Osnabrück, emma-Theater, Am Königsweg - Elfriede Jelinek, IOCO Kritik, 23.09.2018

Osnabrück, emma-Theater, Am Königsweg - Elfriede Jelinek, IOCO Kritik, 23.09.2018
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Theater Osnabrück

Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd

Am Königsweg - Elfriede Jelineks Rührstück

- Trumps Welt als quirlige Muppet Show -

Von Hanns Butterhof

Am Königsweg ist die Reaktion der österreichischen Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek auf die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten Amerikas. Regisseurin Felicitas Braun hat im emma-theater, Osnabrücks Kleinem Haus, Jelineks Textfläche auf vier Personen in wechselnden Rollen verteilt und es bemerkenswert gut geschafft, das wild schlingernde Assoziationsungetüm wie ein Theaterstück aussehen zu lassen.

Die Spielfläche, die Timo von Kriegstein für Am Königsweg eingerichtet hat, nimmt die ganze Breite der Spielfläche ein. Links ein TV-Nachrichtenstudio mit Weltzeit-Uhren, daneben zentral eine halbhoch steigende Holztreppe, und ganz rechts eine Sitzgruppe vor dem Bild Angelus Novus von Paul Klee, dem  Engel der Geschichte, der nach der schönen Beschreibung von Walter Benjamin auf eine fortgesetzte Katastrophe blickt. Nur das Studio und die kurze Szene, die darin gespielt wird, passen zusammen: sehr kabarettistisch bieten dort Katharina Kessler, Monika Vivell und Stefan Haschke Weltanschauungen und Wahrheiten feil.

emma-Theater Osnabrück / Der Königsweg - hier : König und seine Tochter; vl Katharina Kessler und Stefan Haschke © Uwe Lewandowski
emma-Theater Osnabrück / Der Königsweg - hier : König und seine Tochter; vl Katharina Kessler und Stefan Haschke © Uwe Lewandowski

Obwohl sein Name nie genannt wird, geht es um Trump, als der Stefan Haschke gewalttätig, sexistisch und dumm, manchmal im Königsmantel und mit der Krone Karls des Großen (Kostüme: Aleksandra Kica) durch die Szenen poltert. Nichts, was man von ihm weiß, lässt Jelinek aus, sein Frauenbild, seine Affären, seine Immobilien und Lügen werden besprochen. Mit seinen durchwegs komischen Aktionen überspielt das Ensemble, dass es nicht zeigt, wovon es nur spricht - in mal identifizierbaren Rollen wie Trumps Tochter, mal nur in phantasievollen wie der einer blinden, in traditionellen Kimono gekleideten Japanerin mit dem Schweineschnäuzchen von Miss Piggy aus der Muppet Show.

Relativ stabile Themen in dem mäandernden Textfluss sind Gewalt und  Blindheit. Wie Trump, so scheinen auch die Existenz von Gewalt und die Blindheit der Intellektuellen die Autorin geradezu persönlich zu beleidigen. Mit Jelinek-Frisur jammert Christina Dom über die Unfähigkeit der Kunst, die Welt zu verbessern, und beklagt, dass die intellektuellen Eliten Trump nicht hätten kommen sehen und sich die  ehemaligen Meinungsführer jetzt als Minderheit wiederfinden.

Am Königsweg kann als besondere Form des Rührstücks gelten, rührt das Stück doch alles, was entfernt mit Trump zu tun hat, mit biblischen und klassischen Mythen oder

emma-Theater Osnabrück / Der Königsweg - hier: Blind in Trumps Welt - Christina Dom und Stefan Haschke © Uwe Lewandowski
emma-Theater Osnabrück / Der Königsweg - hier: Blind in Trumps Welt - Christina Dom und Stefan Haschke © Uwe Lewandowski

sonstigen Reflexionen zusammen. Doch in dem losen Assoziationsgefüge verschwimmt jeder stringente Gedanke, wenn sich das Stillen von Blut zwanglos auf das Stillwerden von Menschen reimt.

Das aufgekratzte Ensemble lässt souverän den Sinn der rasenden Suada hinter komödiantischem Spiel mit Szenenapplaus für sportlich herausfordernde Einlagen verschwurbeln. Der Erkenntnisgewinn des postdramatischen Polit-Kabaretts, in dem die Welt unterhaltsam wie eine Muppet Show daherkommt, tendiert so gegen Null und dient bestenfalls für Schenkelklopfen bei eingeschworenen Trump-Gegnern – und wer wäre das nicht.

Nach zwei Stunden viel Beifall für das aufopferungsvoll spielende Ensemble und das Regieteam.

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