Paris, Théâtre des Champs-Élysées, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER konzertant - Richard Wagner, IOCO Kritik, 24.05.2023

Paris, Théâtre des Champs-Élysées, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER konzertant - Richard Wagner, IOCO Kritik, 24.05.2023
Théâtre des Champs-Élysées, Paris © wikimedia commons
Théâtre des Champs-Élysées, Paris © wikimedia commons

Théâtre des Champs-Élysées - Paris

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (1843)  -  Richard Wagner - konzertant

- Romantische Oper mit Libretto vom Komponisten nach "Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski" von Heinrich Heine -

von Peter Michael Peters

  • DEN KREATIVEN FUNKEN ENTFACHEN…
  • Erfahre das Geschick, vor dem ich dich beware!
  • Zehnfacher Tod wär‘ mir erwünschte Lust!
  • Vom Fluch ein Weib allein kann mich erlösen,
  • ein Weib, das Treu’ bis in den Tod mir hält…
  • Wohl hast du Treue mir gelobt, doch vor
  • Dem Ewigen noch nicht: dies rettet dich!
  • Denn wiss‘, Unsel’ge, welches das Geschick,
  • das jene trifft, die mir die Treue brechen:
  • ew’ge Verdammnis ist ihr Los!
  • Zahllose Opfer fielen diesem Spruch
  • Durch mich! Du aber sollst gerettet sein.
  • Leb wohl! Fahr hin, mein Heil, in Ewigkeit!  (Szene des Holländers/3. Akt)

Vor allem Sehnsucht…

  • Ein kleines Handelsschiff namens Thetis fuhr mit einer siebenköpfigen Besatzung vom preußischen Hafen Pillau (heute Baltijsk, die westlichste Stadt Russlands) nach London. An Bord zwei Passagiere: Richard Wagner (1813-1883) und seine Frau Minna Planer (1809-1866) und ihr Neufundländer Robber. Die Mannschaft erzählt ihren Passagieren von der Legende des Fliegenden Holländers. Ein heftiger Sturm zwingt sie, in einem norwegischen Fjord Zuflucht zu suchen, wo sich die Rufe der Besatzung, die von den Granitwänden widerhallen, zu dem formen: Was zum Chor-Refrain der norwegischen Seeleute in Der fliegende Holländer
  • Eine Geschichte von Heinrich Heine (1797-1856), veröffentlicht in Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski (1834) erzählt die legende eines niederländischen Kapitäns, der als Strafe für einen gotteslästerlichen Eid gezwungen wurde, für immer oder bis er durch die Liebe einer frommen Frau erlöst wird: Auf den sieben Meeren für alle Ewigkeit zu irren! Heines Erzählung ist höllisch ironisch, aber als Wagner sie liest, ist er vor allem von der Idee der Erlösung durch eine Frau sehr angetan und sie liefert ihm den Anreiz für die Oper, die er schreiben muss: Um Paris im Sturm zu erobern!
  • Wagner und seine Frau Minna leben in ärmlichen Unterkünften in Paris und sind gezwungen ihre Hochzeitsgeschenke und andere Silbergegenstände zu verpfänden, um Lebensmittel zu kaufen. Aus Heim und Heimat entwurzelt, von Gläubigern verfolgt, in der Liebe unerfüllt, identifiziert sich Wagner mit dem ewigen Wanderer: Der Fliegenden Holländer!
Richard Wagner - hier in Venedig © IOCO
Richard Wagner - hier in Venedig © IOCO

Was genau hat den kreativen Funken für Wagners Der fliegende Holländer ausgelöst? Jede dieser Vignetten (ausgesucht aus Wagners eigenen autobiografischen Berichten, deren Wahrheit oft eher poetischer als dokumentarischer Natur ist) bietet eine Antwort. Sie schließen sich auch nicht gegenseitig aus. Aber zuerst etwas mehr Details!

Zunächst einmal war Heines Geschichte nur eine von vielen, die im frühen 19. Jahrhundert im Umlauf waren und sich mit umherziehenden oder verfluchten Seefahrern befassten. Samuel Taylor Coleridges (1772-1834) Rime of the Ancient Mariner (1798) ist wahrscheinlich die bekannteste Erzählung, aber auch von Thomas Moore (1779-1852) und Walter Scott (1771-1832) beziehen sich speziell auf ein Geisterschiff namens Der Fliegende Holländer. Zu den zeitgenössischen deutschen Schriftstellern, die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigten, gehören Moritz Hieronymus Hudtwalcker (1787-1865), Joseph Christian Freiherr von Zedlitz (1790-1862) und Wilhelm Hauff (1802-1827), deren populäre Erzählungen Wagner mit ziemlicher Sicherheit vertraut waren. Es war dennoch Heines  Erzählung der Geschichte, trotz aller ironischen Distanziertheit, das Wagner berührte – obwohl er in späteren Jahren sein Möglichstes tat, die Tatsache zu verschleiern aus Verlegenheit darüber, wie sehr er auf einen anderen kreativen Künstler zurückgegriffen hatte, insbesondere auf einen Jüdischen.

Er ging davon aus, dass der beste Weg sich an der Opéra National de Paris Gehör zu verschaffen – in der Stadt, in der er von 1839 bis 1842 in Armut lebte – über die regierenden Monarchen Giacomo Meyerbeer (1791-1864) und Eugène Scribe (1791-1861), der sein berühmter Librettist war. So sandte Wagner am 6. Mai 1840 einen Entwurf einer einaktigen Oper basierend auf  der Legende vom Der fliegende Holländer! Die Geschichte, wie wir sie kennen, wird in dieser Skizze in bemerkenswerter  Ausführlichkeit dargelegt, obwohl sie eher an der schottischen als an der norwegischen Küste spielt und Daland als schottischer Kapitän bezeichnet wird. Interessant ist auch die Tatsache, dass sich die Skizze ausdrücklich auf drei Musiknummern bezieht – Sentas Ballade und die Lieder  der schottischen und niederländischen Besatzung – was darauf hindeuten könnte, das Wagner bereits eine Vorstellung von diesen Nummern hatte (zumindest von ihren Texten, wenn nicht ihre Musik). Die Herausgeber des renommierten Wagner Werk-Verzeichnis gehen davon aus, dass die Musik dieser Nummern  wahrscheinlich zwischen Mai und Juli 1840 komponiert wurde. Selbst das wäre ein Jahr nach der Thetis-Reise gewesen, obwohl es immer vorstellbar ist, dass Wagner entweder früher eine Skizze der schottisch/norwegischen Seemannslieder angefertigt hatte (keine derartigen Dokumente sind erhalten) oder es einfach nur im Kopf mit sich trug.

Wagner kam jedoch mit Scribe nicht voran und wandte seine Aufmerksamkeit Meyerbeer zu, der dafür sorgte, dass er dem Direktor der Oper, Léon Pillet (1803-1868) vorgestellt wurde. Pillets Vorschlag, Wagner solle seine Skizze aufgeben, um einem anderen Komponisten ein Thema zu liefern, war für ihn nicht überraschend aber nicht akzeptabel. Er gab jedoch schließlich nach und der mittellose Komponist verließ am 5. Juli 1841 mit 500 Francs in der Tasche die Büros der Oper. Er war ausmanövriert worden, rächte sich jedoch, indem er das Thema selbst aufarbeitete (zunächst mit einer leicht ausgearbeiteten Skizze auf Deutsch im Frühjahr 1841 und schließlich mit dem Vers-Text vom Mai des selben Jahres), wozu er wohl berechtigt war. Damit schlug er den Weg einer illustren Karriere ein! Das französische Team Paul Foucher (1810-1875) und Henri Révoil (1822-1900), denen das Thema vorgelegt wurde, produzierten ein Libretto für einen mittelmäßigen Komponisten namens Pierre-Louis Dietsch (1808-1865), dessen Oper Le Vaisseau fantôme (1842) ganze elf Mal aufgeführt wurde und nicht als Erfolg gewertet wurde. Wagner ging davon aus, dass Foucher und Révoil tatsächlich seine Skizze verwendet hatten und so wurde es bis Kurzem auch angenommen. Aber tatsächlich hat die französische Geschichte überhaupt keine Ähnlichkeit mit Wagners Szenario. Das Team hat vielleicht bis zu einem gewissen Grad auf Heine und Hauff zurückgegriffen, aber ihre Hauptquellen waren Captain Frederick Marryat’s (1792-1848) The Phantom Ship (1839) and Scott’s The Pirate (1822).

Théâtre des Champs-Élysées, Paris / Der fliegende Holländer hier die Solisten © Peter Michael Peters
Théâtre des Champs-Élysées, Paris / Der fliegende Holländer hier die Solisten © Peter Michael Peters

So viel zum Libretto! Nachdem er die drei zuvor erwähnten Nummern bereits im Gepäck hatte, verschwendete Wagner wenig Zeit, um den Rest der Partitur zu vervollständigen. Es ist durchaus möglich, dass ihn das Thema tatsächlich beschäftigte, nicht zuletzt weil er sich eindeutig zu einem gewissen Grad mit dem mythischen Wanderer identifizierte, der von Haus und Heimat entwurzelt war. Obwohl es auch wahrscheinlich ist, dass er die Pariser Oper im Auge hatte und darauf hoffte sein eigenes Stück zu produzieren, bevor eine französische Version auf die Bretter gelangen konnte.

Daher gibt es unter Ausschluss der anderen keine dokumentarischen Beweise dafür, dass eine der drei zu Beginn dieses Artikels vorgestellten Vignetten den kreativen Funken des Werks repräsentiert. In Ermangelung solcher Beweise ist es vernünftig anzunehmen, dass in jeder von ihnen ein gewisser Wahrheitsgehalt steckt. Auf jeden Fall arbeitete Wagner im Sommer 1841 intensiv an der Musik – auch wenn die von ihm behaupteten „sieben Wochen“ wohl etwas übertrieben sind – und er schrieb die Ouvertüre zuletzt. Wagner behauptete später in seinem autobiografischen Essay Eine Mittheilung an meine Freunde von 1851, dass er in Sentas Ballade „unabsichtlich den thematischen Keim der gesamten Musik der Oper gepflanzt habe: Es war das poetisch verdichtete Bild des gesamten Dramas, so wie es war vor meinen geistigen Augen“. Er führt weiter aus, dass sich das thematische Bild „ganz unfreiwillig in einem vollständigen, ununterbrochenen Netz über das gesamte Drama ausgebreitet habe“ – eine Behauptung, die den Status eines beginnenden Musikdramas beanspruchen soll: Der fliegende Holländer! Man kann verstehen, warum Wagner im Jahre 1851 auf seine frühe Karriere zurückblickt im Hinblick auf das weitaus einheitlichere Genre des Musikdramas, das er später präsentieren wird, das damals in Form des Der Ring der Nibelungen (1876) in ihm aufkeimte. Es handelt sich, wie Carl Dahlhaus (1928-1989) feststellte, um eine „große Übertreibung oder sogar einen Fehler“. Und doch wies Thomas Grey (*1961) in jüngerer Zeit darauf hin, dass ein zeitgenössischer Kommentator, der 1843 in der Leipziger Illustrierte Zeitung schrieb und unabhängig darauf hinwies, dass die Hornrufe und andere mit der Ballade verbundene Motive jedes Mal wiederkehren, wenn Der fliegende Holländer oder sein Phantom-Schiff genannt wird. Diese Erinnerungen, so der anonyme Kommentator, bilden einen „roten Faden“, der sich durch das gesamte Werk zieht.  Wie Grey zu dem Schluss kommt, beweist ein solcher „roter Faden“ nicht, dass Der fliegende Holländer streng leitmotivisch im Sinne des Ring ist. Aber es könnte darauf hindeuten, dass die Beziehung der Ballade zum Gesamt-Werk bedeutsamer ist im Hinblick auf die Entwicklung der Leitmotiv-Technik von Wagner: Es wird auch oft so angenommen!

Es herrscht große Verwirrung über die Frage, ob das Werk in einem Akt oder in drei Akten mit oder ohne Pausen aufgeführt werden sollte und über die präzise Natur von Wagners Absicht. Die Fakten sind diese! Wagners ursprüngliche Konzeption, wie sie der Pariser Oper 1840 vorgelegt wurde, sah ein Werk in einem einzigen Akt vor, das als Auftakt zu einem Ballett gedacht war. Diese erste Prosa-Skizze weist überhaupt keine szenischen Aufteilungen auf, aber bereits die leicht ausgearbeitete deutsche Skizze des folgenden Jahres unterteilt das Szenario in drei Szenen innerhalb eines einzigen Akts. Der endgültige Vers-Text vom Mai 1841 wurde damals als „Romantische Oper“ bezeichnet, was etwas Ehrgeizigeres als nur einen Auftakt nahelegte, war aber dennoch in drei Szenen angelegt. In späteren, leicht geänderten Versionen, die im Laufe der nächsten Monate erstellt wurden, war die Bezeichnung zunächst „Romantische Oper in einem Akt und drei Aufzügen“ und schließlich zu „Romantische Oper in drei Aufzügen“ wird. Erst Ende Oktober 1842 teilte Wagner sein Werk in drei separate Akte auf. Diese Version wurde jedoch erstmals unter Wagners eigener Leitung aufgeführt und auch veröffentlicht. Als Cosima Wagner (1837-1930) endlich das Werk 1901 in das Bayreuther Festspiele - Repertoire einführte, entschied sie sich dafür, es in einem einzigen Akt aufzuführen, um seinen Status als Proto-Musikdrama zu stärken.

Es gibt daher berechtigte Gründe dafür, das Werk entweder in einem Akt oder in drei Akten aufzuführen, vorausgesetzt, dass die Behauptung einer Darstellung in nur einem Akt als Wagners ursprüngliche Absicht höchst irreführend ist. Das Werk erfuhr im Laufe von Wagners Karriere weitere Modifikationen, vor allem im Jahr 1846, als der Blech-Ton der ursprünglichen Orchestrierung abgeschwächt wurde. Il Jahr 1852 weitere Änderung an der Besetzung und ein verbessertes Ende der Ouvertüre und im Jahr 1860: Als das Erlösungs-Thema zum Abschluss beider Versionen wieder eingeführt wurde und das Ende der Oper selbst. Die Qualität der Verklärung, die durch den -letztgenannten Zusatz vermittelt wird, der im Gefolge von Tristan und Isolde (1865) konzipiert wurde, hat angesichts der erlösenden Umarmung von Senta und dem Holländer, die in der letzten Regie-Anweisung des Komponisten beschrieben wird: Eine unbestreitbare Gültigkeit! Der ursprüngliche Schluss in der „Dresden-Fassung“, der lediglich aus betonten D-Dur-Akkorden bestand, wird jedoch gelegentlich übernommen, wie in der vorliegenden Aufführung. Der weniger tröstliche Charakter des Endes der „Dresden-Fassung “passt vielleicht besser zu Lesarten, die den tragischen Aspekt des Dramas betonen.

Paris, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hier Dmitri Ivanchey (Steuermann), Karl-Heinz Lehner (Daland) und Orchester © Caroline Doutre
Paris, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hier Dmitri Ivanchey (Steuermann), Karl-Heinz Lehner (Daland) und Orchester © Caroline Doutre

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER konzertant - Théâtre des Champs-Élysées, Paris - 15. Mai 2023

Wagners Holländer geht in Paris vor Anker…

Wenn sie auf der Suche nach einer dunklen mysteriösen und überwältigenden Reise durch Wagners Seefahrt-Eskapade Der fliegende Holländer sind, ist es überaus hilfreich den französischen Dirigenten François-Xavier Roth am Ruder zu haben. Als Kapitän des nebelumflutenden Geisterschiffs mit seinem Orchestre Les Siècles und einer äußerst aktiven und stimmlich ausgezeichneten Mannschaft von der Oper Köln, warf es für eine Nacht den Anker in Paris. Nachdem die gleiche Besetzung schon in Marseille und beim FESTIVAL DE PAQUES AIX EN PROVENCE 2023 Halt gemacht hatte, nur dort mit dem Gürzenich-Orchester Köln. Denn Roth ist schon einige Zeit der Kapitän der Oper Köln und des Gürzenich-Orchesters und eben diese Produktion wurde szenisch in Köln aufgeführt, bevor sie auf Reisen ging in einer Konzert-Version.

Es war eine laute, oft mitreißende ja fast schrille und kreischende Aufführung! Es hätte einfach noch lauter sein können, die schweren Blechbläser befanden sich nicht auf Tragegurten, sondern waren hinter den Saiten-Instrumenten versteckt, wo sie ihre Wirkung entfalteten. Der adrett wirkende Roth, der die Leitung  fast mit einem Bleistift zeichnete, hatte auch die Übergänge perfekt getimt, wie zum Beispiel den Wechsel des 1. Akts mit dem Chor der handfesten Matrosen zum wirbelnden spinnenden Chor der Mädchen des 2. Akts. Ein oder zwei zwielichtige Hornschläge beim ersten Auftritt des Holländers, das Orchestre Les Siècle war in feiner und stilvoller aber auch in sehr wilder stürmischer Form.

Die Besetzung war in Abendkleidung, aber es gab keine Notenständer und die Aufführung hatte größtenteils eine theatralische Atmosphäre, wobei die Sänger wirklich in ihren Rollen spielten. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass gerade eine neue Produktion von dem französischen Regisseur Benjamin Lazar in der Oper Köln Premiere feierte und diese Interpretation als  Osterausflug in die sonnige Provence diente und in die Lichterstadt Paris. Zwei schmale Podeste definieren den Spielraum auf beiden Seiten von Roth! Die Sänger kamen und gingen, meist so wie es das Libretto verlangt, obwohl es für Daland unangenehm war: Seine Tochter dem Holländer vorzustellen, wenn ein Nachbar auf der Bühne war.

Paris, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hier James Rutherford als Holländer © Caroline Doutre
Paris, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hier James Rutherford als Holländer © Caroline Doutre

Der amerikanische Bass-Bariton James Rutherford ist ein erfahrener Wagner-Interpret und sein kräftiger Holländer klang entsprechend verwittert und eichenfarbig. Sein Monolog „Die Frist ist um“ war besonders treffend und schilderte sein verfluchtes Schicksal, dazu verdammt ohne Ruhe über die Meere zu segeln. Der Daland wurde von dem österreichischen Bass Karl-Heinz Lehner interpretiert, dessen schweres Instrument eine enorme Präsenz hatte, die sich aber auch fast in einem Stil von Gaetano Donizetti (1797-1848) im Duett mit dem Holländer sehr gut in einer natürlichen Leichtigkeit manövrieren ließ. Als Daland dem Angebot von Gold im Austausch für die Hand seiner Tochter nach gibt, dachte man unweigerlich an Spielopern von Albert Lortzing (1801-1851).

Paris, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hier Ingela Brimberg als Senta © Caroline Doutre
Paris, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hier Ingela Brimberg als Senta © Caroline Doutre

Die schwedische dramatische Sopranistin Ingela Brimberg war eine sehr gute Senta. Ihre Ballade wurde mit großartiger Intonation gesungen, ihr prägnanter Ton mit blau-silbrigen Farben kam mit Leichtigkeit über die schwere Orchester-Textur: Zeigte aber auch große gewaltige dynamische Variationen! Die Rolle des verzweifelten Erik, Sentas früherer Geliebter, wurde von dem deutschen Tenor Maximilian Schmitt gesungen. Ein wenig schwach in seinen hohen Tönen, aber doch sehr kompetent! Die israelische Mezzo-Sopranistin Dalia Schächter war eine leicht verwirrte Mary. Dagegen der russische Tenor Dmitry Ivanchey war ein äußerst lyrischer Steuermann.

Der dramatischste Moment des Abends war ohne Zweifel, als der großartige Chor der Oper Köln sich nach vorne auf die Bühne drängte, um dem Publikum den furchteinflößenden Gesang der Geister-Mannschaft des Holländers direkt ins Gesicht zu singen: Ein haarsträubender Moment, der wohl lange in Erinnerung bleiben wird! (PMP/22.05.2023)