Bonn, Theater Bonn, Der fliegende Holländer: Lyrisch, romantisch, modern, IOCO Kritik, 29.09.2015

Bonn, Theater Bonn, Der fliegende Holländer: Lyrisch, romantisch, modern, IOCO Kritik, 29.09.2015
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Theater Bonn

Theater Bonn © Thilo Beu
Theater Bonn © Thilo Beu

Der fliegende Holländer: Romantik in modernem Ambiente

Theater Bonn / Der fliegende Holländer - Seeleute und Daland © Thilo Beu
Theater Bonn / Der fliegende Holländer - Seeleute und Daland © Thilo Beu

Richard Wagner war zweifellos ein genialer Komponist. Doch auch Genies leben von handfesten Lebenserfahrungen. 1837 war Wagner vor deutschen Gläubigern nach Riga geflüchtet und wirkte dort als Kapellmeister. Im Sommer 1839 fand dies Engagement in der damals zum russischen Reich gehörenden Metropole erneut über Streit und Schulden ein abruptes Ende: Wagner und Frau Minna mussten wieder flüchten. Doch die Fahrt auf einem kleinen Segelschiff von Riga nach London war rau wie lebensbedrohend. Vier Wochen dauerte die Reise, mehrfach musste das Schiff schützende Häfen anlaufen. Das Trauma dieser Schiffsreise und die Wagner bekannte Fabel Heinrich Heines über den verwunschenen Fliegenden Holländer inspirierten Wagner zu seiner im Januar 1843, in Dresden uraufgeführten romantischen Oper. Sie wurde bleibender Welterfolg.

Theater Bonn / Der fliegende Holländer - Senta © Thilo Beu
Theater Bonn / Der fliegende Holländer - Senta © Thilo Beu

2002 war die letzte Holländer-Premiere im Theater Bonn, erfolgreich. Am 27. September 2015 folgte ein neue Holländer-Erfolg in Bonn: Das voll besetzte Haus mitsamt dem gerade neugewählten Oberbürgermeister Ashok- Alexander Sridharan feierten eine mitreißend real moderne Inszenierung. Skanda l- Holländer,  wie der in Bayreuth, in dessen Bühnengeschehen Wagners Oper kaum zu erkennen ist, waren kein Vorbild für Bonn. Regisseur Walter Schütze gelingt eine packende Inszenierung, er verirrt sich in seiner ersten Produktion einer vielschichtigen Handlung nicht in einer Bilderflut. Schütze produziert fühlbare Dramatik in zeitgemäßem Genre. Der karge, hoch hinauf holzgetäfelte Bühnenraum lebt durch beständig wechselnde Lichteffekte (Bernd Winterscheid), grelle wie weiche aber immer neu gestaltende; ein Bühnenprospekt zeichnet gelegentlich im Hintergrund das Schiff des Holländers im Sturm. So begleiten Lichteffekte mit blendender Personenregie  Dichtung und Komposition Richard Wagners ausdrucksreich, sanft wie rau, filigran wie pausbäckig. Die Kostüme (Schütze) verbinden die Protagonisten mit ihrer Partie, in modernem wie klassischem Outfit: Der verfluchte Holländer agiert in mystisch dunkler Seefahrerkluft, Senta in blauem Kleid, fröhlich singende Spinnerinnen tanzen in eleganten, hellen Blusen Piccolo-Fläschchen in der Hand. Die Inszenierung Schützes bringt so Handlung, Sprache und Komposition traditionsbefreit auf die Bühne und gibt ihr doch Leben und Zeitgeist.

Theater Bonn / Der fliegende Holländer - Daland © Thilo Beu
Theater Bonn / Der fliegende Holländer - Daland © Thilo Beu

Hendrik Vestmann und sein Beethoven-Orchester bringen bereits mit dem Vorspiel Düsterkeit und Impulsivität der Oper mit sensibler Fragilität. Die Streicher besingen Wogen, Posaunen und Trompeten – fehlerlos – malen Blitz und Donner in den Besucherraum; die Bühne noch dunkel; das Wort Liebe in den Hintergrund projiziert. Langsam erhellt sich die Bühne, Seeleute erscheinen…. Die freie Bühne lenkt den Fokus auf die großen Partien der Oper. Die zumeist jungen Sänger/innen spielen, singen dazu hervorragend: Christian Georg sät zu Beginn als Steuermann mit lyrisch feinem Tenor und „Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer….“ hohe Erwartungen an das Ensemble, welche sich erfüllen. Daland (Priit Volmer) agiert, intrigiert mit breitem dunklem Bass, spürbar um seinen eigenen Vorteil bemüht; seine Tochter Senta (Magdalena Anna Hofmann) beherrscht ihre große Ballade, ihre fordernde Partie mit kräftigem Sopran; der Amerikaner Mark Morouse bannt als Holländer, wenn vor rotem Hintergrund „Die Frist ist um, um abermals verstrichen sind sieben Jahr..“ mit lyrisch wohltimbriert Bariton anstimmt; dabei umstreichen ihn die Toten Geister seines Schiffes. Gesanglicher

Theater Bonn / Fliegender Holländer - Ensemble © IOCO
Theater Bonn / Fliegender Holländer - Ensemble © IOCO

Star des Abends ist aber Paul MaNamara; als Eric singt er lyrisch verklärt oder mit hellem Heldentenor mitreißend wie gut verständlich die Ballade  „Auf hohem Felsen lag ich träumend, sah unter mir…“.  Alles Bühnenhandeln wird vom großen  Chor und Extrachor des Theater Bonn begleitet,  von Volkmar Olbrich blendend einstudiert, von Vestmann sauber geführt.

Publikum und der neue Bonner OB Sridharan applaudierten mit langem, lautstarkem Beifall einer modernen Inszenierung des Fliegenden Holländer, welche die reiche Romantik der Komposition, ihr Menschliches, Profanes wie Blendwerk mit schönen Stimmen und  ausdrucksvoller Darstellung auflösen.

IOCO / Jarosch / 28.09.2015

Der fliegende Holländer am Theater Bonn: Weitere Vorstellungen: 03.10.2015, 17.10.2015; 25.10.2015; 29.10.2015; 19.11.2015; 25.12.2015; 08.1.2016; 24.01.2016; 29.06.2016

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