Dora Pejacevic - kroatische Komponistin - Widmung zum 100. Todesjahr, IOCO Portrait, 15.03.2023

Dora Pejacevic - kroatische Komponistin - Widmung zum 100. Todesjahr, IOCO Portrait, 15.03.2023

DORA PEJACEVIC (1885-1923) - kroatische Komponistin - zum 100. Todesjahr

- „Sie hat ein zappelndes Herz“ -

von Ljerka Oreskovic Herrmann

„Heute war Schönberg bei mir...“ schreibt Karl Kraus an seine langjährige Freundin Sidonie Nádherný von Borutin im November 1916 und führt weiter aus: „Ich habe ihm Doras Verwandlung gezeigt. Er findet natürlich, daß eine Frau keine Schöpferin von Musik sein kann, lobte aber die Komposition, besonders eine Stelle. Er ist sehr dafür, daß ich es aufführe.“ Ob es für Arnold Schönberg „natürlich“ war, Frauen musik-schöpferische Befähigungen abzusprechen, lässt sich anhand dieser Zeilen „natürlich“ nicht eindeutig belegen, vielmehr versteckt sich hinter der Äußerung der Briefeschreiber selbst, der zwar schreiben, aber nicht komponieren konnte. Seine eigene Motivlage, Kraus versuchte – trotz der Kriegszeit – Verwandlung in Wien aufzuführen, hatte weniger mit der tatsächlichen Qualität der Vertonung zu tun, als mit der innigen Freundschaft seiner geliebten Sidonie zu Dora, der Komponistin; die Frauenfreundschaft weckte seine Eifersucht und war ihm äußerst suspekt, zumal sein Wunsch, Sidonie zu heiraten, nie in Erfüllung ging. Die komponierende Dora zeigte sich gleichwohl an der Kritik Schönbergs interessiert, was wiederum belegt, dass sie das Tonsetzen ernst verstanden wissen wollte und für sie diese Kunst zu keinem Zeitpunkt eine launige Freizeitbeschäftigung, sondern Berufung war. Auch Kraus fand, trotz aller Skepsis, an ihrer Vertonung seiner Gedichte Gefallen. Doch wer war Dora? Um welche Verwandlung handelt es sich?

Die Komponistin Dora Pejacevic stammt aus alten kroatischen Adel, der in Našice unweit von Esseg, wie es noch zu k. u. k. Zeiten hieß, ansässig war. Die Grundherrschaft in Našice existierte seit 1129, seit 1734 war es im Besitz der Familie Pejacevic, die später das sogenannte Große und Kleine Schloss errichten ließ. Der sich an das Große Schloss anschließende Park – der größte Schlosspark Kroatiens – umfasst 14 Hektar und beeindruckt nicht nur durch seine Größe, sondern auch wegen seiner alten Bäume und der großen Artenvielfalt. Die klassizistisch-geometrische Gartenanlage beim Kleinen Schloss bildet dazu einen Gegenentwurf. Slawonien mit der Kreishauptstadt Osijek (Esseg), ist bekannt für seine ausgedehnten Wälder und Pflanzenarten (bis zu 1400). In der ersten Fassung des ersten Aufzugs fährt ein gewisser Mandryka „der größte Grundbesitzer im slawonischen Reich“ nach Wien. „Wie kommt man eigentlich da unten in Slawonien zu einem Bild von mir?“ Diese Frage lässt Hugo von Hofmannsthal seine Schöpfung Arabella, der Titelfigur der Oper, an ihren potentiellen Brautwerber stellen, ganz offensichtlich besaß der Dichter über Slawonien genauere Kenntnisse. Nicht nur die geographische Lage, sondern das soziale Gefälle in der Donaumonarchie ist mit „da unten“ prägnant umschrieben, diese Menschen können ja nur, dem eigentlichen Wortsinne entsprechend, „hinterwäldlerisch“ sein. Auch Dora Gräfin Pejacevic erlebte, trotz ihrer adligen Herkunft, Dünkel, beirren ließ sich davon nicht, lebte für die Musik und führte ein unabhängiges Leben. Našice blieb dabei für sie immer ein Rückzugsort. Sie komponiert Klavier- und Kammermusikwerke, Sololieder und mit Orchester: Verwandlung, op. 37b, Liebeslied, op. 39, eine Vertonung von Rainer Maria Rilkes Gedicht und Zwei Schmetterlingslieder, op. 52 (Text: Karl Henckel).

Dora Pejacevic um 1910
Dora Pejacevic um 1910

Maria Theodora Paulina – genannt Dora – kommt am 10. September 1885 in Budapest zur Welt. Noch scheint in der Doppelmonarchie, in der die Familie Pejacevic eine Rolle spielen wird, alles in Ordnung zu sein, wenngleich die Erschütterungen politische Auswirkungen ankündigen: am 30. Januar 1889 tötet Kronprinz Rudolf seine Geliebte Mary Vetsera und anschließend sich selbst, zum persönlichen Verlust der Kaiserfamilie kommt die Neuregelung der Thronfolge hinzu. Ein Vierteljahrhundert später wird ein anderer Schuss den 1. Weltkrieg auslösen, Kaiser Franz Joseph stirbt 1916 mitten im Krieg. 1918 ist die Donau-Monarchie, die die Völker dieses Reiches jahrhundertlang kulturell durchaus verbunden hatte, Geschichte.

Doras Mutter, die ungarische Baronin Lilla Vay de Vaya, ist selbst ausgebildete Pianistin und Sängerin, veranstaltet regelmäßig Konzerte im Schloss, an denen sie auch mitwirkt; sie schafft den musikalisch prägenden Rahmen für Dora und ihre vier Geschwister. Die Kinder wachsen in Wohlstand und Luxus auf, in dem neben der künstlerischen auch Wert auf die intellektuelle Bildung gelegt wird: es gibt eine eigene Familien-Bibliothek, die mit Weltliteratur und philosophischen Werken bestückt war und Grundlage für Doras ab 1902 angelegtes Lese-Tagebuch bildet; ausführlich dokumentiert sie die von ihr gelesenen Bücher, die sie alle in Originalsprache liest! Fünf Sprachen beherrscht sie: Kroatisch, Ungarisch, Deutsch, Englisch und Französisch und sie besitzt wahrscheinlich gute Italienischkenntnisse, da sie auch italienische Buchtitel in ihrem Lese-Tagebuch einträgt. Weiteren musikalischen Unterricht erhält sie vom Budapester Organisten Károly Noszeda, er wird Leiter der Budapester Oper, gelegentlich auch von anderen Privatlehrern. Eine Gouvernante – Miss Davison – und spätere Reisebegleiterin der Komponistin wird für den Privatunterricht verpflichtet. Geigen- und Klavierspiel erlernt sie weitgehend autodidaktisch.

Ihr Vater, Teodor Graf Pejacevic, größter Landbesitzer des Landes war von 1903 bis 1907 Ban (lateinisch Banus) von Kroatien; bereits ihr Großvater, Graf Ladislav, hatte von 1880 bis 1883 diese Stellung inne. Seit der Personalunion mit Ungarn 1102 ernannten die ungarischen Könige den Ban, ab dem 14. Jahrhundert galt dieser als der höchste Repräsentant des Staates in Kroatien, stellvertretend für den außerhalb des Landes residierenden Monarchen (in Ungarn, zwischen 1849 und 1868 als Kroatien zum Kronland erklärt wurde in Wien, dann wieder Ungarn). 1902 zieht die Familie nach Zagreb. Ban Pejacevic setzt sich für eine Verbesserung der sozial-ökonomischen Verhältnisse in Kroatien ein, insbesondere für die Bevölkerung in Našice; Gräfin Lilla ist von 1904-1918 Schirmherrin des Kroatischen Musikinstituts. Für die musikalisch hochtalentierte Tochter bedeutet der Umzug endlich die Möglichkeit, eine umfassendere musikalische Ausbildung bei angesehenen Pädagogen zu erhalten: Sie studiert bei Václav Huml Violine (seit 1977 gibt es einen nach ihm benannten internationalen Geigenwettbewerb), bei Ciril Junek Theorie und beim gebürtigen Wiener Pianisten, Dirigenten und Komponisten Dragutin (Karl) Kaiser Instrumentation. Bereits in Zagreb werden ihre Werke aufgeführt, wie eine Komposition aus dem Zyklus Sechs Phantasiestücke, op. 17 aus dem Jahr 1903 oder das ein Jahr zuvor entstandene Klaviertrio in D-Dur, op. 15, und machen sie einer größeren Öffentlichkeit bekannt.

Seit 1907 ist Dora in Dresden, um bei Percy Sherwood, einer prägenden Figur im Musikleben der Stadt, Unterricht in Kontrapunkt und Komposition zu erhalten; bei Henri Petri, einem Schüler Joseph Joachims, dem führenden Geiger des 19. Jahrhunderts, nimmt sie Geigenunterricht. In diese Zeit fallen Opernbesuche, sie wohnt der 1909 uraufgeführten Elektra, wahrscheinlich ebenso der Uraufführung des Rosenkavaliers im Januar 1911 bei – zumindest legen es ihre Lese-Aufzeichnungen nahe, da sie die Operndichtung Hofmannsthals mit dem Vermerk „Textbuch zu Straussen’s Oper“ versieht. Vielleicht entstand damals der Wunsch, selbst eine Oper zu komponieren, „ungeborene Musik an die kaum geborenen Gestalten“ zu verteilen, wie Hofmannsthal 1927 die Zusammenarbeit am Rosenkavalier mit Strauss beschrieb. Erste Planungen dafür gab es, ihr Librettist sollte Rilke sein. In München studiert sie bei Walter Couvoisier, der an der Akademie der Tonkunst Komposition unterrichtet.

Schloss Našice - Heimat von Dora Pejacevic © Wikimedia Commons
Schloss Našice - Heimat von Dora Pejacevic © Wikimedia Commons

In den Konzertprogrammen von Wien, Dresden und München findet sich öfter Doras Name, wie auch die von zwei berühmten Musikerinnen, denen sie Stücke widmet: der, als Wunderkind bekannt gewordenen, Geigerin Stefi Geyer und der Pianistin Alice Ripper. 1918 erklingt, allerdings nur der erste und dritte Satz, ihrer fis-Moll-Symphonie in einem Konzert im Großen Musikvereins-Saal in Wien. Zwei Jahre später bringt der Dirigent Edwin Lindner mit dem Dresdener Philharmonischen Orchester im Rahmen des VII. Großen Philharmonischen Konzerts die gesamte Symphonie zur Aufführung. Arthur Nikisch, Gewandhauskapellmeister in Leipzig, bekundet der Komponistin in einem Brief, ihre Symphonie ins Konzertprogramm aufzunehmen – doch dazu kommt es nicht mehr, er stirbt 1922 vor dem bereits angesetzten Konzert.

„Sie hat ein zappelndes Herz“, so beschreibt der Graphologe und „Hellseher“ Raphael Schermann, den Kraus immer wieder zu Rate zog, Doras Handschrift. Kraus legte ihm wiederholt (auch) Doras Brief vor, die dieser einschätzen und über ihre Persönlichkeit Auskunft geben sollte. Er bescheinigt ihr, dass sie an einem „Weltschmerz“ laboriert und besitzt, wie ihn Kraus in einem Brief vom November 1915 an Sidonie zitiert „sehr viel Kunstsinn – ist musikalisch – selbst ausübend“. Sein Befremden und Eifersucht über die, von Schmermann, bezeugte Zuneigung der Frauen konnte dennoch in Überschwang umschlagen, insbesondere bei der Zusammenarbeit an einem Gedicht: Verwandlung. Hingerissen schickt er 1917 ein Telegramm an Sidonie: Dora die einen Tag Wien war u. ich grüssen innig    Verwandlung erscheint sodass drei Namen vereinigt    ...“.

Verwandlung (op. 37a für tiefere Frauenstimme, Geige und Orgel oder Klavier) entstand im Frühjahr 1915, die Fassung für Gesang und Orchester (op. 37b) stammt aus dem selben Jahr. Auftraggeberin war Sidonie, die den italienischen Grafen Carl Guicciardini in Florenz zu heiraten beabsichtigte. Sie wünschte sich für die kirchliche Trauung jeweils ein Gedicht von Rainer Maria Rilke (Worte zu einer Fest-Musik) und ihrem „geliebten“ Kraus in der Vertonung von Dora. Die, in den Augen der Familie und von Rilke unterstützte, standesgemäße Ehe kam jedoch nicht zustande, die Hochzeit wurde abgesagt – offiziell, weil der Bräutigam einberufen wurde.

Verwandlung   -  Karl Kraus

Stimme im Herbst, verzichtend über dem Grabauf deine Welt, du blasse Schwester des Monds,suße Verlobte des klagenden Windes,schwebend unter fliehenden Sternen –

raffte der Ruf des Geists dich empor zu dir selbst?nahm ein Wüstensturm dich in dein Leben zurück?Siehe, so führt ein erstes Menschenpaarwieder ein Gott auf die heilige Insel!

Heute ist frühling. Zitternder Bote des Glücks,kam durch den Winter der Welt der goldne Falter.Oh knieet, segnet, hört wie die Erde schweigt.Sie allein weiß um Opfer und Thräne.

Dafür heiratet, die aus Sicht der Freundin Sidonie so gänzlich für eheliche Konventionen ungeeignete Dora am 14. September 1921, vier Tage nach ihrem 36. Geburtstag, in Našice den sieben Jahre jüngeren Ritter Ottomar von Lumbe. Sie befürchtete, dass Doras „gipsy life“, wie sie es bezeichnet, nicht mit dem Eheleben vereinbar sein wird. Doch die Ehe hindert Dora nicht am Komponieren, und dass Schönberg damals besonders die Vertonung der zweiten Strophe von Verwandlung gefallen hat, bestätigt ihre Ambitionen und bestärkte sie, weiterzumachen. Sie schätzt Gustav Mahler und Richard Wagner, Einflüsse von Robert Schumann, Johannes Brahms, Edvard Grieg und Peter I. Tschaikowski lassen sich nachweisen, was ihr die nachträgliche Zuordnung des Neo-Klassizismus einträgt.

Dora Pejacevic um 1915 c Wikimedia Commons
Dora Pejacevic um 1915 c Wikimedia Commons

Sie vertont Gedichte von Friedrich Nietzsche, Ricarda Huch und natürlich von Rilke und Kraus, aber auch ein eigenes Warum? aus dem Jahr 1901. Es entstehen größere und komplexere Werke; das Konzert in g-Moll für Klavier und Orchester, op. 33 komponiert sie bereits 1913. An der Symphonie in fis-Moll, op. 41, ihr bedeutendstes Werk und ihrer Mutter gewidmet, arbeitet sie 1916-17, die Ouverture in d-Moll, op. 48 für Klavier und Orchester ist 1919 fertiggestellt. 1921schreibt sie Drei Kinderlieder, op. 56 (Gedichte von Zmaj Jovan Jovanovic), es sollte ihre vorletzte Komposition werden. Ihre „Tonart“ wird heiter, das Streichquartett in C-Dur, op. 58 stammt von 1922. Dora erwartet ihr erstes Kind. Am 30. Januar 1923 kommt Theodor von Lumbe in München, wo die Familie inzwischen lebt, per Kaiserschnitt zur Welt, nur fünf Wochen bleiben ihr mit dem Sohn, die sie im Krankenhaus und unter Qualen zubringen muss. Am 5. März, im 38. Lebensjahr, stirbt sie an einer Sepsis und wird auf dem Familienanwesen in Našice in einem schlichten Grab beigesetzt.

Sidonie erfährt von Doras Tod während eines Ägyptenaufenthalts. Jetzt trennen sich endgültig die Lebenswege der gleichaltrigen Freundinnen, doch auch Sidonies Schicksal wird bitter werden. Eine standesgemäße Ehe mit  Max Graf von Thun und Hohenstein dauert nur kurz, die Beziehung zu Kraus ist beinahe beendet. Ein neuer Krieg kündigt sich an. Ihr Schloss Vrchotovy Janovice (Janowitz), Foto oben, und Anwesen, Treffpunkt vieler Künstler und Literaten (darunter natürlich Dora, Kraus und Rilke, der Architekt Adolf Loos und der Maler Max Švanbinský), enteignet 1942 die Waffen-SS und errichtet darin eine Panzerreparaturwerkstatt (auf dem weitläufigen Gelände einen Truppenübungsplatz), die Wehrmacht verwendet es als Kaserne, ihr folgt die Rote Armee. Sidonie geht nach England ins Exil, wo sie 1950 mittellos den Tod findet. Ihr Schloss, inzwischen ein Auslieferungslager für die tschechoslowakische Textilindustrie, gehört ihr nicht mehr, die Familie wird 1948 von den neuen kommunistischen Machthabern enteignet, was in ähnlicher Weise auch der Familie Pejacevic mit ihrem Schloss und Park in Našice nach Kriegsende wiederfuhr. Dieses wurde im 2. Weltkrieg eine Zeitlang von der Wehrmacht genutzt, danach war es Kaserne, Schule und Kindergarten. Heutzutage gibt es neben verschiedenen städtischen Einrichtungen wie dem Heimatmuseum oder der Bibliothek mit Lesesaal, einen Raum, der der berühmtesten Bewohnerin gewidmet ist: Dora Peja?evi?. Die Parkanlage, die die Komponistin so liebte und wo auch einige ihrer Werke entstanden – wie die Zwei Nocturnes, op. 50 aus den Jahren 1919 und 1920 –, hat aber die vormalige üppige Ausgestaltung nicht mehr zurück bekommen. Karl Kraus, der dritte Weggefährte, erleidet 1936 nach einem Attentat auf ihn einen Herzinfarkt und Hirnschlag, und stirbt an den Folgen.

Dora Pejacevics Leben endete jäh, für den Sohn bedeutete es primär einen persönlichen und unwiederbringlichen Verlust. Zum 100. Geburtstag seiner Mutter, die er nicht kennenlernen konnte, fanden sich in dem ehemals der Familie gehörenden Schloss alle noch lebenden Mitglieder der Familie Pejacevic zusammen, um der Komponistin zu gedenken. Es war ein musikhistorischer Anlass und bildete den Rahmen, in dem nicht nur einige ihrer Werke erklangen, sondern gerade die Musikforschung zu ihrer Wiederentdeckung, insbesondere in Kroatien, beitrug. Theodor von Lumbe wird 2011, das Portrait seiner Mutter mit der Geige dem kroatischen Staat als Schenkung überlassen. Bereits sein Vater hatte, Dora um Jahrzehnte überlebend, den Nachlass seiner Frau, die mit der musikalischen Vielfalt ihrer Heimat vertraut und ihr verbunden war, dem Kroatischen Musikverein in Zagreb geschenkt; die Beschäftigung mit der Musiktradition ihrer Heimat zeigt sich unter anderem in der Slawischen Sonate, b-Moll für Violine und Klavier, op. 43 von 1917.

Dora Pejacevic war nicht die erste Komponistin Kroatiens, als die sie oftmals bezeichnet und gefeiert wird, mit Sicherheit aber ist sie die bedeutendste; eine ihrer Vorgängerin, und wahrscheinlich die erste Komponistin des Landes, war Elena Pucic-Sorkocevic (Elena Pozza-Sorgo, 1784-1865), in der Republik Ragusa, auf Kroatisch Dubrovacka Republika. Ihre Werke wurden bis zum Ende der Republik 1808 (durch Napoleon Bonaparte) in der Stadt aufgeführt, nur wenige Notenblätter haben sich jedoch erhalten und befinden sich im umfangreichen Musikarchiv des Franziskanerklosters der Minderbrüder in Dubrovnik.

Einen großen Verdienst für die Wiederentdeckung des musikalischen Oeuvres von Pejacevic erwarb sich das Archiv Frau und Musik in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung zur Person und Werk ist in Zagreb noch bis Anfang April im Muzej grada Zagreba (Museum der Stadt Zagreb) zu besichtigen, dass neben ihren persönlichen Gegenständen wie einem Fächer oder ihrer Schuhe, das rot eingebundene Original-Lesetagebuch ausgestellt; musikalisch abgerundet wurde der 100. Todestag mit einem ihrer Musik gewidmeten fünftägigen Festival, von der Kroatischen Philharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Dawid Runtz. Pejacevics Werk umfasst 58 Kompositionen, die inzwischen nicht mehr nur an Gedenktagen aufgeführt werden.

https://mgz.hr/hr/izlozbe/izlozba/izlozba-dora---zapis-na-brezovoj-kori,3530.html

Wie hätte ihre musikalische Weiterentwicklung ausgesehen? Wäre sie Schönbergs Zwölftonmusik gefolgt? Hätte sie tatsächlich eine Oper geschrieben, für die sie mit Rilke in Kontakt getreten war? Fragen, die nicht beantwortet werden können, aber eine Gewissheit bereithalten: Dora Pejacevic hat ein wichtiges Œuvre hinterlassen, dass endlich Aufnahme ins Konzertrepertoire findet. Ein Platz, der ihm – ohne wenn und aber – gebührt.