrin (der, mit dem Rattenlabor) und andere kontroverse Inszenierungen werden 2014 wieder für heiße Diskussionen unter den Geweihten sorgen. Doch die geradezu blinde Wagner-Treue der Vergangenheit scheint zu wanken.
2014: Spielplan der Wagner-FestspieleFreitag 25. Juli, 16:00 Uhr Tannhäuser
Samstag 26. Juli, 18:00 Uhr Der fliegende Holländer
Sonntag 27. Juli, 18:00 Uhr Das Rheingold
Montag 28. Juli, 16:00 Uhr Die Walküre
Mittwoch 30. Juli, 16:00 Uhr Siegfried
Donnerstag 31. Juli, 16:00 Uhr Lohengrin
Freitag 01. August, 16:00 Uhr Götterdämmerung
Samstag 02. August, 16:00 Uhr Tannhäuser
Sonntag 03. August, 16:00 Uhr Lohengrin
Montag 04. August, 18:00 Uhr Der fliegende Holländer
Dienstag 05. August, 16:00 Uhr Die Walküre
Mittwoch 06. August, 16:00 Uhr Lohengrin
Freitag 08. August, 18:00 Uhr Der fliegende Holländer
Samstag 09. August, 16:00 Uhr Lohengrin
Sonntag 10. August, 18:00 Uhr Das Rheingold
Montag 11. August, 16:00 Uhr Die Walküre
Dienstag 12. August, 16:00 Uhr Tannhäuser
Mittwoch 13. August, 16:00 Uhr Siegfried
Freitag 15. August, 16:00 Uhr Götterdämmerung
Samstag 16. August, 18:00 Uhr Der fliegende Holländer
Sonntag 17. August, 16:00 Uhr Lohengrin
Montag 18. August, 16:00 Uhr Tannhäuser
Mittwoch 20. August, 18:00 Uhr Der fliegende Holländer
Donnerstag 21. August, 16:00 Uhr Tannhäuser
Freitag 22. August, 18:00 Uhr Das Rheingold
Samstag 23. August, 16:00 Uhr Die Walküre
Sonntag 24. August, 18:00 Uhr Der fliegende Holländer
Montag 25. August, 16:00 Uhr Siegfried
Mittwoch 27. August, 16:00 Uhr Götterdämmerung
Donnerstag 28. August, 16:00 Uhr Tannhäuser
Bayreuther Festspiele 2014:Auf dem Grünen Hügel wird alles wie immer sein. Elysium, Kult und Treffpunkt für viele Promis und glückselige Musikfreunde. Noch ist der Grüne Hügel von Bayreuth ein Ort, dessen Mythos und Aura Protagonisten wie Kritiker in seinen Bann zieht. Doch die Kraft des Bannes lässt nach. Inszenierungsdesaster, Managementstreitigkeiten und Kartenmauscheleien lassen selbst diesen vermeintlich unkaputtbaren Mythos der Richard-Wagner-Festspiele verblassen. IOCO / VJ / 21.06.2014---| IOCO Aktuell Bayreuther Festspiele |---