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Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, ORPHEUS STEIGT HERAB – Tennessee Williams, IOCO Kritik, 15.09.2021

Rainer Maaß
14. September 2021
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Düsseldorfer Schauspielhaus © ingenhoven architects / HGEsch
Düsseldorfer Schauspielhaus © ingenhoven architects / HGEsch

Düsseldorfer Schauspielhaus

ORPHEUS STEIGT HERAB – Tennessee Williams

die Unterwelt – ist eine Kleinstadt der amerikanischen Südstaaten

von Rainer Maaß

Das Düsseldorfer Schauspielhaus zählt spätestens seit der Intendanz von Gustaf Gründgens von 1947 – 1955 zu den bedeutendsten Sprechtheatern im deutschen Sprachraum; aktuelle – vor Corona – Zahlen: 240.000 Besucher und 900 Vorstellungen pro Saison in verschiedenen Spielstätten. Dabei stellten die letzten Jahre alle Düsseldorfer Theaterfreunde, Akteure und Zuschauer, auf eine harte Probe. Als der neue Generalintendant Wilfried Schulz 2016 sein  Amt übernahm, war die Spielstätte, der spektakuläre Theaterbau von Bernhard Pfau aus den 60iger Jahren sanierungsbedürftig und konnte nur noch sehr selten bespielt werden. Dass für die folgenden Jahre nur  behelfsmäßige Räume nahe dem Hauptbahnhof zur Verfügung standen, stellte sich dennoch als Glückfall heraus. Die Inszenierungen waren vielfältig interessant. Viele Zuschauer nahmen das Theater neu wahr.

Dann setzte die  Covid 19 Pandemie dem Theaterleben ein Ende. Und erst jetzt kann der reguläre Spielbetrieb wieder beginnen. Vielleicht um die Freude an der Normalität nicht zu groß werden zu lassen, steht als erstes Stück ORPHEUS STEIGT HERAB von Tennessee Williams, 1911 – 1983, auf dem Programm. Ein pessimistisches Drama, in dem es nur Verlierer gibt.

Düsseldorfer Schauspielhaus / ORPHEUS STEIGT HERAB hier Sonja Beißwenger und Sebastian Tessenow © Thomas Rabsch
Düsseldorfer Schauspielhaus / ORPHEUS STEIGT HERAB hier Sonja Beißwenger und Sebastian Tessenow © Thomas Rabsch

In der klassischen Vorlage steigt Orpheus hinab in die Unterwelt, um seine Frau Eurydike zu retten. Tennessee Williams, am Mississipi geboren und aufgewachsen, verlegt die Unterwelt dorthin, in eine Kleinstadt der amerikanischen Südstaaten. Obschon er das Stück in den fünfziger Jahren schrieb, kommt uns das Böse in dieser Hölle hochaktuell vor. Der primitive Rassismus gegenüber Schwarzen und jedem Fremden ist normal. Missgunst gehört ebenso zum Alltag wie Frömmelei und Lüge. Dafür dass es genauso bleibt, sorgt  die willkürliche Brutalität der Polizei. Andreas Grothgar als Sheriff Talbott krönt deren Auswüchse mit dem Satz: „Ich mag keine Gewalt.“

In der Inszenierung von David Bösch wird  Orpheus zu Val Xavier. Ein introvertierter Sänger, der auch auf der Gitarre die leisen Töne liebt. Sebastian Tessenow als Val Xavier nimmt man ab, dass er ein unstetes Leben hinter sich hat. Jetzt will er seine Ruhe und weicht jeder Provokation aus. Er sucht einen Job und eine feste Bleibe. Die Zeit der Abenteuer ist für ihn vorbei. Sein Pech: Val strandet in der Konditorei-Baustelle von Lady Torrance. Dieses kahle Ladengebilde, Foto oben, gibt dem Stück die Bühne. Es steht nicht nur für die kalte, lieblose Atmosphäre dieses Südstaaten Ortes. Auch Ladys Leben ist eine trostlose Baustelle. Sie leidet unter ihrem todkranken Ehemann Jabe Torrance (Thomas Wittmann) der sie terrorisiert. Außerdem weiß sie, dass er es war, der ihren Vater vor einiger Zeit ruiniert und in den Tod getrieben hatte. Nur die Aussicht auf das baldige Ableben ihres Ehemanns und der Wunsch nach einer florierenden neuen Konditorei geben Lady einen Funken Hoffnung.

Düsseldorfer Schauspielhaus / ORPHEUS STEIGT HERAB - hier: Lou Strenger als Carol Cutrere © Thomas Rabsch
Düsseldorfer Schauspielhaus / ORPHEUS STEIGT HERAB – hier: Lou Strenger als Carol Cutrere © Thomas Rabsch

Sonja Beißwenger als Lady Torrance spielt die Rolle der Außenseiterin mit vollem Einsatz. Ihr Gegenpol,Carol Cutrere (Lou Strenger) setzt das Klischee der integrierten und intriganten Südstaaten-Schönheit sehr lebendig um. Lady Torrance verzweifelt  zunehmend  an ihrer Situation. Der stille Val soll ihr helfen. Val zögert. Und wie der klassische Orpheus trifft er die falsche Entscheidung. Es geschieht, was der Zuschauer geahnt hat. In dieser Unterwelt gibt weder Mitleid noch Hoffnung. Nur am Ende ein fulminantes Feuerwerk an Grausamkeit.

Orpheus steigt herab am D´dorfer Schauspielhaus ist konventionell inszeniert,  Obwohl Tennessee Williams das Stück 1958 schrieb, kommt es einem heute wieder erschreckend aktuell vor. Und ist damit umso sehenswerter.

ORPHEUS STEIGT HERAB am Düsseldorfer Schauspielhaus; die folgenden Termine: 15.9.; 25.9.; 11.10.; 15.10.; 31.10.2021

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