Berlin, Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko - Dukas, Prokofjew, Schmidt, IOCO Kritik, 18.04.2018

Berlin, Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko - Dukas, Prokofjew, Schmidt, IOCO Kritik, 18.04.2018
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Berliner Philharmoniker

Berliner Philharmonie Foto: © Reinhard Friedrich / Berliner Philharmoniker
Berliner Philharmonie © Reinhard Friedrich / Berliner Philharmoniker

Kirill Petrenko, Yuja Wang -  Berliner Philharmoniker

12.April 2018  -   Berliner Philharmonie

Von Karola Lemke

Kirill Petrenko, der feinfühlige designierte Chefdirigent der Berliner Philharmoniker und vielleicht der gefragteste Drigent unserer Zeit, präsentierte gemensam mt den Berliner Philharmoniker zwei klangvolle Raritäten: Paul Dukas' irisierende Tondichtung La Péri und Franz Schmidts  Vierte Symphonie. Dazwischen erklang Sergej Prokofjews Klavierkonzert Nr. 3, mit der Pianistin Yuja Wang.

Petrenko begann seine internationale Karriere nach dem Weggang von der Komischen Oper (2001-2007). Freischaffend wirkte  Petrenko in 2000 am Maggio Musicale Fiorentino, 2001 an Wiener Staatsoper und der Semperoper Dresden, 2003 am Gran Teatre del Liceu in Barcelona, Opéra National de Paris, Royal Opera House Covent Garden in London, Bayerische Staatsoper, Metropolitan Opera in New York, 2005 an Oper Frankfurt. Seit 2013 ist Kirill Petrenko Generalmusikdirektor der Bayrischen Staatsoper

Berliner Philharmoniker / Kirill Petrenko und Orchester © Monika Rittershaus
Berliner Philharmoniker / Kirill Petrenko und Orchester © Monika Rittershaus

Die chinesische Pianistin Yuja Wang hatte 2003 ihr Europadebüt. Im Jahr 2009 spielte sie mit Claudio Abbado und dem Lucerne Festival Orchestra das Klavierkonzert des heutigen Abends. 2016 war sie Artist of the Year 2017 der US-amerikanischen Zeitschrift Musical America

Paul Dukas  -  La Péri, Poème dansé

Dukas war Komponist, Kritiker und Mitglied der Fakultät am Pariser Konservatorium. Er war als Komponist sehr selbstkritisch und vernichtete zahlreiche seiner Werke, so dass er nur 25 Kompositionen hinterlassen hat. La Péri wurde 1911 geschrieben und wurde von den Ballets Russes in Auftrag gegeben. Die Fanfare für Blechbläser, die das Werk öffnet, wurde zu einem späteren Zeitpunkt komponiert und zu Beginn des Werkes eingefügt, da das ursprüngliche Tongedicht sehr leise beginnt. Dukas nannte das Stück ein "Tanzgedicht in einer Szene" und es ist sein letztes veröffentlichtes Werk. Die Uraufführung war am 22.04.1912. Die Geschichte des Balletts stammt aus einer alten persischen Legende. Ein Prinz namens Iskender (Prinzenthema in den Holzbläsern) reist auf der Suche nach der "Blume der Unsterblichkeit" ans Ende der Welt. Er findet einen gefallenen Engel (La Péri), der mit einer Lotusblume in der Hand eingeschlafen ist. Er stiehlt die Blume, die Péri wacht auf, tanzt und durch ihren Tanz nimmt den Lotus zurück. Peri´s Tanz nimmt die Hälfte des Stückes ein. Die Lotusblume war die Blume der Unsterblichkeit und ohne sie stirbt der Prinz langsam.Seit 50 Jahren wurde dieses Werk nicht mehr von Berliner Philharmonikern gespielt. Petrenko breitet einen musikalischen Zauberteppich aus den drei Ebenen der Peri, des Prinzen und der Zauberwelt aus. Nach einem fast unhörbaren Beginn entfaltet sich das 19 minütige Werk tänzerisch, spärisch. Das Beeindruckendste ist die Art, wie Petrenko dieses Werk präsentiert und mit wieviel Engagement die Berliner Philharmoniker ihm folgen.

Berliner Philharmoniker / Kirill Petrenko, Yuja Wang und Orchester © Monika Rittershaus
Berliner Philharmoniker / Kirill Petrenko, Yuja Wang und Orchester © Monika Rittershaus

Sergej Prokofjew - Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 C-Dur op. 26Yuja Wang Klavier

Das 3. Klavierkonzert ist das mit Abstand am meisten gespielte Konzert Prokofjews.Nach der zärtlich schwelgerischen Eröffnung durch die Klarinetten setzt nach kurzer Weiterführung durch die Streicher das Klavier ein und steigert sich nach Durchführung in der Reprise zu einem wahnwitzigen Tempo. Yuja Wang spielt den Klavierpart technisch virtuos. So virtuos, daß es ungewöhnlichen Beifall nach dem ersten Satz aus dem Publikum gibt. Diese technische Perfektion blieb das Herausragende am Spiel Yuja Wang´s an diesem Abend. Man hätte sich ein engeres Zusammenwirken mit dem Orchester gewünscht. Petrenko stellt dem eine fast durchsichtige Orchesterführung gegenüber, die im Orchesterklang auch die Raffinessen des Stückes hörbar macht.

Franz Schmidt  -  Symphonie Nr. 4 C-Dur

Die Sinfonie in C-Dur ist die vierte Sinfonie des östereichischen Komponisten Franz Schmidt (1874-1939) wurde 1933 komponiert und am 10. Januar 1934 in Wien uraufgeführt. Diese Sinfonie ist ein Requiem für seiner Tochter Emma, die bei der Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 1932 starb. Der gesundheitlich angeschlagene Schmidt erlitt danach einen totalen Zusammenbruch.Dirigent der Uraufführung (46min.) mit d en Wiener Symphonikern war Oswald Kabasta, der das Autograph der vierten Symphonie an das Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien gab.

Der erste Satz beginnt mit einem Solotrompeten-Thema (Gábor Tarkövi), der Stimme des Schicksals. Franz Schmidt äußerte dazu lt. Karl Trötzmüller: Es ist sozusagen die letzte Musik, die man ins Jenseits hinübernimmt.“

Ein Solo-Cello (Ludwig Quandt) führt in das Adagio mit seiner Tonart B-Dur, der Mittelteil steigert sich zu immensem Ausdruck, ehe das Solo-Cello in das ursprüngliche Adagio-Tempo zurück führt, und es ist das Cello, das die elegische Bewegung zu einem Ende bringt, gefolgt vom Echo der gedämpften Trommeln. Das Scherzo, in b - moll, scheint eine Fuge vorzuschlagen, wobei das Viola - Thema von den zweiten Violinen beantwortet wird, bevor andere Ideen eingreifen, wobei das bahnbrechende Anfangsthema erneut erscheint. Das Thema kehrt mit dem ersten Horn über einem begleitenden Trommelwirbel zurück und wird von vier Hörnern fortgesetzt. Dieses bildet die Reprise, die mit dem Trompetensolo des Anfangs, jedoch auf höherem geistigen Niveau endet.

Bei dieser Symphonie Nr. 4 zeigt Petrenko erneut, was intelligentes, emphatisches Dirigat bedeutet. Er spannt einen so dichten Bogen über die vier Sätze der Symphonie, in deren genauer Mitte der Todesmarsch für Emma liegt, dass die Aufführungsdauer nur 40 Minuten beträgt.  Konzentriert führt er die Berliner Philharmoniker zum ersten, zweiten, dritten Aufschrei der Trauer. Diese tragischen Ausbrüche sind erschütternd. Zart leitet die Trommel im weiteren Verlauf zur Solotrompete über, aufkeimende Hoffnung in den Steichern, weitergefürt von der Solovioline und endet im Trugschluß ehe das Trompetensolo des Anfangs das Werk beendet.

Besonderer Dank gilt ebenso Gábor Tarkövi, Ludwig Quandt wie allen anderen Solisten der Berliner Philharmoniker, deren großartige Leistung vom Publikum gewürdigt wurde. Im August 2019 nimmt Kirill Petrenko seine Tätigkeit als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker auf. Man darf gespannt sein. An 12. Aprilo 2018 harmonierten der designierte Chef und die Berliner Philharmoniker ganz wunderbar.

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