Wuppertal, Wuppertaler Bühnen, Premiere Bluthochzeit - Ein starkes Stück, IOCO Kritik, 13.01.2013


Bluthochzeit - Ein starkes Stück ! von Wolfgang Fortner
Premiere im Opernhaus Wuppertal am 13. Januar 2013

Mit Wolfgang Fortners Oper “Bluthochzeit“, nach dem Bühnenstück des Spaniers Federico Garcia Lorca, die 1957 unter der Leitung von Günther Wand an der Kölner Oper uraufgeführt wurde, setzte sich das Genre Literaturoper erfolgreich fort, das mit Alban Bergs “Lulu“ und “Wozzeck“ seinen Anfang nahm.

Nach der erfolgreichen Kölner Uraufführung wurde das Werk an vielen Häusern nachgespielt. Sehr stark war die Stuttgarter Aufführung unter Ferdinand Leitner 1964, sowie die Dortmunder Inszenierung von Kurt Horres 1974, in der kongenialen Ausstattung von Hanna Jordan. Die letzte Produktion im NRW-Raum war 1986 in Düsseldorf (Regie: Horres /Dir. Hans Wallat).
Jetzt kam es nach mehr als 25 Jahren und längst überfällig am Opernhaus Wuppertal heraus. Es wurde ein großer Wurf!

Kurz sei die Handlung umrissen: Die Mutter lebt nur noch in der Erinnerung an die Ermordung ihres Mannes und ihres älteren Sohnes. Der jüngere Sohn möchte heiraten. Seine Braut war aber schon einmal verlobt mit Leonardo, einem Mitglied der “Mörderfamilie“. Letztendlich stimmt sie der Verbindung zu und verhandelt mit dem Brautvater die Details. Leonardo, der in der Zwischenzeit Frau und Kind hat, liebt die Braut immer noch, die ihrerseits ihre Gefühle für ihn zu unterdrücken versucht. Bei den letzten Vorbereitungen zur Hochzeit taucht Leonardo auf und provoziert die Braut mit Anspielungen auf die gemeinsame Zeit. Kurz nach dem Vermählungsritual entdeckt man, dass die Braut und Leonardo verschwunden sind. Der Bräutigam nimmt mit einem Messer bewaffnet die Verfolgung auf. Im Zweikampf töten sich Leonardo und der Bräutigam gegenseitig. Eine Totenklage der Frauen beschließt die Oper.
Dazu hat Wolfgang Fortner eine sehr farbige Musik geschrieben, dramatisch und mit stilistischer Vielfalt. Ariose, lyrische Momente wechseln sich ab mit großflächigen Untermalungen. Die Tonalität ist immer gewahrt. Die Musik ist vital kraftvoll und lässt gelegentlich den Einfluss von Strawinsky und Hindemith spüren.
Der Regisseur Christian von Götz zeigt sich als ein Meister der Personenführung. Jede Figur wird mit blutvollem Leben erfüllt, selbst die kleinste Rolle wird prägnant gezeichnet. Das so häufig leere Opernpathos ist ausgemerzt zugunsten einer Darstellung, in der jedes mimische und gestische Detail Ausdruck und Aussage hat.



Götz konzentriert sich auf das Drama menschlicher Leidenschaften, das überall angesiedelt sein kann, wo blinde Liebe, nackter Hass und unnachgiebige Rachsucht, zu menschlichem Fehlverhalten führen.
Der Regisseur gestaltete auch die Bühne. Wenige Requisiten sind darauf, ein paar Stühle, eine sargähnliche Bretterkiste, nicht mehr. Die Spielfläche ist auf dem geschlossenen Orchestergraben bis kurz vor dem Proszenium. Das Orchester sitzt in halber Höhe auf der Bühne, hinter einer Leinwand, auf der eine mehrstöckige Seite eines Plattenbaus mit Balkonen, wie man sie überall in den Randbezirken der Städte findet, projiziert ist. Das war ein ganz toller Einfall, den man staunend wahr nahm. Dazu passten sehr gut die schlichten Allerweltskostüme von Ulrich Schulz.
Die musikalische Leitung hatte Hilary Griffith. Man spürte sein Engagement für die großflächige, ausdruckstarke, vielfach schöne, aber auch spröde Musik. Sein behutsames, aufmerksames Dirigat gab den Sängern die nötige Sicherheit, zumal sie seine Einsätze nur über die Monitore sehen konnten.
Diese Produktion ist eine große Ensembleleistung geworden. Hervorheben muss man die Hauptdarsteller, die wirklich außerordentliches leisteten.

Die zentrale Figur der Mutter wurde von Dalia Schaechter mit großer Intensität gestaltet. Sie verstand es, dieser in Strenge und Hass erstarrten Frau noch menschliche Züge zu geben. Die Braut war mit der spielintensiven Banu Böke sehr gut besetzt. Ihr kühles, überlegenes Spiel kontrastierte positiv zu Thomas Laskes leidenschaftlichem, engagierten Leonardo.Sehr gut gefiel auch Cornelia Berger als Schwiegermutter Leonardos.
Hervorragend im sprachlichen Ausdruck waren die Schauspieler Gregor Heinze als Bräutigam und Stephan Ulrich als Vater der Braut. Eine faszinierende schauspielerische Leistung zeigte Ingeborg Wolff als Nachbarin und Bettlerin (der Tod).
Die Sänger, Choristen, Statisten und Tänzer (Studierende der Hochschule für Musik und Tanz) demonstrierten nachhaltig, zu welcher künstlerischen Aussage sie gelangen können, wenn ein einfühlsamer Regisseur mit ihnen zu arbeiten versteht.
Als das Licht ausging, spendete das Publikum im gut besuchten Haus - nach einer kurzen Betroffenheit - herzlichen Beifall für diese außerordentliche Produktion.
IOCO / UGK / 13.01.2013