Mannheim, Musikalische Akademie, 6. Akademiekonzert - Beethoven, Prokofiev, IOCO

Beethoven: zu Beginn des Konzertabends und am Ende, in der Mitte zwei hochvirtuose Klavierkonzerte von Sergej Prokofiev. Mit dieser aparten Zusammenstellung versprach das Programm des 6. Akademiekonzertes vier Meisterwerke, die auf den ersten Blick gegensätzlicher nicht sein könnten.

Mannheim, Musikalische Akademie, 6. Akademiekonzert - Beethoven, Prokofiev, IOCO
Der Rosengarten von Mannheim, Spielstätte der Musikalischen Akademie © Ben van Skyhawk

6. Akademiekonzert - Musikalische Akademie des Nationaltheater Orchesters Mannheim - Mozartsaal des Rosengarten Mannheim - 8.April 2024 - Holly Hyun Choe, Dirigentin, Jan Liesicki, Klavier, Nationaltheater Orchester

Ludwig van Beethoven (1770-1827)  - Leonoren Ouvertüre Nr. 3 op. 72b, Sergej Prokofiev (1891-1953) -Klavierkonzert Nr. 1 Des-Dur op. 10, Klavierkonzert Nr. 4 B-Dur op.. 53, Ludwig van Beethoven - 8. Sinfonie F-Dur op. 93

 von Uschi Reifenberg

Mit unbändiger Energie

Beethoven zu Beginn des Konzertabends und am Ende, in der Mitte zwei hochvirtuose Klavierkonzerte von Sergej Prokofiev. Mit dieser aparten Zusammenstellung versprach das Programm des 6. Akademiekonzertes vier Meisterwerke, die auf den ersten Blick gegensätzlicher nicht sein könnten. Dennoch vereint beide Komponisten ihr rebellischer Geist, ein Freiheitsdrang, die unbedingte Suche nach Wahrheit und der Wille, mit ihrer Kunst Grenzen zu überschreiten.

Ludwig van Beethoven - an einer Pariser Hausfassade © Peter M. Peters

Vor allem lag über diesem Abend eine gelöste Heiterkeit, eine positive Grundstimmung, die sich in jedem einzelnen Werk ausdrückte und von den wunderbaren Musikerinnen und Musikern mit Spielfreude, Gelöstheit und einem idealen  harmonischen Zusammenspiel getragen wurde und spätestens  in der Pause in restlose Begeisterung umschlug.

Die junge Dirigentin Holly Hyun Choe, in Südkorea geboren, in Los Angeles aufgewachsen, hat erst kürzlich ihr Studium an der Züricher Hochschule der Künste abgeschlossen. Sie besuchte Meisterklassen u.a. von Berhard Haitink, Fabio Luisi, Peter Eötvös, Esa-Pekka Salonen, Simone Young oder Francois-Xavier Roth. Sie war Assistentin des Tonhalle Orchesters unter der Leitung von Paavo Järvi, und dirigierte das Orchestre de Paris, das Sinfonie Orchester Basel und das Festival Orchester des Schleswig Holstein Musikfestival. In  dieser Saison setzt die aufstrebende Dirigentin die Reihe spannender Debüts fort und tritt z.B. mit dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin, dem Beethoven Orchester Bonn, dem Estonian National Symphonie Orchestra oder dem Nationaltheater Orchester Mannheim auf.

Musikalische Akademie Mannheim © Christian Kleiner

Klaviersolist war der weltweit gefeierte kanadische Starpianist mit polnischen Wurzeln, Jan Lisiecki, mit 28 Jahren bereits einer der ganz „Großen“. Im Alter von 18 Jahren wurde er vom „Grammophon Magazine“ zum jüngsten Preisträger des „Young Artist Awards“ gekürt und erhielt den Leonard Bernstein Award.

Lisiecki ist regelmäßiger Gast bei den bedeutendsten Festivals in Europa und Nordamerika. Er war 2022-23 Artist in Residence in der Hamburger Elbphilharmonie, sowie in der Kölner Philharmonie, Wiedereinladungen brachten ihn jüngst mit dem New York Philharmonic, Boston Symphonie und Chicago Symphony Orchestra sowie dem Orchestre de Paris und der Staatskapelle Dresden zusammen. Er gastiert in den wichtigsten Konzertzentren der Welt wie der Alten Oper Frankfurt, dem Musikverein Wien oder der Wigmore Hall in London.

Im Laufe der nächsten beiden Spielzeiten wird Lisiecki den gesamten Zyklus aller fünf Klavierkonzerte von Prokofiev spielen, der mittlerweile zu den favorisierten Komponisten des Künstlers zählt. Kein Wunder, denn die beiden sakrisch schweren Konzerte, das 1. und das 4. für die linke Hand, werden von diesem Ausnahmepianisten nicht nur mit einer stupenden technischen Bravour und Selbstverständlichkeit gemeistert, auch der unverwechselbare Stil dieser Musik scheint Lisiecki im Blutkreislauf zu zirkulieren.

Mit dem 1. Klavierkonzert, komponiert 1911/12, das in seiner Einsätzigkeit und Kürze frech, episodenhaft und  dissonanzreich daherkommt, erhielt der 20-jährige Prokofiev, der noch am St. Petersburger Konservatorium studierte, in seiner Abschlussprüfung 1914  nicht nur einen exzellenten Studienabschluss als Jahrgangsbester, sondern auch eine Auszeichnung des Anton Rubinstein Wettbewerbs nebst einem Konzertflügel als Preis. Und seinen Ruf als „Enfant terrible“ konnte er sich auch sichern.

Die pianistischen Qualitäten Prokofievs waren legendär, er spielte seine Klavierwerke, die er sich „in die Finger“ komponierte, immer wieder selbst in Konzerten. Er fasste seine facettenreiche, polystilistische Kompositionsweise in vier „Hauptrichtungen“ zusammen: „Die klassische Richtung“, die des „Neuerers“, die „Motorische“ und die „Lyrische“, (Prokofiev). Sein Schaffen entzieht sich in seiner Widersprüchlichkeit einer einheitlichen Klassifizierung: „Ein Komponist muss immer neue Ausdrucksmöglichkeiten suchen (..), jedes seiner Werke muss seine eigene Technik haben. Ist das nicht der Fall, wird er sich unausweichlich wiederholen und das ist der Anfang vom Ende“ (Prokofiev). Dennoch sind in seinen Kompositionsphasen immer wiederkehrende Charakteristiken zu finden: bohrende Rhythmik, Motorik, Skurrilität, Exzentrik, Groteske, Sarkasmus, Spott und Lyrik, um nur einige zu nennen. Keine dieser Gefühlsregungen ist den Musikerinnen und Musikern in diesem grandiosen Konzert fremd; wenn einem in atemberaubender Geschwindigkeit ein Feuerwerk an Stimmungen, Farben und Rhythmen um die Ohren fliegt, ist das Überwältigung pur.

Gleich zu Beginn des 1. Konzerts geht es „in medias res“: nach drei wuchtigen orchestralen Anfangsakkorden stellt Jan Liesiecki das erste hymnische Thema mit seinen kraftvoll- strahlenden Oktavlinien gemeinsam mit dem Orchester in den Raum, das in einem riesigen energiegeladenen Spannungsbogen den Abschnitt im fortissimo beschließt. Das folgende toccatahafte Solo beginnt mit einer motorischen Staccato Achtelbewegung, durchsetzt von rasanten Läufen und Sprüngen und wird vom Pianisten mit sicht-und hörbarem Spaß an den wechselhaften idiomatischen Spielfiguren Prokofievs in Angriff genommen: punktierte Motive, freche Repetitionen, aberwitzige Triolen, denen der Pianist im Diskant klirrende Schärfe verleiht, im Bassregister körperliche Fülle. Dynamische Feinabstufungen auf engstem Raum, plötzliche Stimmungswechsel, serviert der Pianist augenzwinkernd, trotz den immensen Anforderungen manchmal fast lapidar. Die Dirigentin und das Orchester sind im schönsten Gleichklang vereint, der trauermarschartige  Abschnitt mit den düsteren Bläserakkorden und den Seufzerfiguren kontrastiert das bisherige atemlose Geschehen. Das Klavier kommentiert die Stimmung mit flirrenden Glissandi, hämmernden Akkorden oder mit insistierenden rhetorischen Floskeln. Dann nimmt Lisiecki weiter Fahrt auf, beschleunigt das Tempo, läuft der Dirigentin mit spöttischer Attitüde fast davon, bis sich das Glockenspiel zu den absteigenden Klavier-Oktaven gesellt und im Orchester wieder mächtig das erste Thema erklingt.

Die Dirigentin zelebriert im Andante das zarte Thema in den Violinen und der Klarinette, lässt eine traumverlorene Stimmung entstehen, in welcher der „lyrischeProkofiev in romantischem Tonfall zu uns spricht. Diese meditativ -innerliche Atmosphäre nimmt das Klavier auf; Lisiecki erweist sich als vollendeter Poet: frei atmende Kantilenen in der Mittelstimme, über die sich sehr leise und zart - in drei Systemen notiert- Girlanden spannen, im Dialog mit gedämpften Trompeten. Schwelgerisch, farbsatt und expressiv gerät die Steigerung, die einen kurzen Einblick in die tiefe Melancholie der russischen Seele erlaubt. Ein hochemotionaler Moment!

Im „Allegro scherzando“, dem 3. Teil des einsätzigen Werks, führt das Klavier nach sehr leisen staccato Orchesterakkorden eine witzig tanzende Achtelbewegung weiter, von Lisiecki mit glasklarem Anschlag und stupender Leichtigkeit dargeboten, die „Sarkasmen“ op.17 lassen von Ferne grüßen.

Das punktierte Thema aus dem 1. Satz meldet sich in den Trompeten zurück und unterstreicht den musikalischen Spaß, die Tuba leitet mit 3 fortissimo Signalen zur Klavier-Kadenz über, die sich in exzentrischer Virtuosität steigert und es immer turbulenter wird. Skurrile Blechbläser Akkorde, das erste Thema im Orchester, vom Klavier in donnernden Oktav-Kaskaden kontrapunktiert, dazu kristalline Glockenspiel Töne.  Eine Schluss Apotheose mit an die Grenzen gehender Intensität. Umwerfend!

Nach der Pause dann das 4. Klavierkonzert für die linke Hand, das Prokofiev rund 20 Jahre später, 1931 in Paris komponierte.

Es wurde vom österreichischen Pianisten Paul Wittgenstein, dem Bruder des Philosophen Ludwig Wittgenstein, in Auftrag gegeben, der im 1.Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte. Allerdings wollte Paul Wittgenstein das Konzert dann doch nicht aufführen: „Ich danke Ihnen für das Konzert, aber ich verstehe keine einzige Note und werde es niemals spielen“ gab er zu. Möglicherweise war es ihm zu schwer. Die Uraufführung erfolgte erst 1956 in Berlin, 3 Jahre nach Prokofievs Tod, durch den deutschen Pianisten Siegfried Rapp, der ebenfalls seinen rechten Arm verloren hatte, allerdings im 2. Weltkrieg an der russischen Front.

Die Anforderungen des Konzerts für die linke Hand wären für zwei Hände schon schwer genug zu spielen, aber kein Problem für Jan Liesicki, der Tastenzauberer meistert das mit links!

Der hochvirtuose Klavierpart des 4-sätzigen Werks steht fast durchgehend im Vordergrund, das Orchester ist kammermusikalisch aufgestellt. Im 1. Vivace-Satz geht es wieder hochvirtuos zur Sache, rastlos, dissonanzreich, gespickt mit glitzernden Skalen, die der Pianist schalkhaft und lustvoll präsentiert, ein nicht enden wollendes Perpetuum mobile, immer mal im Dialog mit der Klarinette, Flöte oder der Pauke. Wunderschön klingt die langsame Orchester Einleitung des ausgedehnten 2.Satzes, den Holly Hyun Choe wie eine romantische Reminiszenz beschwört, das Klavier tritt fast unmerklich hinzu und führt mit weichen Oktaven die Melodielinie weiter. Versunken, in großer Ruhe, mit edler Tongebung, gestaltet der Pianist zu den Farben der Hörner und Violinen in weiten Lagen mühelos polyphone Kantilenen. Die linke Hand durchmisst die gesamte Klaviatur und begleitet mit kraftvollen Arpeggien das Orchester, geht dann über in punktierte Rhythmen,Triller, zarte Doppelgriffe. Der Satz klingt ruhig aus, sehr leise, mit glitzernden Läufen im Diskant. Im 3. Satz, der vor rhythmischem Einfallsreichtum, Figuren und Stimmungswechseln nur so sprüht, begibt sich Lisiecki auf Prokofievs Spuren als Satiriker, der sich hier mit jazzig hingeworfenen Motivfetzen und aberwitzigen Sprüngen austobt. Der 4. Satz gewährt keine Verschnaufpause, dauert nur ca 2,5 Minuten und präsentiert noch einmal in rasendem  Tempo das thematische Material aus dem 1.Satz, das der Pianist funkensprühend und lustvoll vorbeifliegen lässt.

Als wären zwei Klavierkonzerte nacheinander nicht genug, dreht Lisiecki noch einmal voll auf und dankt dem begeisterten Publikum mit einer Zugabe, die an Kraft und Virtuosität nichts auslässt. Grandios!

Das Konzert eröffnete mit Beethovens 3. Leonoren Ouvertüre, einem der beliebtesten Werke Beethovens und vielleicht die Konzertouvertüre schlechthin. Seine einzige Oper,Fidelio, BeethovensSchmerzenskind“, mit der er sehr lange gerungen hatte und die er nach ersten Misserfolgen immer wieder umarbeitete, erlangte den Status einer Freiheits- und Wahrheitsoper. Ein Stück über eheliche Liebe und weiblichen Heldenmut, eine humanistische Utopie für Befreiung und gegen  Gewalt und Unterdrückung. Ein Thema wie es aktueller nicht sein könnte …  . Die  3. Leonoren Ouvertüre, chronologisch eigentlich als 2. komponiert, wurde 1806 uraufgeführt und der 2. Opernfassung vorangestellt, dramaturgisch markiert sie Themen des Dramas um den Gefangenen Florestan und seine Rettung.

Die fabelhafte Dirigentin Holly Hyun Choe baut eine eindrucksvolle Ouvertüre auf, und zeigt eine Entwicklung von den düsteren Farben der Hoffnungslosigkeit hin zu Licht und Zuversicht. In den langsamen fragenden Anfangstakten evoziert sie bedrohliche Kerker-Stimmung, von Holzbläsern und Streichern in einer absteigenden Linie sehr leise gespielt, mit suggestivem dynamischem An-und Abschwellen. Das Thema der Florestan Arie „In des Lebens Frühlingstagen“, erklingt leise und sehnsuchtsvoll in den Klarinetten, spannungsvoll werden die lang gezogenen Akkorde weitergeführt, bis sich die Flöte mit einem feinen Motiv meldet, von Geigen ergänzt, tastend und fragend, das überleitet zum dreifachen Forte. Scharf die Kontraste, von der Dirigentin eindrucksvoll in Szene gesetzt, ebenso die große Steigerung zum ersten Höhepunkt des Hauptmotiv, das zu jubelnder Emphase geführt wird. Die Wechsel von mächtigen Tutti Akkorden zu fein artikulierten Holzbläser Motiven wird dramatisch geschärft. Wild auffahrende Geigenläufe bereiten die strahlenden Trompetenfanfaren vor, die sehr wirkungsvoll aus dem hinteren Bereich des Mozartsaals erklingen. In der Oper kündigen sie die Befreiung Florestans an und bedeuten den Wendepunkt. Sehr schön gestaltete Dur-Moll-Wechsel, der Klang wird sehr zurückgenommen, leuchtend die Flöte im Dialog mit dem Fagott. Die Dirigentin treibt mit rauschhaften Synkopen die Entwicklung voran, die Themen werden verdichtet, wieder jubilierende Streicher Kaskaden, strahlendes Blech, das Hauptthema steigert sich zum grenzenlosen Presto Jubel und zum Hymnus auf die Freiheit.

Als letztes Werk nahmen sich die Dirigentin Holly Hyun Choe und das Nationaltheater Orchester der 8. Sinfonie von Beethoven an. Eine gute Wahl, denn diese kurze und kleiner besetzte Sinfonie befindet sich sozusagen als „Sandwich“ zwischen der beliebten 7. und der bahnbrechenden 9. Sinfonie und fristet ein eher unpopuläres Dasein. Zu Unrecht.

Ludwig van Beethoven in Bonn @ IOCO

Uraufgeführt wurde die 8. Sinfonie 1814 in Wien, zusammen mit der 7. Sinfonie und „Wellingtons Sieg und die Schlacht bei Vittoria“, damals als „patriotisches Schlachtengetümmel“ eine der gefragtesten und lukrativsten Kompositionen Beethovens. In der 8. Sinfonie blickt Beethoven gleichzeitig zurück und nach vorne. Er selbst schätzte seine Sinfonie höher ein als die fast gleichzeitig entstandene 7. Sinfonie. Rückblickend erweist er seinem Lehrer Joseph Haydn Referenz, wenn er auf klassische Formen zurückgreift, ein Menuett als 3.Satz wählt, statt wie üblich ein Scherzo. Der langsame Satz fehlt komplett, im 2. wird ebenfalls Haydn und dessen langsamer Satz der Sinfonie Nr 101 „Die Uhr“ lebendig, respektive jenes gleichförmige Ticken, das sich im  „Allegro scherzando“ aufdrängt oder Assoziationen an „Mälzels Metronom“ hervorruft, das zur Zeit Beethovens aufkam und dem er mit Takt- Verschiebungen, Betonungen und Synkopen möglicherweise sowohl respektvoll als auch parodierend gedacht hat. Genial, wie Beethoven mit den traditionellen Formen spielt, sie konterkariert, Hörerwartungen unterläuft. Überhaupt sind die Spielarten des Humors und die heitere Unbeschwertheit, die in der 8. zum Ausdruck kommen, einzigartig in Beethovens Schaffen.

Holly Hyun Choe bewegt sich stilsicher zwischen Dramatik, federnder Leichtigkeit und den subversiven sowie deutlichen humoristischen Elementen. Sie findet den idealen Einstieg in das Werk: kaum auf dem Podium, steigt sie unvermittelt, schwungvoll mit dem Anfangsakkord ins Geschehen ein und demonstriert auf diese Weise exakt diesen originären energiegeladenen Sinfoniebeginn. Die Kontraste werden schalkhaft gesetzt, das fröhliche 2. Thema hat gesangliche Wärme, sehr spannend die leisen Stellen. Wunderbar gestaltet die Dirigentin den Aufbau und die Steigerung zum Höhepunkt im selten notierten fff.

Transparenz, Heiterkeit, rhythmische Akkuratesse zeichnet den 2. Satz aus. Tanzende Bläserrepetitionen, darüber eine  unbeschwerte Streicherphrase, werden von einem präzisen durchlaufenden Puls zusammengehalten, spannungsgeladene Pausen, Verzögerungen, dynamische Wechsel konterkarieren  den steten Duktus, Holly Hyun Choe hat alles bestens unter Kontrolle.

Das „Tempo di Minuetto“ beschreibt diese Form ambivalent auf der Zitatebene, das mit einem rustikal- jovialen Thema im Forte  beginnt und von der  Dirigentin trotz volkstümlichem Habitus, und Blechbläser Farben mit elegantem Gestus vorgeführt wird. Das etwas breitere und schön ausgestaltete Trio wartet mit weichen Hornthemen und gesanglicher Klarinette auf und verbreitet augenzwinkernd Ländler-Stimmung.

Der rasante Finalsatz, ein „Allegro vivace“ mit eigentlich unspielbaren Tempoangaben: alla breve, Ganze in 84, beginnend mit Achteltriolen in den hohen Streichern, die wieder elektrisierend wie ein Uhrwerk ablaufen, wird hier auf die Spitze getrieben. Holly Hyun Choe arbeitet die extrem scharfen dynamischen Dialoge heraus, ebenso die überraschenden Wechsel von Stimmungen und Farben, die zwischen Ausgelassenheit und Ruhepunkten schwanken und betont das Skurrile, Ironische. Im Vordergrund Pauken und Fagotte, die das Geschehen vorantreiben. Ein ungewöhnlich in die Länge gezogener Schlussteil will gar nicht enden und scheint sich mit fortissimo Akkorden in einer Endlosschleife festzuhaken: Beethoven at it’s best!

Das Publikum war restlos begeistert und überschüttete Solist, Dirigentin und das Orchester mit Ovationen!