Bayreuth, Bayreuther Festspiele, Richard Wagner oder der Zerfall einer Dynastie, IOCO Aktuell, 22.02.2014
Aktuell
Festspielleitung: Eva Wagner-Pasquier tritt 2015 zurück
Die amtliche Mitteilung des Bayerischen Staatsministerium für Kunst ist knapp, die Würdigung von Kunstminister Dr. Spaenle denkbar flach: Eva Wagner-Pasquier habe darum
gebeten, dass ihr Vertrag als Festspielleiterin nicht verlängert werden soll. Sie möchte nach dessen Ablauf eine Aufgabe als Beraterin übernehmen. „Die amtierende Festspielleiterin hat sich durch ihr künstlerisches Schaffen große Verdienste um die Qualität und das Ansehen der Festspiele erworben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang allein an das Jahr 2013, als die Weltklassemusiker Christian Thielemann, Andriss Nelsons und Kyrill Petrenko in Bayreuth dirigiert haben.“
Eva Wagner-Pasquier (68) ist Tochter des 2008 verstorbenen Wolfgang Wagner und dessen erster Frau Ellen Drexel. Eva Wagner nahm das Theaterleben früh und intensiv auf: 1967 bis 1976 Assistentin von Wolfgang Wagner in Bayreuth, danach Assistentin von August Everding und Otto Schenk, Opéra Bastille, Teatro Real, Metropolitan Opera New York. 2001 lehnte Wolfgang Wagner im Rahmen einer Führungskrise, er war 82,
den eigenen Rücktritt und Eva Wagner-Pasquier als Festspielleiterin am Grünen Hügel formal ab. Wolfgang Wagner bestand darauf, daß nur seine Frau Gudrun ihn ablöse. Erst Gudruns plötzlicher Tod in 2007 und die eigene schwächelnde Gesundheit öffneten Wolfgang Wagner wieder für eine Nachfolgediskussion. Doch
nunbestand er darauf, dass Tochter Eva gemeinsam mit seiner zweiten Tochter Katharina (35, Tochter von Gudrun Wagner) Festspielleiterinnen in Bayreuth werden. Der für die Bestellung zuständige Stiftungsrat, die Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth, stimmte zum 1. August 2008 dieser Nachfolgeregelung zu. Nike Wagner, Tochter von Wieland Wagners und ebenfalls direkter Nachkomme Richard Wagners, hatte zuvor Wolfgang Wagner heftig kritisiert und sich ebenfalls um die Festspielleitung beworben. Sie wurde vom Stiftungsrat zwangsläufig nicht berücksichtigt, weder in der Festspielleitung oder anderer Funktion.
2015 verlässt Eva Wagner-Pasquier die Festspielleitung; ein Abgang ohne große Folgen. Als Beraterin, vermutlich einer Art gut dotierter Altersrente, möchte Wagner-Pasquier noch zur Verfügung stehen. Dabei zeichnet sich Bayreuth schon seit Jahren nicht mehr künstlerisch aus. Nicht Inszenierungen bestimmen inzwischen Bayreuther Schlagzeilen. Auch nicht extreme Subventionen, sondern Kult und Klatsch, in die Jahre gekommene Traditionen, Prominentenauftrieb, dubiose Kartenverkäufe, misslungene Regiecoups, Nazi-Logos oder Lohengrin-Mäuse. Die liebenswerte Katharina Wagner, dann einziger direkter Nachkomme Richard Wagners in der Festspielleitung, kann solch verflachten Wagner-Historismus gut allein verwalten.
Dabei lohnt auch zukünftig ein Besuch Bayreuths: Letzte Reste einer wie immer gearteten Richard Wagner-Aura, gute wenn auch unsichtbare Orchester bilden strahlende Sahnehäubchen eines erholsamen Urlaubs in Oberfranken. So macht die knorrige Meldung des Bayerischen Ministeriums für Kunst zum Abgang Eva Wagner-Pasquiers wiederum deutlich: Die Richard-Wagner-Festspiele Bayreuth wandeln sich: Die Kult-Institution Grüner Hügel wandelt sich zu einer steuerlich begünstigten Partymeile Klassik.
IOCO / Viktor Jarosch / 24.02.2014
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