Das Wiener Burgtheater ist Traditions-beladen. Ganz untraditionell trifft nun das reichste und größte Sprechtheaters der Welt eine mächtige finanzielle Schieflage. Regierung und Öffentlichkeit Österreichs sind in Aufruhr. Kulturminister Josef Ostermayer gab am 11. März 2014 auf einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt dramatische Veränderungen am Burgtheater Wien bekannt: „Ich musste heute den Direktor des Burgtheaters, Matthias Hartmann abberufen.… Matthias Hartmann hat seine Sorgfaltspflichten als Geschäftsführer erheblich verletzt. Er hat weder Mängel des Rechnungswesens noch bei der internen Kontrolle behoben…Um weiteren Schaden abzuwenden für die Republik und das Burgtheater abzuwenden, mußte dieser Schritt unmittelbar (d.h. fristlos) erfolgen.“ Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Georg Springer (Chef von Matthias Hartmann) erklärte anschließend seine Mitverantwortung und gab seinen Rückzug aus dem Burgtheater-Aufsichtsrat bekannt: „Ich werde Holding-Prokurist Othmar Stoss in die Kontrollgremien …entsenden“, so Springer.
Um Mutmaßungen um das Burgtheater nicht ausufern zu lassen, klärte Ostermayer zusätzlich auf: „Ich habe bereits an meinem ersten Arbeitstag als zuständiger Minister (NB: am 16.12.2013) ein Rechtsgutachten beauftragt, welches…strafrechtliche Konsequenzen, inklusive der Möglichkeit, Schadensersatz zu fordern, untersuchen soll.“
Es wir eng um Matthias Hartman. Ein Angebot, sein Amt als Geschäftsführer ruhen zu lassen, hatte er zuvor abgelehnt. Seine Gesamtverantwortung als Intendant einer großen Institution steht auf dem Prüfstand. Nicht künstlerische Großtaten sondern Hartmanns Umgang mit Finanzmitteln, deren strafrechtliche Relevanz wird hinterfragt. Vorliegende Unterlagen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG belegen trotz Schwärzung und Anonymisierung vieler Passagen Hinweise auf dramatische Mängel im Rechnungswesen des Burgtheaters. Als Intendant des Burgtheaters trägt Matthias Hartmann schon von Gesetz wegen Mitverantwortung für kaufmännisches Fehlverhalten. Das "Unverzüglichkeitsprinzip", welches im November zur fristlosen Kündigung seiner Kollegin, Burgtheater-Vizedirektorin Silvia Stantejsky führte, trifft nun auch ihn: Gutachten sehen die Mitverantwortung des Intendanten Matthias Hartmann bereits als erwiesen, warfen ihm „erhebliche Verletzungen der Sorgfaltspflichten eines Geschäftsführers“ vor. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) hatte keine andere Wahl, als Matthias Hartmann fristlos zu entlassen.
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Eine langwierige Schlammschlacht bahnt sich an: Bei Pflichtwidrigkeiten eines Geschäftsführers ist es belanglos, ob er von Missständen nichts wusste oder wusste, aber nichts dagegen unternahm. Hartmanns Bemühen, mit Verweis auf einen Geschäftsverteilungsplan die alleinige Verantwortung für Mängel im Rechnungswesen des Burgtheaters, der bereits entlassenen Schlüsselfigur des Skandals, Vizedirektorin Silvia Stantejsky, anzulasten dürfte nicht halten. Schwer vorstellbar, dass erhebliche dubiose „Barzahlungen“ an ausländische Schauspieler und Regisseure ohne Wissen und Duldung von Matthias Hartmann erfolgen konnten. Auch schmückte sich Hartmann seit Jahren mit vermeintlicher finanzieller Kompetenz, zu sehr war Hartmann als „künstlerischer Intendant“ in die Engagements von Regisseuren und Künstlern eingebunden. Er selbst soll vor seinem Amtsantritt am Burgtheater „Handgeld“ für seine Regiearbeiten erhalten haben. Silvia Stantejsky erklärte bereits in ihrer Kündigungsschutzklage „Die Kontrollinstanzen des Burgtheaters (sprich Hartmann und Springer) waren immer über die Buchführung informiert“. So kann man gespannt sein auf die Berichte von KPMG und des Untersuchungsausschusses.
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Die Bühnen der seit Jahren spannendsten Produktion des Wiener Burgtheaters sind nun Gerichtsäle und Regierungsgebäude. Name der Produktion: "Die Unfähigkeit von Theatermachern in pflichtbewußtem Umgang mit Geld." Regisseur: Matthias Hartmann. IOCO/ Viktor Jarosch / 13.04.2014